Lallbacken
verlor. Zum Abschied traten Renate und Ulla Schmidt nur noch als jodelnde Rollmöpse im Quatsch-Comedy-Club auf.
Ursula von der Leyen setzte die erfolgreiche Arbeit von Renate Schmidt erfolgreich fort. Die niedersächsische Vorzeigemutti Uschi hatte die Kinder von Angela Merkel gleich mitgekriegt, und das hielt Frau Merkel den Rücken frei, um gelegentlich Sportstadien aufsuchen und dort deutschen Nationalmannschaften in fernsehgerechten Gefühlsausbrüchen zuzujubeln. Ministerin von der Leyen schrieb den Medien energisch die Themen vor: Elterngeld, Bündnis für Erziehung und Kita-Pflicht! Die wollte sie einführen. Jeder sollte mindestens ein Jahr in den Kindergarten gehen. Da kam Hoffnung auf: Diese Regelung könnte die Wehrpflicht ablösen. Sie führte das Elterngeld ein, aber die Milliarden konnten die konstant niedrigen Geburtenraten in Deutschland auch nicht erhöhen.
Zu weit verbreitet war die Ansicht: Kinder stören. Das wusste jeder. Vor allem machten Kinder Lärm. Unnötigen, unzulässigen Lärm, der viel lauter war, als es die »TA Lärm,« die »Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm«, erlaubte. Und deswegen führten ruhebedürftige Deutsche aufsehenerregende Prozesse. Zum Beispiel gegen den Kindergarten »Marienkäfer« in Hamburg. Der lag mitten in einem Wohngebiet, was ja für die Eltern ganz praktisch sein mochte, aber mehr als störend war für die Nachbarn. Denn dieser Kindergarten konnte nicht garantieren, dass die lärmenden Kniebeißer den Grenzwert der TA Lärm für Wohngebiete von fünfzig Dezibel einhielten. Deshalb sollte er schließen.
Ein kleines Problem hatte das Hamburger Landgericht allerdings dabei: Der Kindergarten lag an einer vierspurigen Straße mit dem schönen Namen Rennbahn. 40 000 Autos brausten dort jeden Tag lang. Der vom Gericht bestellte Gutachter konnte »messtechnisch« deshalb leider nicht zwischen dem Krach der Kinder und dem der Brummis unterscheiden. Das machte aber nichts, dann musste eben der gesunde Menschenverstand entscheiden. Und der besagte ganz klar: Die Straße sperren und auf die Autos verzichten – das ging gar nicht. Und endlich hatten die Anwohner ihre Ruhe.
Ministerin Ursula von der Leyen hat klargestellt, dass »Kinder, die vor dreißig oder vierzig Jahren nicht geboren worden sind, heute keine Eltern sein können«. Für eine Politikerin war das ganz schön pfiffig.
Dann hat sie auf die Bedeutung ehrenamtlicher Tätigkeiten für das Gemeinwesen hingewiesen. Zum internationalen Tag des Ehrenamtes sagte Lallbacke Uschi: »Das bürgerschaftliche Engagement ist ein wichtiger Bestandteil einer Gesellschaft mit menschlichem Gesicht. Nicht nur unsere Demokratie, auch unsere Wirtschaft, unsere soziale Sicherung und unser kulturelles Leben beruhen auf der Bereitschaft zum Engagement. Mich stimmt es sehr optimistisch, dass die Nachfrage nach einem freiwilligen sozialen Jahr oder einem freiwilligen ökologischen Jahr kontinuierlich ansteigt. Über 23 Millionen Bürgerinnen und Bürger engagieren sich in Deutschland für das Gemeinwesen.« Bravo, Frau von der Leyen. Das war der Weg, den Deutschland gehen musste: ehrenamtliches Engagement ohne Bezahlung mit dem Ziel, dass alle ehrenamtlich arbeiten. Die Ministerin sollte selbst damit anfangen und die erste ehrenamtliche Ministerin werden. Von ihrem eingesparten Gehalt könnte man jeden Monat die Toiletten von mindestens zehn Schulen in einen menschenwürdigen Zustand bringen.
Würden dann auch noch die Vorstände von Banken und Konzernen in Ehrenämter einsteigen, wäre unser Land schnell saniert. Wir bräuchten dann nur noch ein paar ehrenamtliche Oberbürgermeister, die ehrenamtlich Verdienstmedaillen überreichen.
Einen weiteren mutigen Schritt in die richtige Richtung ging die Familienministerin, als sie mit der katholischen und der protestantischen Kirche ein »Bündnis für Erziehung« schloss. Deutschland war eigentlich kein Gottesstaat, aber das ließ sich ja ändern. Von nun an sollten christliche Werte das Maß aller Dinge in der Erziehung sein: Respekt, Toleranz und Hilfsbereitschaft seien die wichtigsten Lernziele. Auch wenn die Trennung zwischen Staat und Kirche in der Gesellschaft nur höchst mangelhaft verankert ist: Diese Initiative der frommen Ministerin war etwas irritierend. Respekt, Toleranz und Hilfsbereitschaft – schön und gut, niemand hatte was dagegen. Aber was hatte die Kirche damit zu tun?
Respekt, Toleranz und Hilfsbereitschaft hat die Kirche weder erfunden noch
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