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Lamarchos

Lamarchos

Titel: Lamarchos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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Muskeln seines schmalen Gesichts zusammen.
    Wie eine Taube gurrte Maissa über den gravierten Steinen, von denen die meisten nur wenig größer waren als ihre Handfläche; sie begutachtete sie Stück um Stück und reichte sie dann an Kale weiter, der sie wieder einwickelte und ordentlich in der unter dem Fahrersitz verborgenen Vryhh-Kiste verstaute.
    Nach einer Minute bewegte sich Stavver; sein Körper streifte Aleytys. „Wir haben die Passage bezahlt.”
    Maissa sah auf, ihre Finger bewegten sich noch immer über einen blaßgrünen Poaku. Sie zog ihre Schultern zu einem nichtssagenden Achselzucken hoch, ihre Augen funkelten in einem harten, spöttischen Licht. „Schon gut. Ihr habt bezahlt.”
    „Mehr als gut bezahlt. Stimmt’s?”
    Sie runzelte die Stirn. „Was soll das heißen?”
    „Ich will es klargestellt haben. Dein Wort, Maissa. Du weißt, ich bin ein Mann, der sich nicht so einfach abspeisen läßt. Ich will dein Wort, weil ich weiß, daß du es nicht brichst. Dein Wort darauf, daß du uns nach I!kwasset bringen wirst?”
    „Oder…” Sie zog sich auf die Pritsche, setzte sich zu den Beuteln.
    „Keine Drohungen. Weder von mir noch von dir.” Stavver klopfte mit langen Fingern leicht auf die Knie. Ihre Blicke schnellten zu der Bewegung hin, dann wieder weg; ein nervöses Zucken erschien an ihren Mundwinkeln, ihre so sorgfältig kontrollierte Beherrschung zerfaserte. Sie fuhr herum, beugte sich vor, vergrub ihr Gesicht in den Händen. Aleytys sah ihre Schultern beben, hörte ihr unregelmäßiges Atmen, dann fuhr Maissa wieder herum, starrte sie an, lächelte, die Augen strahlend und spöttisch.
    Stavver sah sie an, sein Gesicht war mild, ausdruckslos.
    „Keine Passage, keine Steine. Ist es das, Stavver?”
    „Exakt.”
    Sie schaute auf ihre Hände hinunter, sah den seegrünen Poaku, den sie neben sich gelegt hatte; sanft leuchtete er im Licht der über der Pritsche befestigten Punktstrahler. Ihre Finger schlossen sich schützend um den Stein. „In Ordnung. Mein Wort darauf. Wenn ihr im Schiff seid, wenn ich starte, bringe ich euch nach I!kwasset. Sorgt dafür, daß ihr auf dem Rückweg mit mir Schritt haltet.”
    Aleytys spürte die Falschheit in ihr; sie biß sich auf die Lippe und blickte zu Stavver auf. Er nickte kurz, da er es nicht auf die Spitze treiben und einen hysterischen Anfall der labilen Frau herausfordern wollte. „Wir werden da sein, Kapitän. Glaube mir.”
    Maissa zuckte mit den Schultern und reichte den Poaku an Kale weiter.
    Kale saß im vorderen Bereich des Wohnwagens auf dem Boden, fast in den Schatten verloren. Aleytys sah ihm zu, verwirrt von der Art, wie er mit den Poaku umging, sie mit eifersüchtiger Habgier berührte. Einen Herzschlag später schüttelte sie das Frösteln ab.
    Man konnte sich darauf verlassen, daß Maissa ihre gierigen Finger auf der Beute behielt. Ein leiser Ausruf zog ihre Aufmerksamkeit wieder auf die schmächtige Gestalt, die vornübergebeugt auf der Pritsche saß.
    Maissa hielt einen der größeren Poaku hoch. Sein warmes, bernsteinfarben geädertes Rostbraun glühte in seidigem Glanz unter der grellen Beleuchtung. Das tiefe Relief zeigte einen Adler im Sturzflug; mit solcher Geschicklichkeit graviert, daß sogar aus der Schattierung des Steines Nutzen gezogen war, um die veränderliche Färbung der Falkenfedern anzudeuten. Die Linien der Abbildung waren einfach, klar, eine geniale Einfachheit, jeder Millimeter zeugte von Leben, und das Ganze strömte sein Alter aus, atmete seine uralte Magie in die sie umgebende Luft. Maissas Gesicht verfärbte sich dunkelrot, ihre Zunge leckte geziert über die Lippen, als wolle sie den Stein in einem Exzeß der Gier auffressen. Zögernd reichte sie ihn Kale und griff erneut in den Beutel, um den nächsten herauszuholen.
    Aleytys seufzte vor Erleichterung. Es schien ein Sakrileg zu sein, daß Maissas blutbefleckten Hände eine solche Schönheit streichelten. Dann fiel ihr das Alter und die Verlockung des Steines ein. Solcherlei Dinge schwimmen im Blut durch die Jahrhunderte, von habgierigen Menschen begehrt, die bereit sind, alles zu tun, um sie zu besitzen. Sie blickte Kale an und fragte sich, was er für diesen Stein empfand.
    Mit zitternden Fingern fuhr er über den starren Leib des Falken, erregt hechelte er den Atem aus und ein. Dieser Stein war für ihn etwas Besonderes, gewaltiger als alle anderen … Man könnte meinen, er sei bereit, dafür zu töten … Sie drängte sich an Stavver, da es ihr ein

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