Landleben
Bäumen und bildeten hier und da unter den Reifen
einen feuchten Brei. Der Stingray war zu Schrott gefahren
worden, und der Ford Mustang, den er sich von dem Ver-
sicherungsgeld gekauft hatte, war nicht das Richtige. An
feuchten Tagen sprang er nur schwer an, und er lag nicht
so sicher auf der Fahrbahn, wie es die Corvette getan hatte.
Die Sitze hatten einen schwarzen Bezug aus mattem Vinyl,
in das ein kitschiges Muster von Rinderbrandzeichen ge-
prägt war; wenn er es nur ansah, überkam ihn das Gefühl,
geschmacklos und alt geworden zu sein.
Floyd und Eve waren schon zur Schule gegangen. Dai-
sy, der gelbe Labrador, begrüßte ihn mit heftig wedelndem
Schwanz an der Küchentür. Die beiden Katzen rieben sich
schnurrend an seinen Knöcheln. Phyllis war schon fertig, sie
trug ein marineblaues Kostüm, eine schlichte weiße Bluse
und Schuhe mit halbhohen Absätzen und schien sich un-
wohl zu fühlen, wie eine moderne Nonne, die es nicht ge-wohnt war, die unförmige alte Tracht abzulegen. Sie hatte
eine gesunde Farbe. Sie betrachtete ihren Schnellsprecher-
Anwalt als Tutor in den rechtlichen Dingen des Lebens;
ihr Gesicht war erwartungsvoll gerötet wie bei einer aufge-
regten Studentin vor einem Test. Phyllis war immer noch
schlank, hielt sich immer noch aufrecht. Sie hatte keine An-
stalten gemacht, das Grau, das sich an ihren Schläfen – wie
Spuren von Schnee am Strand – in ihre sandfarbenen Haare
mischte, zu färben. Abgesehen von den Tieren und von den
Vögeln, die keine Zugvögel waren und draußen zwitscher-
ten, waren sie allein im Haus mit den gemeinsam gekauf-
ten Möbeln, die zumeist alt waren und von Zeiten zeugten,
da sie sparen mussten, ein Gemisch aus Antiquitäten und
modernen Sachen, die jetzt zusammengedrängt standen,
wie er von der Küche her sah, um Platz zu schaffen für das
Erbe aus den beiden Häusern ihrer Eltern, dem spätvikto-
rianischen Haus in Cambridge und dem unbeschwerteren,
windschiefen Sommerhaus auf Cape Cod.
«Es ist schrecklich», sagte sie, seinem Blick folgend.
«Mein Bruder sagt, er hat in Ithaca keinen Platz für sei-
nen Anteil. Wir wissen, was das bedeutet – Francine will
es nicht haben. Man knausert und spart, um Möbel zu
kaufen», sagte sie verallgemeinernd, «und dann, wenn das
Haus voll ist, sterben deine Eltern und du hast ihren Kram
am Hals. Abgesehen», fügte sie schnell hinzu, als wäre sie
taktlos gewesen, «von deiner Mutter. Sie lebt ja noch.»
«Übergewichtig, hoher Blutdruck und was sonst noch»,
sagte er halb scherzend. «Dieses zähe alte Farmerblut.» Er
würde – er sah es – eine Frau verlieren, die seine schwie-
rige Mutter kannte – über einen Zeitraum von zwanzig
Jahren einer problematischen Bekanntschaft, in guten
wie in schlechten Zeiten. Julia war natürlich noch nicht in Pennsylvania gewesen, hatte die stachlige alte Frau noch
nicht kennen gelernt. «Das meiste Zeug, das sie hat», fuhr
er fort, «würde sowieso niemand wollen. Als wir aus Wil-
low fortgezogen sind, wurden unsere Verandamöbel aus
irgendeinem Grund ins Wohnzimmer gestellt, und da sind
sie immer geblieben.» War er deshalb gekommen, um über
Möbel zu sprechen? «Das Hauptproblem mit dem Krempel
ist», sagte er in dem Versuch, auf ihre verallgemeinernde
Stimmung einzugehen, «dass es die Menschen überdau-
ert.» Diese Gespräche mit Phyllis jetzt, da sie sich innerlich
voneinander entfernt hatten, hinterließen bei ihm einen
teigigen, summenden Nachgeschmack; sie waren wie eine
Rückkehr zu seinen hilflosen liebeskranken Gefühlen, be-
vor er sie überhaupt kennen gelernt hatte – die andere Sei-
te der Glockenform.
Sie spürte sein Verlangen, in diesen vertrauten Räumen
zu verweilen, zwischen Reparaturen und Änderungen, die
er einst vorgenommen hatte, und sie fragte mit abgewen-
detem Blick: «Hast du Zeit für einen Kaffee? Im Wohnzim-
mer? Ich denke, es ist noch Platz zum Sitzen.»
«Nein danke, Phyllis, ehrlich. Ich muss los, und du auch.
Gib Halloran diese Zahlen hier, die wollte er haben. Davis
und er können darüber sprechen und sich eine neue Sum-
me ausdenken.» Davis war sein Anwalt, ein Zyniker und, so
schien es Owen, zäher Verhandlungspartner; er hatte Owen
eintrichtern müssen, dass der Mann auch dann, wenn die
Frau keine Schuld hatte und nicht die Scheidung wollte,
der Ernährer war und finanziell nicht kaputtgemacht wer-
den durfte. Phyllis sollte gewissermaßen Owens Angestell-
te werden, mit einem festen Monatsgehalt und
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