Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lallbacken

Lallbacken

Titel: Lallbacken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Venske
Vom Netzwerk:
Wirkung, so lange miteinander vertauscht, bis das Kreuz Haken hatte –, brachte von allen deutschen Würdenträgern nur der General Günzel genügend persönliche Tapferkeit auf, den Äußerungen Hohmanns in aller Öffentlichkeit zu applaudieren. Klar, Herr Günzel war Chef einer Eliteeinheit, die darauf spezialisiert war, gefährliche Aufträge auszuführen. Aber dass der glatzköpfige Zivilist Peter Struck den Elitegeneral Günzel von der härtesten Kampftruppe der Bundeswehr einfach so herumkommandierte und dann auch noch rauswarf: Chapeau!
    Und anrührend war Lallbacke Strucks Deutung der jüngsten deutschen Geschichte, sein Nachruf auf die DDR: »Mit Kerzen wurde ein kommunistisches Regime hinweggefegt, ohne dass ein Schuss fiel.« Erstaunlich. Wurde denn in der DDR mit Kerzen gefegt? Hatten die keine Besen? Und wenn die Brüder und Schwestern mit Kerzen fegten, fielen da denn normalerweise Schüsse? Warum? Weil die Kerzen brannten? Ja, hätten sie denn lieber die Besen anstecken sollen? Also, wenn die Besen gebrannt hätten, wäre bestimmt geschossen worden. Aber vermutlich nur auf die Kerzen.
    Unter Lallbacke Strucks Nachfolger Franz Josef Jung wurden deutsche Soldaten ein echter Exportschlager: In Kabul nahmen sie Volkstanzkurse bei den Eingeborenen, erklärten denen auch den Sinn von Feinstaubplaketten und die Notwendigkeit, an jeder Straßenecke Tüten für Hundekot aufzuhängen, kontrollierten den schwarzen Afghanen und spielten mit gefundenen Knochen Völkerball, im Kosovo setzten sie die deutsche Straßenverkehrsordnung durch, dann hielten sie Wacht am Horn von Afrika und passten auf, dass ihnen Piraten ihre schönen Fregatten nicht unterm Arsch wegkaperten, deutsche Soldaten betrieben die Aktion Sorgenkind auf dem Balkan, das Müttergenesungswerk in Somalia, Essen auf Rädern in Kambodscha. Sie standen bereit, in Tschetschenien SOS-Kinderdörfer durchzusetzen, in Malaysia mit Landminen den Bauern die Äcker umzupflügen, auf Sri Lanka mit ihren Sturmgewehren bei der Kokosnussernte zu helfen, beim nächsten Hochwasser in Bangladesh als Froschmänner die heiligen Affen zu retten. Sie wären auch bereit gewesen, mitten auf dem Marktplatz von Bagdad in ihren U-Booten aufzutauchen, und acht Schiffe der deutschen Marine, tausend Mann Besatzung oder mehr, reisten tatsächlich zur Küste des Libanon. Ihr oberster Chef, Verteidigungsminister Franz Josef Jung, betonte, dies sei ein Einsatz von historischer Dimension, durch welchen die Position Deutschlands und die globale Friedensdingsbumswasauchimmer – kurz: Es ging darum, Frieden zu schaffen mit Waffen, und zwar in Nahost, zwischen Israelis und Hisbollah, und diese Aktion war eben laut Jung geprägt von historisch begründeter Verantwortung. Also Nebbich. Oder Tinnef.
    Die deutschen Soldaten sollten von ihren Schiffen aus verhindern, dass die Hisbollah per Seefracht neue Waffen erhielt, mit denen sie Israel beschießen konnte. Welchen Stellenwert der Seeweg beim Nachschub für die Hisbollah hatte, war und blieb im dunkeln. Jeder Geheimdienst-Azubi wusste: Der Nachschub an Raketen, vornehmlich iranischer Herkunft, kam auf dem Landweg. Sollte die deutsche Marine auf den Trampelfaden in den Bergen Syriens patrouillieren? Warum nicht? Deutschland konnte es sich leisten, Steuern in Form von Kriegsschiffen kreuzen zu lassen, wo immer es wollte.
    Selbstverständlich wurde dieser, wie jeder andere Einsatz auch, von einem überzeugenden politischen Konzept begleitet. Bei den meisten internationalen Militäreinsätzen der letzten Jahre lautete das Konzept, es werde sich schon alles finden, wenn die Bundeswehr erst einmal vor Ort sei. Und das Wichtigste war ohnehin, dass stets der Kampf für das Gute die Soldaten antrieb. Bedenken musste man aber auch: Soldaten verursachten hohe Kosten, die sich vor den Steuerzahlern nur rechtfertigen ließen, wenn der Bevölkerung plausibel gemacht werden konnte, dass sie tatsächlich gebraucht wurden. Dafür musste man Krisenherde schaffen. Man musste Waffen liefern und damit Bürgerkriege initiieren oder weiter anheizen. Man musste ganze Länder teilen, ethnische und religiöse Gruppen gegeneinander hetzen und alle bewaffnen, denn nichts war lukrativer als Rüstung und Krieg. Mit anderen Worten: Man musste den guten alten Imperialismus unter Dampf setzen und auf Schwung bringen. Erdbeben und Überschwemmungen waren weder so effektiv noch billiger.
    Zwecks seelischer Aufrüstung lud Joachim Kardinal Meisner regelmäßig Anfang des

Weitere Kostenlose Bücher