Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lakritze - Thueringen Krimi

Lakritze - Thueringen Krimi

Titel: Lakritze - Thueringen Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sylke Tannhaeuser
Vom Netzwerk:
Nichts und niemand würde ihn nochmals in das benachbarte Bundesland bringen. Zu schlimm waren die Erinnerungen.
    Das Geräusch eines startenden Autos riss Knubbel aus seinen Gedanken. Er linste nach draußen. Der silberne BMW , in dem die Gäste aus Sachsen angereist waren, rollte vom Hof. Trotz des diffusen Lichtes erkannte Knubbel Ralph hinter dem Steuer, ehe der Wagen in der Nacht verschwand.
    Knubbel überlegte einen Moment, dann schlich er zu der Garage, in der sein Fahrrad stand. Leise schob er es über den Hof. Am Tor schwang er sich in den Sattel.
    Carla lag auf dem Bett und starrte an die Decke, als könne sie dort eine Erklärung dafür finden, was mit Ralph und ihr geschehen war. Dabei hatte der Abend vielversprechend begonnen. Das gute Essen im Krug, der Nachhauseweg, auf dem sie immer wieder stehen geblieben waren, um sich zu küssen. Später, im Zimmer, waren Ralphs Küsse härter geworden. Es hatte wehgetan, und sie hatte sich aus seinem Arm gewunden. Halb im Spaß hatte sie gefragt, ob er ihr die Zunge abbeißen wolle. Sie verstand noch immer nicht, weshalb Ralph daraufhin so wütend geworden war. Sein böses Knurren hatte ihr einen Schauer über den Rücken gejagt, und auf einmal hatte sie Angst vor ihm gehabt. Ralph musste es ihr angesehen haben, denn ohne ein weiteres Wort war er aus dem Zimmer gestürmt. Jetzt war er schon fast zwei Stunden weg, und sie lag noch immer wach und machte sich Vorwürfe.
    Warum hatte sie sich bloß derart ungeschickt angestellt? Ralph war normalerweise ein sanfter Mann, der beste Liebhaber, den sie je gehabt hatte. Es gab keinen Grund, sich vor ihm zu fürchten. Trotzdem hatte sie die Angst nicht unterdrücken können. Sie ahnte, wie sehr ihn das verletzt haben musste.
    Wie hatte Ralph gesagt, als sie den Schlosspark verlassen hatten? »Lieber eine Lulu als gar keine Familie.« Sie hätte sich früher daran erinnern sollen. Ralphs Worte hatten ihr einmal mehr gezeigt, dass er sich nach einer Familie sehnte. Sie war bereit dafür, doch womöglich glaubte er jetzt, sie sei nicht die richtige Frau für ihn.
    Ralph war Mitte vierzig und bis jetzt immer ledig gewesen. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass es keine anderen Frauen in seinem Leben gegeben haben sollte. Sie hatte ihn gefragt, doch er schwieg sich darüber aus. Überhaupt erzählte er kaum etwas über sich. Einmal hatten sie sich über die Schulzeit unterhalten. Ralph hatte ihr nicht einmal sagen wollen, in welche Schule er gegangen war. Er hatte herumgedruckst und so komisch dabei geschaut, dass sie schnell das Thema gewechselt hatte. Vertraute er ihr nicht?
    Das Kopfkissen drückte unangenehm unter Carlas Hinterkopf, und sie drehte sich auf die Seite. Durch das geöffnete Fenster malte der Mond helle Flecke auf den Teppichboden. Eine Stelle sah wie Feuerbirks Gesicht aus. Ob der Kommissar auch so schwierig wie Ralph war? Sie konnte es sich nicht vorstellen.
    Sie rülpste leise und schmeckte den Rosé auf ihrer Zunge. Die frische Fruchtigkeit war von Säure überdeckt. Da war ein Klumpen in ihrem Magen, der sich stetig die Speiseröhre entlang nach oben kämpfte. Carla schaffte es gerade noch rechtzeitig ins Bad, um sich ins Klo zu übergeben. Die rosa gefärbte Brühe, in der dunkle Fleischbrocken schwammen, verursachte ihr neue Übelkeit. Sie würgte, bis es in ihrem Hals kratzte. Als nichts mehr kam, drückte sie die Toilettenspülung. Dann drehte sie den Wasserhahn auf und wusch sich das Gesicht mit eiskaltem Wasser, bis ihre Haut prickelte. Erschöpft schleppte sie sich ins Bett zurück. Irgendetwas an dem Wein oder dem Essen musste schlecht gewesen sein.
    Wolken hatten sich vor den Mond geschoben, sodass die Lichtflecken auf dem Teppich zu einem verwaschenen Schleier verschwammen und Feuerbirks Konterfei weggewischt wurde. Dankbar schloss Carla die Augen.

SECHS
    Die Kriminalpolizeiinspektion hatte ihren Sitz in einem Gebäudekomplex in der Andreasstraße der thüringischen Landeshauptstadt. Kommissar Feuerbirk saß seit dem frühen Nachmittag in seinem Büro in der dritten Etage und brütete über dem leidigen Papierkram. Umlaufinformationen, Mitzeichnungen, Belehrungen. Patzke erwartete, dass Posteingänge tagaktuell bearbeitet wurden.
    Das Zimmer war eng, und die an den Seiten aufgestellten hohen Aktenschränke ließen es noch schmaler wirken. Dazu war es duster in dem Raum. Eine altmodische Schreibtischlampe kämpfte gegen die Dunkelheit an, doch sie erhellte lediglich einen Kreis. Es war ein

Weitere Kostenlose Bücher