Lallbacken
werden konnte.
Eine seiner beiden kleinen Töchter, so erzählte Guttenberg bei der Trauerfeier für drei getötete Bundeswehrsoldaten, habe ihn gefragt, »ob die drei jungen Männer tapfere Helden unseres Landes gewesen seien und ob sie stolz auf sie sein dürfte«. Diese Frage habe er »nicht politisch, sondern einfach mit ja beantwortet«. Unbeantwortet, weil nicht gestellt, blieb die Frage: Waren die sechs afghanischen Soldaten, die am selben Tag von Bundeswehrsoldaten versehentlich erschossen wurden, auch tapfere Helden? Und die deutschen Schützen – waren sie Helden, oder wurden sie erst dadurch zu Helden, dass sie eines Tages auch totgeschossen werden?
Drei dänische und zwei deutsche Soldaten starben in Afghanistan, als sie versuchten, eine Rakete zu entschärfen. Für die toten Dänen hat sich die deutsche Presse nicht interessiert, aber die toten Deutschen wurden zu Helden befördert. »Unsere Helden! Heimkehr in Särgen« titelte die B.Z.
Der Kommandeur der toten Helden sagte bei der Trauerfeier: »Sie sind hier gewesen, um dem Frieden zu dienen und das Zusammenleben der Völker zu fördern. Dafür haben sie das Wertvollste gegeben, was sie besitzen – ihr Leben.«
»Sie sind hier gewesen« – das war korrekt. Ansonsten – stupides Gelaber: Die Soldaten hatten ihr Leben nicht gegeben, sie hatten es verkauft, und es wurde ihnen durch einen Arbeitsunfall genommen. Heldentum war nicht dabei. Im Fernsehen konnte man die Aufbahrung der toten deutschen Soldaten auf dem Kölner Flughafen sehen. Dazu erklang »Ich hatt’ einen Kameraden«, und per Laufschrift wurden am unteren Bildrand die aktuellen Aktienkurse eingeblendet. Das kam dann einer wahrheitsgemäßen Berichterstattung schon ziemlich nahe.
»Ruhe in Frieden, Soldat, und sei in Gottes Segen geborgen«, hat Lallbacke Guttenberg in der St. Lamberti-Kirche von Selsingen gesagt, als man einen Oberfeldwebel zu Grabe trug, und Guttenberg sagte das mit einem Betroffenheitstremolo in der Stimme, als sei er überrascht zu erfahren, dass Krieg gefährlich war und auch zum Tod von Soldaten führen konnte.
»Ruhe in Frieden, Soldat!« Sterben müssen, um Frieden zu finden – erstaunlich, wie diese Militärpersonen immer wieder ihre Absurdität vorführen dürfen.
Kanzlerin Merkel nahm die Nachrichten vom Tod deutscher Soldaten regelmäßig »schockiert und traurig« entgegen. »Dieser terroristische Anschlag zeigt eine mörderische Menschenverachtung.« Eine Überlegung, wie mörderisch oder menschenverachtend wohl die von Militärs im Auftrag von christlich-demokratischen Staaten durchgeführten Befriedungsaktionen waren, quälte die Bundeskanzlerin nicht. Ihr fiel auch nicht auf, was für eine Sprache von ihr selbst und von allen Lallbacken in Politik und Medien benutzt wurde.
Als »feige« und »hinterhältig« bezeichnete die Naziwehrmacht einst alles, was die Partisanen in der Sowjetunion, in Jugoslawien oder Griechenland unternahmen, um die Aggressoren aus dem Land zu vertreiben. Und selbstverständlich waren das in der Sprache der Nazis nicht Freiheitskämpfer, sondern Terroristen – wie heute alle, die der Nato Widerstand leisteten. In deutschen Politikerreden und in den Medienberichten war ein Anschlag der Taliban grundsätzlich ein »feiger Anschlag« von Aufständischen oder ein »hinterhältiger Anschlag« oder ein »hinterhältiger und feiger Anschlag«. Wenn ein Selbstmordattentäter sich selbst in die Luft sprengte, machte er das gewiss nicht aus Feigheit. Und niemals würde ein Nato-Offizier von einem feigen und hinterhältigen Anschlag sprechen, wenn ein Drohnenangriff eine gerade den Geburtstagskaffee trinkende Familie auslöschte, eine Hochzeitsgesellschaft mit Raketen beschossen, wenn Bomben auf ein Krankenhaus oder einen Kindergarten geworfen wurden oder Uranmunition Gärten und Äcker verseuchte.
Immerhin bescheinigte die UNO der Nato, Bundeskanzlerin Merkel, Friedensnobelpreisträger Barack Obama und den anderen Repräsentanten der westlichen Wertegemeinschaft, ihre Landesverteidigung habe in Afghanistan eine beachtliche Steigerungsrate der zivilen Opfer aufzuweisen, und auch in Libyen sei zum Schutz der Zivilbevölkerung eine beachtliche Zahl von Zivilisten, auch viele Frauen und Kinder, erfolgreich bombardiert worden.
Lallbacke Westerwelle meinte bei einem Truppenbesuch: »Hier halten Männer und Frauen ihren Kopf hin, das wird in Deutschland zu oft vergessen.« Kann schon sein. Aber Leute, die das vergessen, die wissen
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