Lakritze - Thueringen Krimi
wollte sie in seiner Gegenwart kühl und gelassen bleiben. Verärgert drückte sie sich an ihm vorbei ins Freie. Die Idylle des Hofes war mit einem Mal wie weggeblasen.
Knubbel schaute Carla nach.
»Sie haben schöne Tiere«, sagte Feuerbirk.
Knubbel schloss das Gatter, das noch immer geöffnet war. »Ich sorge gut für sie.«
»Wir kennen uns nur flüchtig, aber Sie wissen, dass ich bei der Kripo bin, oder?«
Knubbel nickte.
»Gewiss haben Sie auch schon von dem Mord gehört?«
Wieder nickte Knubbel.
»Ihre Schwester hat mir gestern erzählt, Sie wären zur Tatzeit nicht im Waldidyll gewesen.«
Knubbel wurde warm, er fühlte Schweiß im Genick und drehte unbehaglich den Kopf hin und her. Als es nicht besser wurde, schnipste er die Hosenträger von den Schultern und zerrte das Hemd aus der Hose. Worauf wollte der Kommissar hinaus?
»Stimmt das?«
»Wird wohl so sein.«
»Wo waren Sie gestern?«
Der Schweiß sammelte sich zwischen Knubbels Schulterblättern und lief ihm den Rücken hinab. Er musste dem Kommissar antworten, wollte es auch, doch er konnte sich nicht an den gestrigen Tag erinnern. Als ob es ihn nie gegeben hätte. Traurig schüttelte er den Kopf und schwieg.
Feuerbirk starrte ihn an. »Ich glaube, Sie wollen mir nicht sagen, wo Sie gewesen sind.«
»Ich kann es Ihnen nicht sagen. Ich weiß es einfach nicht.«
»Nehmen wir mal an, das stimmt. Wer könnte Sie gesehen haben? Wem sind Sie begegnet?«
»Ich habe keine Ahnung.« Knubbel kreuzte die Arme und schob die Hände unter die Achseln. Sein Hemd war dort nass. Er kratzte sich mit der rechten Hand. Während er sich die Hand an der Hose abwischte, fing er Feuerbirks erwartungsvollen Blick auf. Er hätte ihm gern geholfen, Feuerbirk war immer nett zu ihm gewesen.
»Tut mir leid«, murmelte er und wich dem Blick des Kommissars aus.
»Also gut, beginnen wir noch mal von vorn. Wann stehen Sie gewöhnlich auf?«
Komische Frage, er stand auf, wenn er munter wurde.
»Die Uhrzeit, bitte.«
»Gegen sechs, manchmal halb sieben.«
»Waschen und Frühstück können wir überspringen, aber was machen Sie danach?«
»Das ist falsch. Vor dem Frühstück gehe ich in den Stall.« Wie konnte der Kommissar etwas so Wichtiges einfach weglassen. Knubbel war froh, dass er ihm nun doch helfen konnte.
»Okay, Sie waren also auch schon bei Ihren Hasen.«
»Kaninchen.«
»Bitte?« Der Kommissar sah aus, als müsste man ihm alles erklären.
»Es sind Kaninchen, keine Hasen.«
»Sie waren also bei Ihren Kaninchen.«
Knubbel runzelte die Stirn. Kaninchen waren Kaninchen, Hasen waren Hasen – es war eine ernste Sache, aber Feuerbirk hatte geklungen, als mache er sich über ihn lustig. Er beschloss, ab sofort den Mund zu halten.
Feuerbirk stellte noch einige Fragen, Knubbel blieb stumm. Leise summte er vor sich hin und legte frisches Heu in die restlichen Boxen.
Irgendwann gab Feuerbirk auf und ging. Knubbel hievte das letzte Heu vom Karren in den Stall. Er hätte dem Kommissar wirklich gern mehr geholfen.
FÜNF
Carla und Ralph saßen im Dorfkrug am anderen Ende des Ortes und aßen zu Abend. Es war gegen acht Uhr abends, die kleine Gaststätte war gut gefüllt. Kein Wunder, der Leichenfund war Gesprächsthema Nummer eins. Feuerbirk hatte überall herumgefragt.
Carla sah schnell weg, als sie ihn inmitten mehrerer Gäste links neben der Theke entdeckte. Ausgerechnet an dem Tisch, den das darüber baumelnde Schild als Stammtisch auswies, hatte er Platz genommen. Ob das gut für seine Ermittlungen war? Aber Cowboy Feuerbirk würde schon wissen, was er tat. Den Dörflern jedenfalls schien es zu gefallen. Sie wurden nicht müde, ihm zu erklären, was er jetzt zu unternehmen hatte.
Feuerbirk strahlte. Er stand wohl gern im Rampenlicht, der schöne Kripomann. Mit einem zufriedenen Ausdruck im Gesicht nuckelte er an seiner Pfeife, die diesmal allerdings kalt war. Rauchen war im Dorfkrug nicht erlaubt.
Carla spitzte die Ohren, um nichts von den Gesprächen zu verpassen. Es gab keinen Tisch, an dem nicht über den Mord spekuliert wurde. Der Dorfkrug, von den Einheimischen kurz ›Krug‹ genannt, war anscheinend genau der richtige Ort für Diskussionen. Das Holz an Decke und Wänden und die geblümten Decken auf den Tischen machten ihn gemütlich wie eine Wohnstube. In einer solchen Umgebung schwatzte es sich besser als auf der Straße, und das Essen war gut und preiswert.
Nicht einmal die üblichen Kopfschmerzen machten Carla zu schaffen. Sie war bester
Weitere Kostenlose Bücher