Lakefield House (German Edition)
denn?“
„Kann ich nicht sagen. Es war stockdunkel. Als ich gesehen hab, dass sich jemand an dem Grab zu schaffen macht, hab ich mich hinten an der Mauer versteckt und zugesehen. Wie ein Irrer hat er geschaufelt, die Erde flog nur so. Dann ist er ins Loch gesprungen und hat sich dort zu Schaffen gemacht.“
„Und Sie haben ihn nicht daran gehindert?“ fragte Rebecca fassungslos.
Der Totengräber schob sich das strähnige rote Haar aus der Stirn und funkelte sie wütend an. „Sie möcht’ ich sehen, wenn nachts jemand im Nebel ein Grab aufschaufelt, als wollte er hineinkriechen. Ich hatte Schiss, verflucht! Und als ich endlich meine Hacke geholt hatte und allen Mut zusammengenommen, rief ich nach ihm. Mit einem gewaltigen Satz sprang er aus dem Grab und lief davon.“ Er gab ein Achselzucken von sich und zog an seiner Zigarette. „Keine Ahnung, wer das war.“
Connor schnaubte unzufrieden und blickte Rebecca fragend an.
„Wir schauen uns das Grab noch einmal an“, befand diese, sah dann den Totengräber an. „Und dann richten Sie es bitte wieder feinst säuberlich her. Pflanzen Sie etwas Schönes darauf, entfernen Sie das Moos vom Stein und schicken Sie mir die Rechnung nach Lakefield House.“
„Ja, ja. Und jetzt lasst mich bloß in Ruhe.“ Er verzog das Gesicht und drehte Rebecca und Connor den Rücken zu. Sie sahen ihm noch kurz nach, gingen aber dann zum Grab zurück.
„Was denkst du, warum das Grab ausgehoben wurde?“ Rebecca betrachtete in der Grundwasserpfütze ihr und Connors Spiegelbild.
Er zog die Stirn kraus. „Wahrscheinlich aus dem gleichen Grund, aus dem wir hierher gekommen sind: um herauszufinden, ob du wirklich Holly Maldoon bist.“
Er sah Rebecca an. Der welpenhafte Ausdruck, der in seinen Augen lag, ließ sie das Schlimmste ahnen und sie schüttelte energisch den Kopf. „Oh, nein! Ich denke, es ist klar, wer von uns beiden da runter geht.“
Er krempelte seufzend die Hosenbeine bis über die Knie hoch und sprang nach kurzem Zögern in das dunkle Loch. Ein lautes Platschen und dann Stille.
„Was ist denn da unten?“
„Wir hätten eine Taschenlampe mitnehmen sollen. Es ist stockdunkel hier unten.“
„Hier, nimm mein Handy.“ Sie kramte ihr Smartphone aus der Tasche und warf es Connor zu. „Ich hätte nicht gedacht, dass ich diese Taschenlampen-App jemals brauchen würde.“
„Diese was?“
„Vergiss es!“
Connor tastete im Wasser herum, bis er den Griff von Hollys Sarg fand. Ihr Name stand auf einem angerosteten Schild auf dem Deckel. „Ich mach ihn jetzt auf.“
Rebecca war nicht sicher, ob er sie oder sich selbst vorwarnen wollte. Sie nickte kurz und er hob den Deckel an, sah in den Sarg und stöhnte auf.
„Was ist?“ Rebecca versuchte an Connors Rücken vorbeizuschauen.
Er ließ den Deckel wieder fallen und streckte Rebecca die Hand entgegen, die ihm schnellst möglich aus dem finsteren Loch half.
„Und?“
„Der Sarg ist leer.“ Er strich sich die lehmigen Hände an den Hosenbeinen ab. „Du bist wirklich Holly. Aber es gibt etwas, das mir noch viel mehr Sorgen macht. Wer auch immer das Grab ausgehoben hat, weiß das auch. Und das kann nur einer gewesen sein: Deboras Mörder!“
„Wie alt, sagst du, war Holly ... war ich, als Debora starb?“
„Fünf. Das heißt, du bist eine Zeugin für den Mörder. Du könntest ihn identifizieren, wenn es sein muss.“
„Aber ich kann mich an rein gar nichts erinnern.“ Rebecca schüttete hilflos den Kopf. Connor nahm nickend ihre Hand und führte sie vom Grab weg.
„Der Mörder weiß das aber nicht.“
Rebecca saß auf dem Beifahrersitz, nahm ihre Sonnenbrille ab und fing an sie hektisch an ihrem Rocksaum abzuputzen. Anschließend warf sie einen Blick in den Spiegel.
„Du bist wunderschön“, sagte Connor, der ihren kritischen Gesichtsausdruck bemerkte.
Rebecca lachte freudlos. „Ist das ein Witz? Ich sehe älter aus als du!“
„Ich sage ja, ich hab mich ...“
„Gut gehalten! Ja, ich weiß.“ Sie steckte das Brillenetui in ihre Tasche und verschränkte die Arme vor der Brust.
„Bist du sauer?“
„Nein, hungrig.“
Connor nickte nachdenklich. „Hast du Angst?“
„Ja.“
„Du brauchst dich nicht zu fürchten.“ Er warf ihr ein schnelles Lächeln zu, bevor er wieder auf die Straße sah.
„Ich weiß“, antwortete sie halbherzig.
Connor bremste und fuhr den Wagen an den Straßenrand. Er drehte sich zu Rebecca um, sah sie ernst an.
„Was ist?“
„Du glaubst mir
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