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Landleben

Landleben

Titel: Landleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Updike
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Frau übergeben worden: eben noch beispiel-
hafte Tochter und Studentin, gleich darauf perfekte Gehil-
fin und Hausfrau. Der einzige Ausrutscher in ihrem Leben
war, dass sie sich in Owen verliebte, was sie sich später als
seine Rettung aus einem schrecklich unmoralischen Le-
ben zurechtlegte. Er war bereit, sich retten zu lassen, doch
sie war nicht bereit, im Zentrum eines Skandals zu stehen
und nicht nur von den entsetzten Gemeindegliedern ih-
res Mannes gemieden zu werden, sondern auch, und zwar
mit ostentativer Entrüstung, von den achtbaren Frauen in
Middle Falls wie Vanessa Slade, Imogene Bisbee, Trish
Oglethorpe und Alissa Morrissey. Deshalb war es für Ju-
lia eine freudige Erleichterung, einhundert Meilen weiter
nordöstlich die Bekanntschaft von Frauen wie der zaudern-
den, verschmitzt-witzigen Bunch Hapgood, der hageren, sanftmütigen Jonesie Wilkins und der freundlichen, ver-
nünftigen Bumpy Wentworth zu machen; beim Sherry lach-
te sie als Jüngste oft Tränen über Bumpys Parodien irischer
Mägde und italienischer Gärtner im Dienste ihres Vaters
oder auch über Nachahmungen der spießigen, zugeknöpf-
ten Geschäftspartner – allesamt weiße angelsächsische
Protestanten – ihres lieben verstorbenen Mannes. Julia war
für diese Frauen praktisch ein junges Mädchen, und Mrs.
Wentworth sorgte dafür, dass sie, mit Owen im Schlepptau,
die richtigen Leute kennen lernte und im Laufe der Zeit
den richtigen Clubs beitrat. Während so die Jahreszeiten
Neuenglands malerisch durch Haskells Crossing zogen und
das Ungemach der sechs Kinder der Mackenzies – vier von
ihm, zwei von ihr – vertraulich erzählt, dann beschwichtigt
und freundlich weggelächelt wurde, während ein Begräb-
nis nach dem andern gemeinsame Bekannte der ewigen
Ruhe anheimgab, war Bumpy immer zugegen. Mit Mitte
achtzig wurde sie auffallend dünner und schwächer; Haar-
ausfall nötigte sie, eine Perücke zu tragen, worüber sie die
komischsten Bemerkungen machte – mit Julia debattierte
sie, ob Pfirsich oder Aprikose der geschmackvollste Farbton
sei. Noch als sie mit Atembeschwerden ins Krankenhaus
gebracht wurde, war die alte Frau fröhlich gewesen, und als
Julia sie das letzte Mal besuchte, konnte sie sich nicht hal-
ten vor Lachen, weil Bumpy ihr die komische Seite eines
Sturms im Wasserglas in der Altargilde verdeutlichte, den
Julia als eine der Hauptstützen der Gilde zu ernst genom-
men hatte. Als das Licht in den Fenstern schwand, sank
Bumpy auf ihr Kissen und tätschelte Julias Hand mit ihrer
eigenen runzeligen Hand. Sie beteuerte, dass sie ihre neue
Medizin mochte und dass sie in der Reha-Klinik auf der
anderen Seite von Cabot City wieder zu Kräften kommen werde. Sie sei deprimiert gewesen, aber sie spüre, dass ihre
Lebensgeister zurückkehrten.
    Deshalb verkündete Julia Owen mit der verletzten, un-
gläubigen Stimme eines hinters Licht geführten Kindes,
nachdem sie früh am nächsten Morgen einen Anruf ent-
gegengenommen hatte und wieder ins Schlafzimmer kam:
«Bumpy ist gestorben!» Tränen standen ihr in den Augen
und machten das Aquamarinblau noch leuchtender. Julia
gehörte zu den Frauen, die auch in den schlimmsten Au-
genblicken nicht weinten.
     
    Middle Falls hatte schon andere Skandale und Trennungen
erlebt, aber dies war von einer neuen Größenordnung – die
Frau eines Geistlichen und eine kühl arrangierte Dop-
peltrennung. Der fünfzehnjährige Floyd, Owens zweiter
Sohn und sein drittes Kind, benannt nach dem Großvater
väterlicherseits, brachte aus der Schule die Neuigkeit mit
nach Hause, dass ausgerechnet Pfarrer Larson und seine
Frau im Begriff waren, sich zu trennen. Jennifer Pajasek,
ein Mädchen in seiner Klasse, die manchmal bei den Lar-
sons auf die Kinder aufpasste, habe gesagt, die beiden hät-
ten viel gestritten und die Kinder – ein Mädchen und ein
Junge – seien ganz verstört.
    Floyd konnte nicht ahnen, als er diese Neuigkeit seinem
Vater mit einer Stimme berichtete, in der verwirrte, erregte
Unschuld mitschwang, dass diese Neuigkeit ihn selbst be-
traf, der erste Riss eines Verhängnisses, das bald über ihn
kommen sollte. Die Ereignisse hatten in einem Pfarrhaus,
zwei Meilen von ihnen entfernt, stattgefunden. Owen war
in jenen Krater des Unabwendbaren gezogen worden, des-
sen Rand so viele Jahre zuvor durch den Knall markiert
wurde, als Danny Hoffman vor Morgengrauen den Abzug        des .38er Army-Colts seines Vaters drückte. Diesmal war
es um halb fünf an einem sonnigen

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