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Lamento

Titel: Lamento Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Stiefvater
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Schwanken und landete auf dem Schüler hinter mir, der unter dem schweren Gewicht taumelte.
    »Puh. Du meine Güte.« Vorsichtig richtete er die Harfe wieder auf, als mir auffiel, dass ich ihn kannte: Es war Andrew von den Blechbläsern im Schulorchester. Trompete oder so. Jedenfalls etwas Lautes. Er grinste mich breit an – erst auf meine Brüste, dann ins Gesicht. »Immer schön vorsichtig sein, sonst haut dir hier noch etwas ab.«
    »Klar.« Wenn er noch witziger wurde, würde ich ihn vollkotzen. Ich zog meine Harfe ein Stück von ihm weg. »Entschuldigung.«
    »He, du kannst mich jederzeit gern mit deiner Harfe bewerfen.«
    Ich wusste nicht, was ich darauf erwidern sollte, also gab ich nur ein »Hm« von mir. Sekunden später versank ich wieder in der Unsichtbarkeit, und Andrew wandte sich ab. Seltsam, dass es auch heute wie an jedem gewöhnlichen Highschool-Tag war.
    Aber das stimmte nicht. Als ich vor der Doppeltür standund dem Stimmengewirr und den Instrumentenklängen lauschte, konnte ich den Grund für unsere Anwesenheit nicht beiseiteschieben. Massen von Schülern spielten sich für ihren Auftritt warm und hofften, beim alljährlichen Eastern Virginia Arts Festival einen Preis zu gewinnen – ihre große Chance, die Vertreter der Colleges und Konservatorien zu beeindrucken, die heute im Publikum sitzen würden.
    Wieder drehte es mir den Magen um, und diesmal wusste ich, dass es kein Zurück gab. Ich floh in die Mädchentoilette im Keller unter der Turnhalle, um mich in aller Ruhe übergeben zu können. Ich ließ die Harfe vor den Waschbecken stehen und schaffte es im letzten Moment, die Arme um die alte, gräulich gelbe Klobrille zu legen, die nach zu viel Putzmittel und zu vielen Schülern roch.
    Wie ich das hasse!
Mein Magen gurgelte noch heftiger. Das passierte jedes Mal, wenn ich vor Publikum spielte. Auch wenn ich wusste, wie idiotisch diese Angst vor Menschenansammlungen war, dass diese Kotzerei und die flatternden Nerven allein auf mein Konto gingen, konnte ich nicht dagegen ankämpfen. James hatte die »Angst, sich der Lächerlichkeit preiszugeben« für mich nachgeschlagen (Katagelophobie), und eines Nachmittags hatten wir es sogar mit Hypnose versucht, einschließlich Selbstverwirklichungssprüchen und Entspannungsmusik. Es war nichts dabei herausgekommen, nur dass wir beide zu begeisterten Fans von New-Age-Musik geworden waren.
    Ich war immer noch nicht fertig. Blöderweise fiel mir das Haar ständig ins Gesicht, weil die ungleichmäßigen Stufen vorn zu kurz waren, um sie mit in den Pferdeschwanz zu binden. Ich stellte mir vor, wie ich die Bühne mit Bröckchen im Pony betrat. Ich weine nur, wenn ich frustriert bin, und es fehlte nicht mehr viel.
    In diesem Moment spürte ich, wie eine kühle Hand mir sanft das Haar aus dem Gesicht strich. Dabei hatte ich niemanden hereinkommen hören. Trotzdem war ich nicht überrascht – als hätte ich damit gerechnet, dass jemand mich hier finden würde. Ich wusste, ohne aufzublicken, dass das die Hand eines Jungen war, und ganz sicher nicht James’.
    Ich wollte den Kopf abwenden, weil mir das Ganze peinlich war, doch der Besitzer der Hand sagte bestimmt: »Denk dir nichts dabei. Du bist fast fertig.«
    So war es auch. Endlich würgte ich nichts mehr hervor, sondern fühlte mich nur noch zittrig und vollkommen leer. Und aus irgendeinem Grund wollte ich nicht im Erdboden versinken, weil ein Junge hinter mir stand. Ich drehte mich um und sah nach, wer Zeuge des wahrscheinlich unattraktivsten Ausrutschers geworden war, der einem Mädchen unterlaufen kann. Falls es Andrew war, würde ich ihm eine knallen, weil er mich angefasst hatte.
    Aber es war nicht Andrew. Es war Dillon.
    Dillon
.
    Der Typ aus meinem Traum. Der gekommen war, um mich vor öffentlicher Demütigung zu bewahren und mich im Triumph zu stehenden Ovationen zu führen.
    Mit einem entwaffnenden Lächeln reichte er mir eine Hand voll Papierhandtücher. »Hallo. Ich bin Luke Dillon.« Er hatte diese typisch weiche Stimme, die nach vollkommener Selbstbeherrschung klang, eine Stimme, von der man sich nicht vorstellen konnte, dass sie jemals laut wurde. Und die sogar in einem nach Kotze riechenden Mädchenklo unglaublich sexy war.
    »Luke Dillon«, wiederholte ich und bemühte mich, ihn nicht anzustarren. Mit zitternden Fingern nahm ich die Papiertaschentücher und wischte mir übers Gesicht. In meinemTraum war er verschwommen gewesen, wie alle Traummenschen, aber er war es, eindeutig. Hager wie ein

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