Lallbacken
und Renate Schmidt war die andere Frau Schmidt, die aus Bayern. Die leitete das Ministerium für Gedöns, wie ihr Chef das einige Jahre zuvor genannt hatte, das Ministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Die Männer und die Kinder wurden im Bereich Familie miterledigt. Im Namen des Ministeriums fehlte zudem ein »gegen Singles«.
Singles und Kinderlose waren der fränkischen Sozialdemokratin Schmidt zuwider. Kinderlose Singles waren das Allerschlimmste und höchstens Menschen zweiter Klasse. Gegen die bretterte sie los mit tönender Regierungsrhetorik: »Familien sind die soziale Mitte unserer Gesellschaft. Stärken wir sie, können wir die gesellschaftlichen Veränderungen besser bewältigen.«
»Der Zusammenhalt von Familien ist haushaltsübergreifend: zwischen Geschwistern, zwischen Enkeln und Großeltern, vor allem aber zwischen den erwachsenen Kindern und ihren Eltern. Die unterschiedlichen Generationen wohnen heute getrennt, aber nicht voneinander isoliert.«
Aber von Singles und Kinderlosen gewählt werden wollte sie schon: »Kinderhabende und Kinderlose dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Das findet leider bereits in einem Ausmaße statt, wie ich es nicht für möglich gehalten hätte.«
Aber bei den Steuern war dann wieder Schluss mit lustig: »Nach meiner Auffassung sollte man die Steuervergünstigungen jenen Ehepaaren lassen, die Kinder oder Pflegebedürftige versorgen. Außerdem jenen, deren Kinder schon groß sind, bei denen aber die Ehefrau und Mutter partout keine Chance mehr auf dem Arbeitsmarkt hat.«
Es erschien der Ministerin also sinnvoll, ältere Ehepaare weiter zu fördern, aber nicht die Alleinerziehenden oder Unverheirateten, die aktuell Kinder zu versorgen hatten. Das erhöhte nicht gerade das Bedürfnis nach einem zweiten oder dritten Kind, vor allem nicht vor dem Hintergrund der Bedrohung, möglicherweise von der Arbeitslosen- in die Sozialhilfe abzurutschen.
Zum Adoptionsrecht für Lesben und Schwule sagte Frau Schmidt: »Davon halte ich überhaupt nichts.« Aber eines ihrer Bücher hatte den Titel: »Neue Väter braucht das Land«.
Dieses Thema verlockte auch Thomas Goppel, Mitglied der bayerischen Staatsregierung und Cousin des Bischofs von Augsburg, Sachkenntnis vorzutäuschen. Zwar wusste man nichts über Goppels sexuelle Orientierung, vermutlich war er monosexuell und ein Anhänger der Selbstbestäubung im Herrgottswinkel, aber diese Lallbacke mit dem gesunden Volksempfinden im Herzen sagte über den Berliner Regierenden Bürgermeister, Wowereit und Partner, die allabendlich versuchten, der Biologie ein Schnippchen zu schlagen, würden von der Regierung mit Vater und Mutter auf eine Stufe gestellt. Mit so viel Magerquark im Kopf musste Frau Schmidt bei CSU-Politikern rechnen.
In dieser Zeit, da der Staat die Eigenheimzulage stutzte, als wäre das Eigenheim nicht die Basis der Familie, hat Ministerin Renate Schmidt der großen deutschen Familienillustrierten Bunte die ganze Vielfalt sozialdemokratischer Gestaltungskraft demonstriert. Gut gemeint, naiv, ein bisschen durchtrieben und wahrscheinlich völlig besoffen stellte die patente Renate der Bunte -Leserschaft nur allzu berechtigte Fragen: »Warum klären wir unsere Kinder in der Schule nur sexuell auf? Und nicht darüber, was Liebe ist, was Partnerschaft bedeutet, welche Anforderungen eine Familie an Mütter und Väter stellt, wie man Hausarbeit teilt und was Kinder brauchen? Wir müssen lernen, was Liebe ist. Da kann der Staat helfen.«
Lallbacke Schmidt hatte den Wunsch, Schule solle künftig »Familienkunde« lehren.
Das Thema beschäftigte auch die geistlichste Lallbacke des Landes, Joachim Kardinal Meisner. Der Enthaltsamkeitsspezialist, für den direkt hinter seinem Bettvorleger die Hölle beginnt und der die Welt seit Jahren mit der Bewältigung seiner Triebabfuhr belästigte, wählte sich die Bildzeitung , um seine Schäfchen über die sündige Homo-Ehe aufzuklären: »Ich habe immer erklärt, dass homosexuellen Menschen mit Respekt und Achtung zu begegnen ist. Der vorliegende Gesetzentwurf betreibt aber die Privilegierung homosexueller Beziehungen und damit die staatliche aktive Förderung von aus christlicher Sicht unsittlichen Verhaltensweisen.«
Achtung und Respekt vor homosexuellen Menschen zu empfinden und deren Beziehungen zueinander gleichzeitig als unsittlich zu denunzieren – wie Sie das auf die Reihe kriegen, Herr Kardinal: bewundernswert! Sie sind genau das, wofür ich Sie
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