Lamarchos
zu der Furcht und Klaustrophobie, unter der sie bereits litt.
Mit schmerzhaft in ihren Ohren hämmerndem Atmen schob und zerrte sie Stavvers torkelnden Körper an der gebeugten, grauen Gespenstergestalt vorbei. Dann drehte sie sich um, sah nach, ob der Alte sein Gleichgewicht bewahrt hatte. Wenn er fiel, wenn der Bann aufgehoben wurde … Wimmernd und sich elend fühlend, kämpfte sie sich um die zweite Ecke, lehnte Stavver dann an die Wand, während sie versuchte, wieder zu Atem zu kommen, und zuhörte, wie das Diadem die Zeit zur Realität zurücksummte.
Stavver löste sich von der Wand, trat vor, schüttelte den Kopf, noch benommen von seinem Eintauchen in die Stasis. Dann war er plötzlich wieder das Raubtier. Er glitt an die Biegung heran, schob seinen Kopf vor und sah den sabbernden, alten Karsk unbekümmert murmelnd davongehen. Er hatte nichts bemerkt.
Stavver drehte sich um, beührte Aleytys’ Arm und deutete den Korridor entlang. „Was ist da vorn?” Er flüsterte die Worte, glitt an ihr vorbei.
„Der Weg ist frei.”
Im Erdgeschoß angekommen, kniete Stavver vor der massiven Tür, die in den Ausstellungsraum führte, nieder. Er klammerte das kompakte Bündel von seinem Gürtel los, rollte den Werkzeugsatz auseinander, breitete das weiche, schwarze Material wie einen Tintenklecks auf dem Boden aus; die helle, metallische Oberfläche der Werkzeuge schimmerte in der Dunkelheit.
Während Aleytys - jetzt ruhiger - zusah, spielten seine Finger über die Taschen, zogen Dinge mit knappen Bewegungen, die ihr seltsamerweise gefielen, von ihren Plätzen. Sie lehnte sich an die Wand; Stavver setzte einen spindelförmigen Gegenstand zusammen, dessen Arbeitsweise ihr zunächst unverständlich war, jedoch offenbar wurde, als die Tür geräuschlos aufglitt. Sie ärgerte sich über ihre Unwissenheit und projizierte diesen Groll vorübergehend auf den Dieb, der in seinem Tun ruhig fortfuhr. Dann verschaffte sich ein Gefühl der Lächerlichkeit in ihr Geltung, und sie erstickte ein Kichern.
Stavver rollte sein Instrumentarium wieder zu einem festen Bündel zusammen und hakte es am Gürtel fest. Zum erstenmal seit mehreren Minuten quittierte er ihre Anwesenheit, indem er mit dem Kopf zur Türöffnung hindeutete. Entrüstung ätzte Furchen in sein Gesicht. Er murmelte: „Nicht einmal ein Schalldetektor da drinnen. Ein Baby könnte hineinkrabbeln und sich nehmen, was ihm gefällt.”
„Deiner nicht würdig, Miks?”
Er zupfte an einer ihrer Haarsträhnen und grinste sie an. „Komm weiter.” Er griff in eine Tasche des Tarnanzugs, beförderte zwei elastische Beutel heraus, dann einen Stapel Zellstofftücher. „Wickle jeden Stein ein, bevor du ihn in den Beutel steckst. Es ist wichtig.
Wenn etwas absplittert, ist er nur noch halb soviel wert.”
Nach einer Weile wog Aleytys den Beutel in ihrer Hand.
„Miks.”
„Was?”
„Noch einen Poaku, und ich kann den Beutel nicht mehr tragen.”
Sie hievte den prall gefüllten Beutel hoch. „Kann dieses Dingsda, mit dem wir gekommen sind, mit dem zusätzlichen Gewicht klarkommen?”
Er nickte; eine kurze, kantige Bewegung seines Schädels. „Ruh dich einen Moment aus, Leyta. Alles geht glatt; du fühlst dich besser, nicht wahr?”
Verblüfft, weil er dies bemerkt hatte, ließ sie den Beutel zu Boden sinken und kauerte sich dann nieder, schlang die Arme um ihre hochgezogenen Knie und sah ihm zu, wie er die Regale leerte. Nach der Flutwelle von Emotionen, die über ihre Psyche gespült war, verspürte sie jetzt ein überwältigendes Verlangen nach wohlverdientem Schlaf.
„Leyta. Auf die Füße. Zeit, von hier zu verschwinden.”
„Auf dem Weg, auf dem wir gekommen sind?”
„Richtig.”
Seufzend stieß sie sich auf die Knie hoch, dann auf die Füße. Mit einem unwilligen Stöhnen hob sie den Gurt des Beutels über ihre Schulter und richtete sich auf. „Ganz hinauf?”
„Wenn du nicht darauf warten willst, bis die Karkiskya morgen früh aufmachen.”
„Huh!”
8
Aleytys stellte den Beutel auf der Pritsche ab und schob den Gurt mit einem Seufzer der Erleichterung von ihrer Schulter. Während sie leicht über die rote Druckstelle rieb, die er auf ihrer Haut zurückließ, wich sie zurück und sah zu, wie Maissa in den Beutel griff und einen Poaku nach dem anderen herausholte. Stavver stellte seinen Beutel neben den ersten und setzte sich dann auf das Kopfende der gegenüberstehenden Pritsche neben Aleytys; ein hartes, sardonisches Lächeln zog die
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