LaNague 01 - Der Heiler
Präzedenzfall.«
»Wenn ein Patient meine Dienste in Anspruch nehmen möchte, sollte es ihm oder seinem Vormund freistehen, zu mir zu kommen. Warum sollte sich da noch irgendeine Abteilung einmischen?«
»Was Sie da vorbringen, ist unmöglich«, meinte DeBloise mit einem Kopfschütteln. »Unser Volk soll davor bewahrt werden, von Betrügern hereingelegt zu werden.«
Der Heiler lächelte bedauernd. »Das versteht sich. Und deshalb ist Jebinose nichts für mich.«
DeBloisies Züge verhärteten sich plötzlich, und das Lächeln war wie weggewischt. »Ich habe den Eindruck, Heiler« – er spuckte das Wort förmlich aus – »daß Sie zu lange bei diesen barbarischen Tolivianern gewesen sind. Nur zu, treiben Sie Ihr Spielchen nur weiter: aber Sie sollten vielleicht wissen, daß ein Wechsel in der Luft liegt und daß wir bald die gesamte Förderation auf unsere Weise führen. Und wenn es so weit ist, werden wir dafür sorgen, daß jeder Planet seinen Anteil an Ihren Diensten bekommt!«
»Vielleicht gibt es dann keinen Heiler mehr«, antwortete Dalt unbewegt.
»Versuchen Sie doch nicht, mich zu bluffen!« DeBloise lachte. »Ich kenne Ihre Sorte. Sie sonnen sich in den falschen Schmeicheleien, die Sie umgeben, wohin sie auch gehen. Sie machen süchtiger als Zemmelar.« Eine Spur von Neid lag in seiner Stimme. »Aber uns Restrukturisten werden Sie nicht so leicht Respekt einflößen können. Sie sind ein Mensch – mit einer einzigartigen Begabung, das stimmt, aber trotzdem nur ein Mensch – und wenn wir erst einmal am Zug sind, werden Sie sich fügen oder untergehen.«
Die Augen des Heilers funkelten, aber seine Stimme klang ruhig wie immer. »Vielen Dank, Mr. DeBloise. Sie haben gerade ein Problem gelöst und mich zu einer Entscheidung veranlaßt, die mir in den vergangenen Jahrzehnten immer mehr Kopfzerbrechen bereitet hat.« Er drehte sich um und verließ den Raum.
Fast zweieinhalb Jahrhunderte vergingen, bevor der Heiler wieder gesehen wurde.
JAHR 505
Bald nach dem Verschwinden des Heilers trat der sogenannte DeBloise Skandal in den Vordergrund des Geschehens. Der anschließende Aufstand der Restrukturisten führte zu dem Krieg zwischen Restrukturisten und Förderation (»Krieg« ist hier allerdings ein kaum geeigneter Ausdruck für jene sporadischen Scharmützel), der sich schließlich zu einem regelrechten interrassischen Krieg ausweitete, als die Tarks beschlossen, einzugreifen. Auf dem Höhepunkt des Terra-Tark Konfliktes wurde der Mythos von der Unsterblichkeit des Heilers geboren.
Ungeachtet der Auseinandersetzungen traten weiterhin beharrlich die Fälle des Schreckens auf, und die Psychowissenschaftler konnten nur wenig an Boden gegen die Krankheit gewinnen. Vielleicht aus diesem Grund tauchte ein Mann auf, der eine erstaunliche Ähnlichkeit mit dem Heiler besaß und begann, die Opfer des Schreckens mit einem Erfolg zu heilen, der fast größer war als der des echten Heilers. So wurde eine historische Figur zu einer Legende.
Wer er war, und warum er ausgerechnet zu jenem Zeitpunkt auftauchte, bleibt ein Geheimnis.
aus Der Heiler: Mensch & Mythos
von Emmerz Fent
XI
Dalt schleuste den Gleiter auf die Dachbühne, schaltete die Steuerung aus und ließ sich in den Sitz zurückfallen.
(»Und? Fühlst du dich jetzt nicht besser?«) fragte Part.
»Nein«, antwortet Dalt laut. »Ich fühle mich müde. Ich möchte nur ins Bett.«
(»Du wirst es mir morgen früh danken. Dann wirst du dich geistig besser fühlen und noch nicht einmal steif sein, weil ich jede Nacht, wenn du schläfst, deine Muskeln trainiere.«)
»Kein Wunder, daß ich morgens immer müde aufwache!«
(»Geistige Müdigkeit, Steve. Geistig. Wir haben uns beide zu sehr in diesem Projekt engagiert, und langsam machen sich die Anspannungen bemerkbar.«)
»Herzlichen Dank«, murmelte Dalt, als er aus dem Gleiter stieg und die Tür schloß. »Die letzten Jahrhunderte haben deinem Talent, Dinge auszusprechen, die auf der Hand liegen, nichts anhaben können.«
Und es lag auf der Hand. Nach der Heiler-Episode hatten Dalt und Part ihre Interessen auf die Naturwissenschaften verlagert und ihre Studien inmitten des Krieges zwischen Föderation und Restrukturisten weiterbetrieben, ohne ihn überhaupt zur Kenntnis zu nehmen. Dieser wirre Konflikt hatte nach rund einem Jahrhundert mangels Interesse schon fast ein Ende gefunden, als eine neue Macht auf dem Schauplatz erschien. Die Tarks erklärten sich, in einem genauso plumpen
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