Lallbacken
auch nicht, dass der Kopf nicht zum Hinhalten da ist, sondern vor allem zum Denken. Und Lallbacke Frank-Walter Steinmeier betonte: »Die Bundeswehr wird nicht kopflos aus Afghanistan rausgehen.« Also, Humor hat er ja …
Als dann herauskam, dass Lallbacke Guttenberg seinen Doktortitel zu Unrecht führte, weil er seine Dissertation allzu sorglos aus anderer Leute Schriften abgeschrieben hatte oder abschreiben ließ, bekam er seinen Zapfenstreich. Einmal mehr wurde bestätigt: Normale Wählerinnen und Wähler konnten die Kompetenz eines Politikers gar nicht beurteilen. Sie hatten nur ihre ästhetischen Kriterien zur Verfügung, und die brauchten sie, um vom Äußeren eines Politikers auf seinen Charakter zu schließen, denn dessen Aussagen ließen ja keine tieferen Schlüsse zu. So eine adlige Knalltüte wie Guttenberg, deren moralisches Bewusstsein nur knapp das Niveau eines Bauernfrühstücks erreichte, konnte reden oder schreiben, was er wollte, Hauptsache Maßanzug und gegelte Frisur, Outfit und Design genügten Promi-Ansprüchen. Ob Guttenberg faul oder einfach nur geistig limitiert war? Nun, das schloss sich ja nicht aus. Allerdings: Ein Konservativer ohne Ehre und Anstand – das war noch deprimierender als ein Linker ohne Betroffenheit.
»Gottes Segen für die Bundeswehr« lautete Guttenbergs Abschiedssatz im Verteidigungsministerium. Solange Lallbacke Guttenberg pausierte, sollte ihn also der Allmächtige vertreten.
Die Reform der Bundeswehr und das Ende der Wehrpflicht hinterließ Guttenberg in der Schreibtischschublade. Thomas de Maizière kam vom Innenministerium rüber und regelte fortan die Verteidigung, kein Problem, war ja fast dasselbe. Jahrzehntelang hatten die Parteien die Wehrpflicht als Stützpfeiler der Demokratie angepriesen. Sie gehörte zur Republik wie die D-Mark. Jetzt wurde sie also abgeschafft – und niemand störte es. Die Abschaffung der Wehrpflicht zeigte, wie die Konsensdemokratie funktionierte: den Sozialstaat abbauen, das schaffte nur die SPD. Die Wehrpflicht abschaffen, das mussten schneidige Konservative erledigen.
Eigentlich wusste jeder, dass die Wehrpflicht nur noch Fassade war. In der Ära der Hightechwaffen war eine Armee aus Wehrpflichtigen nur bedingt einsatztauglich. Eine Berufsarmee hingegen bestand ausschließlich aus Soldaten, die freiwillig zum Militär gingen, Lallbacken wie der Rekrut Marcel beispielsweise, der im Berliner Tagesspiegel bekannte: »Ich verlängere freiwillig. Mein Traumberuf ist Scharfschütze.« Klar, da blieben demokratische Strukturen, das Prinzip der Inneren Führung und das Leitbild vom Bürger in Uniform schnell auf der Strecke. Da entstand dann auch schnell ein Korpsgeist, in dessen Namen Skandale vertuscht und Informanten als Verräter gebrandmarkt wurden, da hatte man, zack, zack, auch ganz schnell die Wiking-Jugend unter Waffen an der Hacke. Unter diesem Aspekt betrachtet wäre Krieg eine gute Gabe Gottes, brächte er nur die Berufssoldaten um.
Übellaunige Wehrpflichtige, die überall lieber wären als in der Kaserne, waren immer hervorragend geeignet, die Streitkräfte zu kontrollieren und Missstände aufzudecken. Und dann stand auch noch die Frage im Raum: Wer sollte denn, wenn die Wehrpflicht wegfiel, die Arbeit verrichten, die in den letzten Jahren zwangsverpflichtete Zivis erledigt hatten? Welche Anreize konnte und musste ein solcher Dienst haben, damit Jugendliche ihn freiwillig machten? Familienministerin Kristina Schröder forderte einen Zivildienst für Rentner.
Sie hatte, Kompliment, das Problem erkannt, das sie lösen sollte. Künftig sollte also der Opa den Uropa wecken, waschen, windeln, füttern und ins Bett bringen.
Thomas de Maizière, Chef der Obersten Heeresleitung, formulierte bei der Vorstellung der Reformpläne für die Bundeswehr einen interessanten Gedanken: Die Soldaten könnten ihre Aufgaben nur dann gut erfüllen, wenn Staatsführung und Volkskörper ihren Dienst als gesellschaftlich notwendig, als ehrenhaft und als sittlich legitimiert anerkannten: »Zu dieser Anerkennung gehört es zu akzeptieren, dass mit dem Einsatz Tod, Verwundung und psychische Verletzung einhergehen könnten«, und das auch in einem fremden Land, denn »wegen der Rolle Deutschlands in der Welt kann es auch zu Einsätzen kommen, wo wir kein unmittelbares Interesse haben«.
Von Töten und Sterben war in den diversen Werbeaktionen, mit denen jungen Leuten eingeredet werden sollte, die Bundeswehr sei eine für Freiwillige attraktive
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