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Lallbacken

Lallbacken

Titel: Lallbacken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Venske
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schon immer gehalten habe: total gaga! Die Homo-Ehe kam dann auch nur mit Einschränkungen zustande. Aber das sogenannte Lebenspartnerschaftsgesetz war Pein genug für Herrn Meisner.
    Trotz der homoerotischen Verpartnerung galt auch weiterhin die Regel, dass die Brauteltern die Hochzeit auszurichten haben, egal welchen Geschlechts die Braut ist. Das Wichtigste war sowieso, wie schon immer, ob man eine gute Partie gemacht hatte. Alle waren zufrieden, nur Bundespräsident Johannes Rau maulte ein wenig und zierte sich, das Gesetz zu unterschreiben. Vermutlich war er sauer – er musste seinerzeit ja noch eine Frau heiraten.
    Unionspolitiker gingen das Thema Sex locker und lustvoll an. Via Bildzeitung forderten sie mehr Sex für die Rente. CSU-Familienexperte Johannes Singhammer, Vater von sechs Kindern, hatte klar erkannt: »Kinder sind unsere Zukunft. Die Deutschen müssen wieder mehr im Bett daran arbeiten. Es darf nicht so weit kommen, dass deutsche Männer im Ausland als Schlappschwänze verspottet werden.« Auch der hessische CDU-Abgeordnete Hugo Klein, zwei Kinder, verlangt: »Mehr Mut zum Sex mit Folgen! Die Selbstverwirklichung, die bei vielen zum Leben ohne Kinder geführt hat, ist in die Hose gegangen.«
    Wenn man sich diese Volksvertreter aus der Nähe besah, konnte man den Gedanken nicht vermeiden, es wäre ein Segen für die Menschheit gewesen, wäre die Selbstverwirklichung ihrer Väter ebenfalls in die Hose gegangen.
    Für die Senioren musste Seniorenministerin Renate Schmidt nicht viel tun. Die waren versorgt und stellten keine großen Anforderungen. Eine Umfrage hatte ergeben, dass nur fünf Prozent der Deutschen zwischen achtzehn und siebzig Jahren in ein Pflegeheim wollten. Die meisten wollten lieber in eine Wellness-Anlage, ein Viersternehotel oder in ein diskret geführtes Etablissement. Bis auf eine kleine Minderheit mit bizarren Neigungen wollte niemand in seinem Bett festgeschnallt oder einmal am Tag frisch gewickelt werden. Das konnten bei Bedarf auch die privaten ambulanten Pflegedienste übernehmen. Die wenigsten Deutschen wollten noch vor dem Aufstehen den Satz hören: »Na, wie geht’s uns denn heute?« Die meisten sagten, wenn schon Pflegeheim, dann nur, wenn dort genauso gut gekocht wurde wie bei Mutti, es genügend Fernseher und Computerspiele gab und das Personal in der Lage war, jederzeit die angesagten Turnschuhe zu besorgen. Nur wenige Senioren wollten lieber in Würde statt in Italien alt werden.
    Als Gegenspieler von Renate Schmidt versuchte sich die speckige Opus-Dei-Visage Söder zu profilieren. Diese bayerische Lallbacke wollte erst »schlechten Eltern« das Kindergeld kürzen, dann versuchte er, die Arbeitslosigkeit auf Schwarzarbeiter zurückzuführen, die durch Visa-Missbrauch ins Land gekommen seien, natürlich ohne Anhaltspunkte dafür zu haben. Dann erklärte er, Rot-Grün habe ein gestörtes Verhältnis zur Familie und sei daher an der »katastrophal niedrigen Geburtenrate« schuld, und schließlich sprach er noch vom »Kartell der Schuldigen« für den Sexualmord an einem neunjährigen Jungen: »Bei Wiederholungstätern ist Kanzler Schröder indirekt für jedes Verbrechen an Kindern mitverantwortlich.«
    Das sagte ein Typ mit der Ausstrahlung eines Reisenden in Tierpornos. Lallbacke Söder forderte ferner, deutsche Eltern, die ihren Kindern deutsche Vornamen gaben, sollten künftig mehr Kindergeld erhalten. »Wir haben genug Kevins und Chantals, wir brauchen wieder mehr Karl-Heinz und Charlotte.« Außerdem wollte Söder den Jugendschutz fördern, indem er über Jugendliche unter vierzehn Jahren ein abendliches Ausgehverbot verhängte. Da fragte sich so mancher: Wieso eigentlich nur ein Ausgehverbot nach zwanzig Uhr für Menschen unter vierzehn Jahren? Eine wirkliche Stärkung der inneren Sicherheit brächte doch nur ein Ausgehverbot rund um die Uhr, und zwar nicht nur für alle Altersklassen, sondern vor allem für CSU-Mitglieder.
    Vor hundert Jahren erkämpfte die SPD das Frauenwahlrecht. In der Folgezeit wählten die Frauen mehrheitlich konservativ bis reaktionär. In der Amtszeit der Sozialdemokratin, Familienministerin, Seniorenministerin, Frauenministerin und Jugendministerin Schmidt vollzog sich die Tragödie der SPD. Diese Tragödie führte vor, wie die Partei in den siebziger und achtziger Jahren wegen der Politik Helmut Schmidts die Ökologen nicht integrieren konnte und wie sie zu Beginn des 21. Jahrhunderts wegen der Politik Gerhard Schröders die Linken

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