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Lallbacken

Lallbacken

Titel: Lallbacken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Venske
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gepachtet, geschweige denn praktiziert.
    In der CDU stritt man sich allerdings, ob Frau von der Leyens Plan, mehr Geld in Kitas und die Kinderbetreuung zu stecken, sinnvoll war. Vom Traditionsflügel der katholischen Kirche meldete sich dazu eine dieser grotesken Klerikergestalten: Walter Mixa repräsentierte die Flachstirnigkeit außertariflicher Gehaltsklassen, latente Grundgeilheit im glattrasierten Pappgesicht, ausgehungerten Ehrgeiz hinter funkelnden Brillengläsern und karnevalesk verhüllte Fettleibigkeit. Dieser Kinder liebende päpstliche Bischof aus Augsburg, der sich, wie man überall in der Region tuschelte, entschlossen hatte, trotz Priesteramt alle Probleme, die mit Familie zusammenhingen, insgeheim auf sich zu nehmen, inklusive großzügiger Verteilung von Ohrfeigen an eigene und Nachbarskinder, war selbstverständlich der Ansicht, er habe die Kompetenz und das Recht, aller Welt Vorschriften zu erteilen.
    Und dieser Auferstehungsbeamte im Gottseibeiuns-Fummel teilte aus buttermild verlogenem Munde in immer kürzeren Abständen auch Eltern mit, was er von Lebensumständen hielt, von denen er offiziell gar keine Ahnung haben durfte: Durch mehr Krippen- und Kitaplätze rekrutiere man »junge Frauen als Arbeitskräftereserve für die Industrie«, und ein Staat, der eine Kinderbetreuung außerhalb der Familie fördere, degradiere die Frau zu einer »Gebärmaschine«. Da war die Aufregung groß, dabei bekräftigte der fromme Herr doch nur, was immer das Interesse reaktionärer christkatholischer Politik war: erstens, gut ausgebildete junge Frauen möglichst schnell nach der Entbindung wieder als Billiglohnkräfte in den Arbeitsmarkt zu holen, und zweitens, rigide Mittel gegen Schwangerschaftsabbrüche durchzusetzen.
    Das hätte Frau von der Leyen, die niedersächsische Fruchtbarkeitsgöttin, ruhig zugeben können. Lallbacke Mixa wusste es, und Lallbacke von der Leyen hätte es eigentlich auch wissen müssen: Zu Jesu Zeiten gab es auch nur einen Krippenplatz, und mit dem ist die Christenheit weiß Gott bestens klargekommen.
    Wie sah sie denn im ungünstigsten Fall aus, die Zukunft der deutschen Familie und vor allem der deutschen Kinder? Auf jeden Fall noch unerfreulicher als die Vergangenheit. Deutschlands aufdringlichste Gemüsepfanne, die Gurkenchefin Claudia Roth, schilderte in der Wartezimmerzeitschrift Focus , wie sie als Kind mit ihrem Vater zum Herrenfrisör musste: »Das war wirklich schlimm für mich. Das hat mich geprägt«, sagt Roth über ihre Besuche im Herrensalon »Ratz-Fatz«. Das war verständlich, aber warum ging sie denn immer noch in diesen Salon? Und hatte Ratz-Fatz mittlerweile auch eine Edelboutique, in der Claudia Roth ihre eigene Mode entwarf, schneiderte und anschließend zu Markte trug?
    Wenn man dem Notgeschrei von Politikern und der Wirtschaft über die Nichtbezahlbarkeit sozialer Einrichtungen glauben wollte, kam es in Zukunft knüppeldick. Die Wirtschaftsweisen prognostizierten, das deutsche Baby werde schon sehr bald lernen müssen: Wer in der Leistungsgesellschaft bestehen wollte, war zu optimaler Anpassung gezwungen. Wer sich nicht anpasste, bildete ganz schnell seine eigene Randgruppe. Es war sinnvoll, Kleinkinder rechtzeitig zu erhöhter Leistungsbereitschaft bei gleichzeitigem Lohnverzicht zu zwingen. Ab der Kindergartentauglichkeit wurde der sinnvolle Gebrauch von Kindern, also Kinderarbeit, zwingend vorgeschrieben. Es konnte ja nicht angehen, dass die Kindergartenzeit mit hohen staatlichen Zuschüssen subventioniert wurde, während die Kinder den ganzen Tag nur sinnlos rumspielten.
    Fand eine Berufsausbildung schon im Kindergarten statt, ließen sich erhebliche Kosten der betrieblichen Berufsausbildung einsparen, denn am Kindergarten waren die Eltern ja direkt mit Gebühren beteiligt, was zu einer erheblichen Entlastung der Volkswirtschaft führte. Kinder konnten für Service- und diverse Arten von Dienstleistungen herangezogen werden, von der Straßen- und Gebäudereinigung über die Müllabfuhr und die Reinigung öffentlicher Latrinen bis hin zu Labortests in der Pharmaindustrie.
    Daraus folgte, Kinder mussten Steuern zahlen und sich selbst versichern. Das kurbelte die Binnenkonjunktur an. Als Motivation wurde den Kindern eine frühzeitige Volljährigkeit angeboten. Dadurch entfiel jegliche Kinderkriminalität, was dann auch den Jugendstrafvollzug einsparte. Ebenso gestrichen wurden Leihbüchereien, Theater, Museen, Sportanlagen und Schwimmbäder.
    Ein

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