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Lange Finger - flinke Beine

Lange Finger - flinke Beine

Titel: Lange Finger - flinke Beine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Ecke
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Tagesablauf aus? Wie die Örtlichkeiten?«
    Ben Murphy lehnte sich zurück, zündete sich wieder eine Zigarette an und sprach weiter. Diesmal mit dem Tonfall eines Geschichtslehrers: »Garner verläßt jeden Morgen pünktlich um 8 Uhr das Haus und fährt mit seinem Wagen nach Aberdeen. Gegen 19 Uhr kehrt er zurück. Jeden Abend, immer zwischen 21 Uhr und 21 Uhr 30, geht er noch einmal in das Gewächshaus. Es befindet sich etwa siebzig Schritte vom Wohnhaus entfernt im Westteil des Parks.«
    »Wie sieht der Park aus? Gibt es Möglichkeiten, sich zu verstecken?«
    »Er ist sehr gepflegt. Viel Buschwerk, alter Baumbestand, federnder Zierrasen. Auch einen Seerosenteich gibt es. Zwischen Wohn- und Gewächshaus steht noch eine Blockhütte. Sehr massiv und sehr geräumig. Nur ein Fenster und eine Tür. Sie dient als Geräteschuppen. Rasenmäher, Schläuche, Sprenganlagen, Sägen, Schubkarren und eine Unmenge Schaufeln, Hacken und Harken. Sogar elektrisches Licht ist gelegt.«
    »Du warst drin?«
    »Ja. Ich überredete Mabel, mir die Blockhütte zu zeigen. Und zwar mit der Begründung, daß ich mir so was auch zulegen wolle, wenn ich erst das entsprechende Grundstück habe.«
    »Wie lustig!« lächelte Ascot kalt.
    »Ich bin mir verdammt dreckig dabei vorgekommen, Ascot«, stieß Ben Murphy zwischen den Zähnen vor.
    »Das ehrt dich, Kleiner. Ein Zeichen, daß du noch nicht so verkommen bist wie ich. Auch ein Posten auf der Rechnung, die zu begleichen ich gewillt bin. Erzähl weiter...«

    Kurz vor 9 Uhr passierte der Wagen die Einfahrt zur Tiefgarage von Bentley & Lester in der Cromwell Road.
    Nur vier Minuten später verließ ein hellgrauer Morris mit Dachträger samt Leiter die Ausfahrt.
    Die Fahrt von Birmingham bis Burnley verlief reibungslos und glatt. Zwanzig Meilen hinter Burnley gerieten sie in einen Stau, verursacht von einem liegengebliebenen Tankwagen.
    Ab Garretstown leitete die Polizei sogar um. Das war der Beginn einer Schleichfahrt, die immer wieder durch Stopps unterbrochen wurde. Während Ben fluchend und zunehmend gereizter werdend den Wagen über teilweise miserable Straßen und durch winzige Ortschaften chauffierte, schien es, als genieße Ascot die nicht vorgesehene Verzögerung. Manchmal lehnte er sich zurück und hielt dabei die Augen geschlossen. Dann verzogen sich seine Lippen zu einer Art Lächeln. Es war eine Heiterkeit, die Ben schaudern ließ.
    Es begann zu dunkeln.
    Sie hatten Verspätung. Stunden Verspätung.
    Als sie den Stadtrand von Glasgow erreichten, war Mitternacht lange vorbei.
    Sie übernachteten im Auto auf einem großen, fast leeren Parkplatz neben dem Universitätsgebäude. Ben Murphy rollte sich auf dem Rücksitz zusammen, während Ascot schlaflos in die straßenbeleuchtete Nacht starrte, bis der Morgen graute.
    Um 10 Uhr lag bereits Dundee hinter ihnen.
    Es war noch zu früh, um jetzt schon bis Mountain Hill durchzufahren. Ben lenkte das Fahrzeug auf den Hof eines kleinen Landgasthofs.
    Die winzige, düstere und verräucherte Gaststube hatte nur zwei Gäste, Fischer in langschäftigen Gummistiefeln, die die Neuankömmlinge gleichermaßen ungeniert wie geringschätzig musterten. Anscheinend wurde ihr Benehmen von einem Widerwillen gegen Fremde bestimmt. Wenig später gingen sie — grußlos.
    Ben und Ascot blieben drei Stunden. Schweigend, rauchend, lesend. Zwischendurch servierte ihnen eine alte, verhutzelte Frau in dumpfer Gleichgültigkeit Fischsuppe und Weißbrot, später Tee.
    Kurz nach 13 Uhr setzten sie ihre Fahrt fort, hielten noch zweimal und trafen wenige Minuten nach 15 Uhr in Mountain Hill ein. Viele Angler begegneten ihnen. Sie trugen Ruten, Körbe und Kescher bei sich und steckten von der Nase bis zu den Knöcheln in Ölzeug. Anscheinend waren sie mit einem Kutter unterwegs gewesen.
    Das Hotel hieß »Belmore«, hatte nur einen Oberstock, etwa zwanzig Zimmer und machte ganz den Eindruck, als sei es ausschließlich für Angler gebaut. Kein Stück Wand, an dem nicht wenigstens ein präparierter Fisch, ein Netz oder eine Reuse hing. Es roch überall nach Fisch, die Speisekarte strotzte von Fischangeboten, und selbst die Bettwäsche roch nach frisch gefangenen Makrelen.
    Die Zimmer waren spartanisch einfach möbliert, die Fenster jedoch gingen durchweg zum Meer hinaus und gestatteten einen wunderbaren Blick auf den Hafen von Brakley. Mountain Hill und Brakley gingen sozusagen unauffällig ineinander über. Nur Eingeweihte wußten, daß der kleine Hafen nicht zu Mountain

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