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Landleben

Landleben

Titel: Landleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Updike
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un-
bekümmert klangen; sie enthielten keine nachträglichen
Bedenken, kein Geständnis des Bereuens, keine sorgfältig
formulierten Zweideutigkeiten. Sie genieße es, wieder da
zu sein, wo sie aufs Meer blicken könne. Der Fluss und sei-
ne Gefälle lägen hinter ihr. Rachel nehme Reitunterricht
und sei begeistert; Tommy, bislang immer so wasserscheu,
könne inzwischen die ganze Länge des Swimmingpools
in dem komischen kleinen Strandclub durchschwimmen.
Arthur, der oft zu Besuch komme, sei sich nicht sicher, ob
er nach alldem weiterhin im Pfarramt bleiben wolle. Die
Epiphaniasgemeinde zähle die Tage, bis er gehe, obwohl
man zu höflich sei, das auszusprechen. Obwohl der Apostel
Paulus vor der Ehe gewarnt habe, sei es im gegenwärtigen
Stadium kirchlicher Gewohnheiten schwierig, für geschie-
dene Geistliche neue Stellen zu finden, selbst in Stadtge-
meinden. Einer der Kirchenältesten, ein pensionierter Ge-
schäftsmann, habe Arthur von wunderbaren Möglichkeiten
erzählt, die sich einem ehemaligen Geistlichen, sofern er
bereit sei, näher nach Manhattan zu ziehen, im PR-Bereich
oder im Personalbereich eines Unternehmens böten.
    Die Mackenzies, schlingernd auf ihrer eigenen havarier-
ten Ehe, sahen bewundernd zu, wie sich für Julia das Meer
teilte: Sie wandelte zum anderen Ufer auf wundersam
trockenem Boden. Noch in getrennten Unterkünften be-
wohnten Owen und Phyllis den gleichen geistigen Raum,
einen studentischen Raum, den sie von einem großen Haus
auf kleinem Grundstück an einer Straße in Cambridge ge-
erbt hatten, die als Abkürzung zwischen Garden Street und
Massachusetts Avenue benutzt wurde. Ein vornehm-bohe-
mienhaftes Anstandsgefühl, mit dem studentisches Stre-
ben nach Wissen bis zum Lebensende ausgedehnt wurde,           war ihnen als Ideal vermittelt worden. Colin Goodhue war
Professor für romanische Sprachen an der Cornell Univer-
sity geworden. Er hatte eine Französin geheiratet, und sie
verbrachten jedes Jahr den August in der Provence. Phyl-
lis’ Mutter und ihr Vater waren beide vor kurzem gestor-
ben – nur wenige Monate nacheinander, wie das manch-
mal bei lange miteinander verbundenen Paaren geschah –,
und Owens Wunsch, freundlich zu Phyllis in ihrem frisch
verwaisten Zustand zu sein, war Teil seiner Begründung
dafür, dass er die Scheidung mit ihren abscheulichen Um-
ständen – Anwälten, Möbelpackern, Kinderpsychologen –
nicht überstürzen wollte.
    Ein Nebel verschobener Absichten hatte sich auf seinen
Verstand gelegt. An die lange Zwischenzeit, in der er hin-
und herpendelte zwischen dem führungslosen Haushalt in
der Partridge berry Road und seiner verlotterten Junggesel-
lenbleibe auf der anderen Seite des Chunkaunkabaug, in ei-
ner vierstöckigen Feuerfalle, wo ältliche polnische Witwen
und übergewichtige allein stehende Mütter wohnten, hat-
te er kaum eine Erinnerung. Mit betäubter Wahrnehmung
begegnete er der kratzbürstigen vorgetäuschten Gleich-
gültigkeit seiner zwei älteren Kinder, die auf dem College
waren, sowie der begierigen, großäugigen, doch ein wenig
gestelzten Umgänglichkeit seiner beiden jüngeren Kinder,
wenn er in seinem inzwischen ziemlich verkratzten und
klappernden roten Stingray ankam, um einen Blick auf ihre
Hausaufgaben zu werfen oder mit ihnen ins Kino zu gehen.
Obwohl seine eigene Erziehung nur beiläufig religiös ge-
wesen war, hörte er geradezu die Gebete seiner zwei jün-
geren Kinder, er möge zurückkommen – er hörte sie über
sich rascheln wie die Flügelschläge der Schwalben, die
sich im Kaminschornstein des alten Farmhauses verfangen hatten. Phyllis war in ihrem verlassenen Zustand abwech-
selnd niedergeschlagen und auf muntere Art tapfer und
teilte sein Gefühl, dass dies eine unwirkliche Zwischenzeit
war. Sie war nie ganz zu Hause gewesen in Middle Falls,
sie verachtete die geistige Durchschnittlichkeit der Leute
mit der lässigen Höflichkeit der Professorentochter, doch
nun scharten sich einige der Frauen um sie, und nicht mit
allen von ihnen hatte er geschlafen, obwohl gerade diese
ihre kameradschaftliche Verachtung Julias besonders be-
tonten. «Sie kriegt es einfach nicht mit, als käme sie von
einem anderen Planeten ... Diese Augen, da kriege ich
richtig das Zittern ... Und wie sie im Acme rumstolziert,
als wollte sie mich auffordern, dass ich sie nicht ansehe ...
Der arme Mann, sie macht ihn regelrecht zu einem Hei-
ligen, Roscoe hat lange mit ihm gesprochen und konnte
ihn nicht dazu bringen, ein

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