Lamarchos
Hülle von ihr übrigblieb, ein tobender Zorn/Schmerz, der die Leere mit Haß füllte.
Stavver ohrfeigte sie, um sie durch den Schock aus den Wogen der Wut und des Verlustes herauszureißen, die ihren Verstand um jede Möglichkeit zusammenhängenden Denkens brachte. Sie keuchte und brach unter schmerzerfülltem Schluchzen zusammen.
Er hielt sie fest, strich über ihr Haar, über ihre bebenden Schultern, immer wieder, bis sich der Sturm von Emotionen legte und sie sich gegen ihn lehnte, erschöpft, unregelmäßige Atemzüge schufen einen feuchten, warmen Fleck auf seiner Brust.
,,Es wird ihm gutgehen, Lee. Er ist dein Sohn, ein Überlebenstyp wie du. Maissa wird sich um ihn kümmern.”
„Maissa …” Das Wort war ein erbärmliches Wimmern, an seiner Brust gedämpft.
„Ich weiß …”, murmelte er. „Ich weiß, Lee. Wir werden sie einholen, wenn du dich zusammennimmst.”
Aleytys machte einen tiefen, zittrigen Atemzug und schmiegte sich in seine Arme. „Danke, Miks.” Sie löste sich von ihm, rieb ihre roten, brennenden Augen. „Ich schlage vor, du kümmerst dich jetzt besser um die Pferde. Vorausgesetzt, Maissa hat uns ein Gespann zurückgelassen. Ich … ich muß Olelo der Erde zurückgeben.”
Er nickte und glättete die Falten des Batik-Lendenschurzes. „Wenn sie die Pferde mitgenommen hat… Ich bin sicher, daß wir etwas organisieren können.” Er duckte sich durch die Planen und tapste die Hinterstufen hinunter.
„Ja. Organisieren.” Sie seufzte, schob die Hand durch das wirre Haar. Fliegen krochen geräuschlos über den steifen Körper des Sprechers; der Anblick jagte einen Schauer des Ekels durch sie. Dann schüttelte sie den bedrückenden Widerwillen ab, sah in dem häßlichen Schwarm den natürlichen und notwendigen Prozeß des Verfalls und der Wiedergeburt. Sie schloß die Augen. Begleiter, dachte sie.
Hilf mir.
Die Ruhe in ihr nahm zu - und gleichzeitig bemerkte sie noch etwas anderes. Es war zu still draußen. Der fröhliche Lärm des überfüllten Lagerplatzes war aus irgendeinem Grund verstummt. Hastig wickelte sie den blutbesudelten Lappen um Olelos Körper und trug ihn durch den Hinterausgang hinaus.
Schweigende, finster dreinblickende Lamarchaner standen in sich verändernden Gruppen beieinander, jede Familie, jede Sippe von den anderen zurückgezogen; alle beobachteten sie aufmerksam die drei vermummten Gestalten, die von Lager zu Lager schritten, die Wohnwagen durchsuchten, kurz mit den Leuten sprachen, dann weitergingen und sich in einem komplizierten Muster über den Lagerplatz bewegten. Bis Aleytys zum Boden hinuntergestiegen war, hatten sie sich mit ungeheurer, erschreckender Geduld halbwegs durch das Gedränge gearbeitet. Sie biß sich auf die Lippe, schaute auf das blutige Bündel in ihren Armen hinunter, dann wieder zu den herannahenden Karkiskya.
Stavver kam heran; er führte ein Pferdepaar hinter sich her. „Sie waren bei Puki am Bach. Aber es sieht nicht danach aus, als ob wir irgendwohin fahren würden.” Er wickelte die Führungsleinen um die Speichen eines Rades. „Bleib kühl, Lee.”
„Du meinst, sie suchen nach den Poaku?”
„Wahrscheinlich.” Er nickte zu Olelos Körper hin. „Ich glaube, daß es keine gute Idee wäre, gerade jetzt irgend etwas zu vergraben.”
„Was?” Sie blickte hinunter, leicht bestürzt. „Oh.” Sie legte das blutige Bündel auf einer Stufe ab und ging an Stavvers Seite. „Nun, hier werden sie keine Poaku finden.” Sie fuhr herum, so daß ihre Schulter gegen ihn stieß. „Maissa würde doch nicht…”
„Auf keinen Fall. Sie ist nicht dumm.”
Aleytys seufzte und lehnte sich leicht gegen ihn. „Ich weiß nicht, Miks. Sie haßt uns beide.”
„Aber sie würde keinen derartigen Fingerzeig zurücklassen, Leyta”, sagte er. „Wenn sie Grund hätten, sie zu verdächtigen, würden sie nicht einmal eine Stunde brauchen, um sie aufzuspüren.”
„Oh. Was meinst du, was passiert, wenn sie mit der Durchsuchung fertig sind?”
Er zuckte mit den Schultern. „Sie verhören uns, nehme ich an.”
„Miks?”
„Was?”
„Du. Trotz dieser Färbung siehst du nicht gerade wie ein Lamarchaner aus.”
Er lächelte zu ihr hinab. „Jede Soma-Gruppe hat ihre Extreme.
Außerdem, Lee, je mehr sie ihre Augen auf dich konzentrieren, desto weniger werden sie mich ansehen.”
„Ich glaube schon, daß ich das schaffen kann …” Sie spreizte ihre Finger, betrachtete ihre Handrücken. „Ja.”
„Mach keine Dummheiten,
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