Lakritze - Thueringen Krimi
Laune, obwohl sie selbst nicht hätte sagen können, weshalb.
Ralph hingegen blickte ernst vor sich hin.
»Wusstest du, dass der Bruder unserer Wirtin eine Vorliebe für Kaninchen hat?«, fragte Carla.
»Ritter?« Ralph hob den Kopf.
»Knubbel.«
»Wer?«
»So nennt Frau Ritter ihren Bruder.«
Ralph rümpfte die Nase. Er fand den Spitznamen wohl abgeschmackt.
»Er züchtet die Kaninchen seit Jahren. Das ist genau das, was ich gesucht habe. Ein Artikel, zwei Hochglanzseiten rechtzeitig zur Bundeskaninchenschau, und das ist nur der Anfang. Mir schwebt eine ganze Serie vor.«
Der Unfall und die anschließenden Klinikaufenthalte hatten ihre Arbeit in den Hintergrund gerückt. Doch die Reha-Behandlung näherte sich ihrem Ende. Allmählich musste sie sich wieder um Aufträge kümmern. Sie musste Geld verdienen.
Als Journalistin war sie daher auf der Suche nach lukrativen Themen. Der Mord war eine einmalige Chance, doch sie machte sich nichts vor. Nach den ersten Pressemitteilungen würde sich das Interesse legen. Karnickel hingegen hatten einen festen Leserkreis. Einmal Züchter, immer Züchter, hatte Knubbel gesagt.
»Eigentlich wolltest du nach dem Mord abreisen«, wandte Ralph ein.
»Kommt nicht in Frage. Ich habe mit dem Bauernverlag telefoniert. Mein Vertrag steht. Wir bleiben die ganze Woche hier, wie geplant.«
Ralph spielte mit der Papierserviette. »Erst der Artikel in der Thüringer Allgemeinen, dann die Viecher. Nach einem gemeinsamen Urlaub klingt mir das nicht.«
»Unsinn, die Interviews mit Knubbel mache ich nebenbei. Uns bleibt genug Zeit füreinander.«
»Und der Mord?«
»Was geht uns das an? Okay, wir haben die Tote gefunden, doch wir haben nichts damit zu tun.«
»Ich dachte, du hättest die Nase voll. Hast du nicht sogar gesagt, du wolltest nie wieder in den Wald?«
»Der Kommissar meint, es besteht keine Gefahr.«
Ralph drehte sich um und musterte Feuerbirk. Feuerbirk schaute in ihre Richtung.
Carla stieß Ralph unter dem Tisch mit dem Fuß an. »Lass das. Der merkt sonst noch, dass wir über ihn reden.«
»Irgendwie hatte ich mir das hier anders vorgestellt. Du und ich allein, nur auf uns selbst konzentriert.« Ralph schob die Unterlippe vor.
Die Bedienung kam, ein dralles Mädchen mit einem roten, glänzenden Gesicht und einer karierten Schürze über dem Dirndlkleid. »Rostbratwurst oder Röstbrätl?«
»Wie wäre es mit den berühmten Thüringer Klößen?«, fragte Carla zurück.
»Die gibt es nur am Wochenende.«
Sie entschieden sich beide für Röstbrätl mit Bratkartoffeln.
»Du willst dich doch ohnehin ausruhen«, sagte Carla, nachdem die Bedienung ihre Bestellung aufgenommen hatte.
Ralph brummte etwas, das alles oder nichts heißen konnte.
Carla griff über den Tisch und legte ihre Hände um seine Finger. »Mehr Ruhe tut dir bestimmt gut. Schau dich an, du bist ganz blass.«
»Blass, hm?«
Carla nickte. »Vielleicht liegt es an der Toten.«
»Erinnere mich bloß nicht daran.«
»Ob Feuerbirk schon weiß, wer es war?«
Ralph entzog ihr seine Hände. »Wie ich dich kenne, wirst du es als Erste erfahren.«
»Was soll das nun wieder heißen?«
»Nichts.«
»Wie – nichts?«
»Nichts eben, ganz einfach.« Ralph starrte wieder zu Feuerbirk hinüber.
»Meine Güte, du bist heute unleidlich.« Carla lehnte sich in ihrem Stuhl zurück.
Ralph griff nach dem Löffel, der auf seiner Untertasse lag, und rührte in seinem Tee. »Entschuldige, mir ist nicht gut.«
Die Röstbrätl kamen. Carla roch den sauren Schweiß der Bedienung, als diese den Teller vor ihr abstellte. Fast hätte es ihr den Appetit verschlagen, allerdings war der kräftige Bratenduft doch allzu verlockend.
Sie stieß die Gabel in das Fleisch, das im Bratensaft verheißungsvoll seufzte. Es war perfekt, kross und zart zugleich. Sie ließ den Bissen auf der Zunge zergehen und schaute zu Ralph hinüber. Der schaufelte das Essen in sich hinein, als wäre er am Verhungern. Dafür, dass ihm nicht gut war, haute er ordentlich rein. Mit leisem Bedauern schob Carla die Bratkartoffeln beiseite. Zu viele Kohlenhydrate.
Nach dem Essen bat sie die Bedienung um die Weinkarte. Mit einem Schulterzucken leierte das Mädchen die Sorten herunter, die der Krug führte. Es waren genau drei, Carla fiel die Auswahl leicht. Sie orderte eine Flasche Thüringer Rosé, von dem sie hoffte, dass er aus der für seinen Saale-Unstrut-Wein bekannten Weinstadt Bad Sulza stammte. Die Bedienung hatte es ihr nicht sagen
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