Lallbacken
Saudi-Arabien kompensiert werden sollte, einem Regime, das immer wieder durch mittelalterliche Unterdrückungsmethoden und Menschenrechtsverletzungen unangenehm auffiel. Statt nun aber auf das saudische Regime Druck auszuüben und auch dort Menschenrechte einzufordern, brachte man das saudische Grenzüberwachungssystem und seine Grenzschützer auf Vordermann, wurde eine Fabrik für Sturmgewehre errichtet, und die Lieferung von Kampfpanzern bot nicht nur ein glänzendes Geschäft, sondern auch die Gewissheit, dass Truppen Saudi-Arabiens jederzeit die Opposition im benachbarten Bahrain niederschlagen konnten. Schließlich war Saudi-Arabien für Verteidigungsminister de Maizière dasselbe wie Ägypten für Westerwelle: ein Stabilitätsanker. Man kann also Hoffnung haben, dass der bald abtreibt.
Auch Innenminister Friedrich sprach sich dafür aus, Panzer nach Saudi-Arabien zu liefern, für die der Hersteller Krauss-Maffei-Wegmann mit der Aussage warb, sie seien »besonders effektiv im Einsatz gegen Einzelpersonen«. Ein Politiker, der mit Kriegsgerät ein totalitäres Regime stabilisiert, dessen religiöse Ausrichtung er dazu benutzt, in seinem eigenen Land die komplette Rundumüberwachung aller Bürger zu organisieren, bedarf dringend psychiatrischer Behandlung.
Auf die Idee, der Demokratiebewegung in Bahrein und anderswo wenigstens die gleiche Anzahl Panzerabwehrgeschütze zu liefern, kam von diesen Herren niemand. »Wir liefern Panzer nach Saudi-Arabien, damit die Saudis nicht damit schießen«, hieß es zur Begründung.
Die deutsche Regierung und ihr Außenminister fanden es ganz in Ordnung, zuerst einem arabischen Despoten in den Arsch zu kriechen und dann, als das Regime aus dem letzten Loch pfiff, dem demokratischen Aufbruch zuzujubeln und großmäulig Menschenrechte einzufordern. Erst als Oberst Gaddafimit geöffnetem Regenschirm im Auto saß und Unfug lallte, wurde Lallbacke Merkel und Lallbacke Westerwelle klar, dass der Mann einen Vogel hat.
Westerwelle schrieb sich selbst ins Poesiealbum:
»Auf jedem Schiff, das dampft und segelt,
gibt es einen, der die Sache regelt – und das bin ich.«
Man darf daruntersetzen:
Auf jedem Schiff, das im Sturm versank,
War einer, der der Mannschaft stank – und das war er.
Vielleicht sollte es Lallbacke Westerwelle statt mit der Seefahrt mal mit Fallschirmspringen versuchen.
3
Innenministerium: Auf niedrigstem Niveau den höchsten Konsens herbeiführen
Das wichtigste Thema der Innenpolitik war immer die Sicherheit. Um absolute Sicherheit zu gewährleisten, müssen die Sicherheitsbehörden in allen Ländern alles in Erfahrung bringen. Wie überaus raffiniert die Innenpolitiker und ihre Sicherheitskräfte schon vor 300 Jahren den Staat gesichert haben, kann man von Jonathan Swift erfahren. In Gullivers Reisen :
»Ein anderer Professor riet allen großen Staatsmännern, die Diät verdächtiger Personen zu erforschen; sich nach ihrer Essenszeit und nach der Seite zu erkundigen, auf welcher sie sich des Nachts ins Bett legten; mit welcher Hand sie sich den Hintern wischten; ihre Exkremente hinsichtlich des Geschmacks, der Farbe, des Geruchs, der Konsistenz, zu früher oder später Verdauung zu untersuchen, um sich so ein Urteil über ihre Gedanken und Absichten zu bilden; nie seien Menschen so ernsthaft, gedankenvoll und nur mit sich beschäftigt, als wenn sie zu Stuhle gingen; er wisse dies aus eigener Erfahrung; unter diesen Konjunkturen habe er selbst des Versuchs halber an Königsmord gedacht und bemerkt, seine Exkremente hätten eine grünlichere Farbe, als wenn er nur über Aufstände und Verbrennung der Hauptstadt nachgesonnen habe.«
Auf die Idee, den Stuhlgang der Bevölkerung auskundschaften zu lassen, sind deutsche Innenminister vermutlich noch nicht gekommen. Oder vielleicht doch, und man hat es nur noch nicht erfahren. Es liegt durchaus im Bereich des Möglichen, dass jede Bürgerin und jeder Bürger gesetzlich verpflichtet werden, zwecks erkennungsdienstlicher Maßnahmen stets einige frische Darmwinde, schockgefrostet, in Tupperdosen mit sich zu führen. Vielleicht tarnt sich der Staat dann zum Ausgleich als Parfümerie.
Der sozialdemokratische Innenminister Otto Schily wurde gelegentlich verglichen mit Frankreichs legendärem Innenminister Joseph Fouché, Herzog von Otranto. Fouché war glühender Revolutionär unter Robespierre, nach Robespierres Sturz gemäßigter Innenminister der Republik, nach dem Ende der Republik kaisertreuer Innenminister bei
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