Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lange Finger - flinke Beine

Lange Finger - flinke Beine

Titel: Lange Finger - flinke Beine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Ecke
Vom Netzwerk:
steht nichts davon, daß wir uns im Interesse der Firma auch noch erschießen lassen müssen.« Und zu Hopkins: »Bitte, bedienen Sie sich. Die goldenen Uhren dieser Generation befinden sich dort in der zweiten Schublade von oben.« Hopkins grinste von einem Ohr zum anderen, was die Enden seines Schnauzbartes in Bewegung brachte. »Ich liebe die Weisheit des Alters!« Dann griff er sich mit der Linken unter die Jacke und förderte zwei Paar Handschellen zutage. Er warf eine davon Huxley zu.
    »Verbinden Sie sich mit dem Winzling dort!« Und plötzlich trat Schärfe in seine Stimme. »Und zwar mit Tempo. Ich habe nicht die Absicht, hier selbst zur Antiquität zu werden.«
    Mit der zweiten Handschelle fesselte er die beiden Männer an den Heizkörper im hinteren Teil des Ladens.
    Während sich Huxley jede Einzelheit an dem falschen Polizisten einprägte, Desmond Bancroft seiner Wut und Verzweiflung durch lautes Stöhnen Ausdruck gab, ließ Hopkins ungerührt insgesamt neunzehn goldene Herrenuhren, eine brillantenbesetzte Damenarmbanduhr und 980 Pfund aus der Kasse in seiner Tasche verschwinden. Alles zusammen repräsentierte einen Versicherungswert von über 18 000 Pfund.
    Zum Abschied tippte er sich an die Mütze. »In genau einer Minute können Sie beginnen zu schreien. Nicht eher, Gentlemen, ich appelliere an Ihren Sportsgeist. Und eine Minute Vorsprung ist wirklich nicht zuviel verlangt — oder?«
    »Es wird mir ein Vergnügen sein, Ihnen im Gerichtssaal wiederzubegegnen!« zischte Desmond Bancroft dem Räuber zu, der, schon an der Tür, freundlich zurückblickte. »Da können Sie sehen, wie unterschiedlich >Vergnügen< ausgelegt wird. Ihnen macht ein Gerichtssaal Vergnügen, mir dagegen bereitet das hier«, er klopfte sich auf die Tasche, »vollendetes Vergnügen!«

Der 3. Akt

    15.32 Uhr.
    Im Erdgeschoß befand sich eine Apotheke, im ersten Stock residierte George Walkers Pfandleihe, täglich geöffnet von 9 bis 15 Uhr.
    Als Hopkins den sogenannten Schalterraum betrat, waren die beiden Kundenfenster mit den dicken Milchglasscheiben geschlossen. Dahinter jedoch hörte er Stimmen. Eine helle, etwas laute Männerstimme, und eine Frauenstimme, die sich weder durch besondere Zartheit noch durch ungewöhnlichen Wohlklang auszeichnete.
    Die Tür, die in den Innenraum der Pfandleihe führte, besaß auf dieser Seite keine Klinke. Hopkins klopfte gegen eine der Scheiben...
    Zu diesem Zeitpunkt stand die Polizei der Hauptstadt bereits köpf. Eine Großfahndung nach dem falschen Polizisten Gary Hopkins war in den beiden Stadtteilen, in denen dieser »zugeschlagen« hatte, angelaufen. Daß es Hopkins wagen würde, den zwei dreisten Überfällen noch einen dritten folgen zu lassen, daran dachte wohl niemand. Und doch war er bereits dabei, am anderen Ende von Dublin das Faß zum Überlaufen zu bringen.
    »Wir haben geschlossen!« erklang es unfreundlich von jenseits des Fensters, und es war das laute Organ des Mannes. Und die Frau schimpfte: »Ich denke, du hast draußen abgeschlossen, George? Ach, mein Gott, auf dich ist aber auch gar kein Verlaß.«
    »Kommen Sie morgen wieder!« rief George, bei dem es sich offensichtlich um George Walker, den Besitzer, handelte. »Machen Sie auf, hier ist die Polizei!« erwiderte Hopkins kühl und amtlich.
    Einige Sekunden lang herrschte tiefes Schweigen auf der anderen Seite, dann setzte ein wildes Getuschel ein. Als auch dieses wieder verstummte, wurde vorsichtig das linke Fenster, gegen das Hopkins geklopft hatte, um etwa zehn Zentimeter hochgeschoben. Ein Augenpaar spähte unten durch.
    »Es ist ein Constable, George!« rief die Lady dem George zu, und es klang Unbehagen in ihrer Stimme mit. Schritte erklangen, dann wurde die Tür geöffnet.
    George Walker schien vom Schöpfer in äußerst schlechter Laune geschaffen worden zu sein. Nichts an ihm war so, daß es den Betrachter hätte vor Neid erblassen lassen können.
    Da war die flache Stirn, die breite Nase, deren auslaufendes Endstück (bei Normalnasen Spitze genannt) derartig ausgeprägt nach oben zeigte, daß man einen Kleiderbügel hätte dranhängen können. Und die Ohren... die Ohren... Warum nur hatte Walker nie daran gedacht, sich diese Ohren operativ reparieren zu lassen? Blaß, knorpel- und ohrläppchenlos, standen sie im rechten Winkel von der Back- und Steuerbordseite seines Gesichtes ab. Sie luden nachgerade dazu ein, sie anzufassen, daran zu ziehen, sie zu schnipsen, zu Röllchen zu drehen oder gar ein Stück von ihnen

Weitere Kostenlose Bücher