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Landnahme

Landnahme

Titel: Landnahme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hein
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du und ich und Babsy und Rieke.«
    Er lächelte. »Was Rieke betrifft, ich habe sie sehr gern, und ich glaube, ich liebe sie. Und Babsy, das kam einfach über mich.«
    »Na, und ich?«
    »Du hast mich reingelegt, Kathi. Du hast mich verführt, du kleines Miststück.«
    »Verführt! Du hast meinen Hintern gesehen und hast dich wie ein wildes Tier über mich her gemacht. So war es.«
    »Von wegen. Du hattest es darauf angelegt, und da ist es eben passiert. Das hat überhaupt nichts zu bedeuten, gar nichts.«
    »Für dich vielleicht. Ich bin beinahe schwanger geworden, hast du das vergessen! Vernaschst die kleine Schwester der Freundin und jetzt noch Babsy, als ob du nie genug bekommen kannst.«
    »Halt den Mund, dumme Göre.«
    »Das möchtest du gern, dass ich den Mund halte, nicht wahr? Könnte unangenehm für dich werden, wie? Ich bin immer noch minderjährig.«
    »Kathi, ich bitte dich.«
    »Dann sei ein bisschen nett zu mir.«
    »Nimm die Hand da weg, Kathi.«
    »Aua! Sei nicht so grob, du tust mir weh.«
    »Benimm dich, Kathi. Bitte.«
    Als wir zum Tisch zurückgingen, fragte uns Babsy, ob wir uns gestritten hätten. Ich sagte ja, und Bernhard sagte im gleichen Moment nein.
    »Das ist ein kleiner Teufel, die Kathi«, sagte sie zu Bernhard, »ein richtiger Beelzebub, nimm dich vor ihr in Acht. Die hat es faustdicke hinter ihren süßen kleinen Ohren.«
    »Ich bin nicht von gestern«, erwiderte Bernhard, »und kleine Satansbraten gibts bei mir zum Frühstück.«
    Babsy fragte ihn nach seiner Arbeit auf dem Rummelplatz, und Bernhard erzählte, dass er für ein Kettenkarussell zuständig ist, die Termine macht, die Platzmiete vereinbart und sich um die Instandhaltung kümmert. Für den täglichen Fahrbetrieb hat er einen Angestellten, und darüber hinaus beschäftigt er ein oder zwei Leute stundenweise, so dass er nicht ständig vor Ort sein muss und reichlich freie Zeit hat.
    »Bringt denn ein Karussell so viel Geld ein?«
    »Wenn man es richtig betreibt, bringt alles viel Geld ein«, sagte Bernhard und grinste. Er wollte darüber nicht reden und bestellte eine Flasche Sekt für uns.
    Vier Tage später fragte mich Babsy, ob ich Manolow kennen würde, den alten Bauer vom Vorwerk, und sagte, als ich nickte, sie hat sich mit ihm unterhalten.
    »Wird eine sehr einseitige Unterhaltung gewesen sein. Der bringt kaum seine Zähne auseinander.«
    Babsy sah mich verwundert an, schüttelte den Kopf undsagte, er hat ihr von früher erzählt, vom ersten Krieg und seinen Jahren in Frankreich.
    »Wusstest du, dass er Ballonflieger war?«
    »Was war er?«
    »Ballonflieger. Du weißt doch, diese großen Ballons, an denen unten eine Gondel hängt.«
    »Das hat er dir erzählt? Und du glaubst ihm das?«
    »Er hat mir den Ballon sogar gezeigt. Er hat ihn auf dem Heuschober eingemottet. Die Gondel ist winzig klein, da passt ein einziger Mensch rein, aber er ist damit geflogen.«
    »Der alte Manolow? Habe nie davon gehört.«
    »Ich geh morgen zu ihm und schau mir den Ballonstoff an. Die Seide ist grau und stumpf, vielleicht ist das Ding zu reparieren. Wenn ich es schaffe, dann fliegt der Bauer mit mir eine Runde, das hat er versprochen.«
    »Mit einem Ballon? Und was ist, wenn du mit dem alten Ding abstürzt?«
    »Das ist überhaupt nicht gefährlich. Es ist viel sicherer als ein Flugzeug, hat er gesagt, weil ein Ballon bei einer Havarie langsam zu Boden geht.«
    »Du traust dich was! Willst du wirklich damit fliegen?«
    Babsy lachte, hakte mich unter, und so liefen wir vom Markt zum Paradeplatz und dann über die Gärtnerstraße zum Kurpark hinauf, während ich sie über ihre Band und ihre Auftritte ausfragte. Ich erzählte ihr, dass Rieke stocksauer auf sie ist und ihr die Augen auskratzen wird, wenn sie sie in die Finger bekommt.
    »Na, das will ich hoffen«, sagte Babsy, »ich an ihrer Stelle hätte mir schon längst den Arsch versohlt.«
    Über Manolow und seinen Ballon sprachen wir nicht weiter. Eine Woche später sagte sie, der Ballon ist jetzt startklar, und der Bauer hat mehrere Propangasflaschen gekauft, am Sonntag werden sie über die Stadt fliegen. Sie hat den gesamten Stoff Stück für Stück durchgesehen und die rissigen Stellen geflickt, Manolow hat ihre Arbeit geprüftund sei sehr zufrieden. Zur Belohnung wird er mit ihr und Bernhard eine Ballonfahrt unternehmen. Ich sah sie ungläubig an, bis sie zu mir sagte, ich solle den Mund zumachen.
    »Am Sonntag?«
    »Ja.«
    »Und du steigst da in den Ballon?«
    »Nein, da steige

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