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Lallbacken

Lallbacken

Titel: Lallbacken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Venske
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gegründet. Es gab zu jener Zeit keine Massenarbeitslosigkeit, und die CDU war an der Regierung. Ein Jahr später kam die NPD mit acht Sitzen in den hessischen und mit fünfzehn Sitzen in den bayerischen Landtag. Da soll sich der CSU-Landesvorsitzende Franz Josef Strauß ganz schlimme Selbstvorwürfe gemacht haben … Stoiber vergaß außerdem zu erwähnen: Die längste Zeit gab es Naziabgeordnete im CDU-Land Baden-Württemberg – aber gleichzeitig gab es dort auch eine niedrigere Arbeitslosigkeit als sonst in der Republik. Wer hatte denn das zu verantworten? Stoiber sagte auch nichts dazu, dass Franz Schönhubers Nazirepublikaner 1983 in Bayern geboren wurden. Und da war Stoiber Chef der Staatskanzlei.
    Im übrigen erfolgte der Machtantritt Hitlers nicht auf Druck der Straße, sondern entsprach dem Kalkül der konservativen deutschen Machteliten, der Großindustrie und der Banken, die sich mit Hilfe des braunen Gesindels fette Beute erhofften. Aber Lallbacke Stoiber glaubte ja vermutlich auch, die Agenda 2010 sei so etwas Ähnliches wie der Versailler Vertrag, und demnächst beginne Schröder mit dem Bau unzähliger Autobahnen.
    Eines Tages machte sich Otto Schily, der harte Hund mit dem weichen Hirn, für die sogenannte Sicherungshaft stark: Ausländer, die man für gefährlich hielt, denen man aber strafrechtlich nichts vorwerfen konnte, sollten bis zu zwei Jahre eingesperrt werden können. Dergleichen hatte es in Deutschland zuletzt unter Hitler gegeben. Namhafte Politiker, auch solche mit juristischen Staatsexamina, haben darüber so ernsthaft geredet, dass man glauben konnte, sie hätten noch nie von einem Grundgesetz gehört. Sie taten so, als sei der Rechtsstaat ein Luxus, den sich das Land derzeit leider nicht leisten könne. Und sie versicherten: Die Sicherungshaft werde sich gründen auf eine »tatsachengestützte Gefahrenprognose«.
    Da wurde deutlich, dass zahlreiche deutsche Volksvertreter intelligenzmäßig noch hinter Tulpen und Kaulquappen herhinkten, wenn sie nicht gar nur knapp vor Einzellern und Lattenzäunen rangierten. Sonst wüssten sie: Eine Prognose kann sich nicht auf Tatsachen stützen. Dann forderten sie weiter, dass im Einbürgerungsverfahren Vorstrafen bekanntzugeben seien, dass aber gewährleistet sein müsse, dass diese Vorstrafen in einem rechtsstaatlichen Verfahren ausgesprochen wurden.
    Wer gewährleistet denn so was, und wie kann das überhaupt gewährleistet werden? Und schließlich sollte eine Ausweisung auch bei »geistiger Brandstiftung« praktiziert werden. Wo die Brandstiftung anfing und die Meinungsfreiheit aufhörte, wusste niemand präzise zu sagen.
    Im Zusammenhang mit der Atomstaatsdiskussion und den Castordemonstrationen sagte Otto Schily: »Wer sich gegen Recht und Gesetz stellt, der muss mit den notwendigen Sanktionen rechnen.« An seine eigene Vergangenheit als Blockierer gegen die atomare Aufrüstung erinnert, mochte Schily keinen Vergleich zulassen. Damals sei es um den »atomaren Untergang« gegangen, aber heute müssten »völkerrechtliche Verpflichtungen« eingehalten werden. Egal – nach einem atomaren Unfall beträgt das Idealgewicht eines Politikers 2,5 Kilo inklusive Urne.
    Als Globalisierungsgegner in Stockholm und Genua protestierten, wurden sie von Polizisten, die auch vor dem Gebrauch von Schusswaffen nicht zurückschreckten, mit diversen phantasievollen Menschenrechtsverletzungen in die Mangel genommen, denn die Welt liebt das Demonstrationsrecht und nicht die Demonstranten, und sie nennt »Krawall«, was der Verhinderung drohenden globalen Unglücks dienen will.
    Otto Schily regte deswegen an, eine Antikrawallpolizei aufzustellen. Damit wollte er die Welt »ein Stück weit« bewohnbarer machen, sagte er. Die Antikrawallpolizei offiziell APO zu nennen, Außerparlamentarische Polizei-Organisation, lehnte er aber ab. Überlegungen, Globalisierungsgipfel in Zukunft im Hochsicherheitstrakt von Stuttgart-Stammheim stattfinden zu lassen, weil dort bei wenig Sicherheitspersonal die absolute Abschottung garantiert sei, um die Herren der Welt vor eben dieser zu schützen, nannte er wenig hilfreich. Schade – in Stammheim könnten sich die Staatsmänner schon mal an die Umgebung gewöhnen, in die sie gehören.
    Kein Wunder, dass dem bedeutenden Menschenrechtler Schily für seine Verdienste um das deutsch-amerikanische Verhältnis der »Transatlantic Partnership Award« verliehen wurde. Die Laudatio hielt Tom Ridge, Minister für Heimatschutz im Kabinett George

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