Landung ohne Wiederkehr
vorenthalten geblieben.
So geht es manches Mal. Perkin sieht eine purpurne Verfärbung in seinen Laborabfällen und hat eine Anilinfarbe gefunden. Remsen steckt einen verunreinigten Finger in den Mund und entdeckt das Saccharin. Goodyear läßt eine gelöste Gummimixtur auf die Herdplatte tropfen und kommt dem Geheimnis der Vulkanisierung auf die Spur.
Bei uns war es ein halbwüchsiger Saurier, der sich in Vaters Forschungslaboratorium verirrt hatte. Sie waren so zahlreich geworden, daß ich sie nicht ständig im Auge behalten konnte.
Das Tier lief geradewegs zwischen zwei Kontakte, die ausgerechnet in diesem Augenblick offen waren – gerade unter der Stelle, wo jetzt die Bronzetafel in die Wand eingelassen ist und das Ereignis verewigt. Ich bin überzeugt, daß ein solcher Zufall in tausend Jahren nicht noch einmal vorkommen könnte. Es gab eine blendende Lichterscheinung, einen knisternden, qualmenden Kurzschluß, und der Chrono-Trichter, der gerade erst erzeugt worden war, verschwand in einem Feuerwerk von Rauch und Funken.
Im ersten Augenblick hatten wir noch keine Ahnung, welch ein Geschenk der Himmel uns beschert hatte. Wir wußten nur, daß das dumme Tier einen Kurzschluß ausgelöst, Geräte und Einrichtungen im Wert von zweihunderttausend Dollar beschädigt oder zerstört und uns damit dem vollständigen finanziellen Ruin ausgeliefert hatte. Als Entschädigung für alles das hatten wir nur einen gründlich gerösteten Saurier. Auch wir selbst waren ein wenig angesengt, aber der kleine Saurier hatte die volle Konzentration der Feldenergie bekommen. Wir konnte es riechen, denn die Luft war mit seinem Aroma gesättigt. Vater und ich blickten einander höchst erstaunt an. Ich nahm eine Zange und hob das Tier behutsam auf. Außen war es schwarz und verkohlt, aber die verbrannten Schuppen zerbröckelten unter der Berührung und nahmen die Haut mit. Unter der verkohlten Hülle war weißes, festes Fleisch, das an Hühnchen erinnerte.
Ich konnte nicht widerstehen, davon zu kosten, und seine Ähnlichkeit mit Hühnchen entsprach ungefähr der Ähnlichkeit zwischen einer Königinpastete und einer Stulle.
Ob Sie mir glauben oder nicht, wir saßen seelenruhig inmitten der Verwüstung, die der Kurzschluß im Laboratorium hinterlassen hatte, verschlangen Saurierfleisch und fühlten uns wie im siebten Himmel. Manche Teile waren verbrannt, andere beinahe roh. Wir hatten kein Salz, kein Gewürz, überhaupt nichts, um das Fleisch anzurichten. Aber wir hörten erst auf, als wir die Knochen abgenagt hatten.
Zuletzt sagte ich: »Vater, wir müssen sie systematisch als Nahrungsmittel züchten.«
Vater mußte zustimmen. Wir waren völlig pleite.
Ich bekam ein Darlehen von der Bank, indem ich den Direktor zum Abendessen einlud und mit Saurier bewirtete.
Dieses Rezept hat seine Wirkung nie verfehlt. Wer einmal Saurierfleisch genossen hatte, kann sich mit gewöhnlicher Kost nicht mehr zufriedengeben. Eine Mahlzeit ohne »Dinohühnchen«, wie wir es jetzt nennen, ist eine Mahlzeit, die wir hinunterwürgen, um Leib und Seele beisammen zu halten. Dinohühnchen hat für den Gourmet neue Maßstäbe gesetzt.
Unsere Familie befindet sich noch immer im Besitz der einzigen existierenden Herde von Dinohühnchen, und wir sind die Inhaber und ausschließlichen Lieferanten der weltweiten Restaurantkette, die nach und nach daraus entstanden ist.
Mein armer Vater! Er war nie glücklich, außer in jenen Augenblicken, wenn er Dinohühnchen aß. Er führte die Arbeit zur Erforschung der Chrono-Trichter fort, und zwanzig andere Forschungsgruppen taten es ihm nach, genau wie er prophezeit hatte. Doch bis zum heutigen Tag ist nichts dabei herausgekommen. Nichts außer Dinohühnchen.
Eine dankbare Menschheit sammelte fünfzigtausend Dollar, um die Denkmalstatue auf dem Hügel zu errichten, aber selbst diese Ehrung konnte Vater nicht glücklich machen.
Alles, was er sehen konnte, war die Inschrift: »Dem Mann, welcher der Welt Dinohühnchen schenkte«.
Bis zu seinem Todestag wünschte er sich nur eins, müssen Sie wissen: Er wollte das Geheimnis des Zeitreisens entdecken. Und obgleich man ihn noch zu seinen Lebzeiten als Wohltäter der Menschheit feierte, blieb sein Wissensdurst bis zum Tode unbefriedigt.
*
Mein ursprünglicher Titel hatte BENEFACTOR OF HUMANITY (Wohltäter der Menschheit) gelautet, und er hatte mir gefallen, weil er eine hübsche Prise Ironie enthielt. Kein Wunder, daß ich tobte, als Leo Margulies von
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