Lange Finger - flinke Beine
Liste stehen. Aber jetzt«, Hopkins’ Stimme wurde forsch, »wollen wir an die Arbeit gehen. Zu lange kann ich es mir nicht leisten, nicht im Dienst zu sein!«
Wie auf Kommando drehten sich die Zwillinge um und strebten einem Ungetüm von Tresor zu, der schwer und irgendwie höhnisch grinsend in der äußersten Ecke stand. Ein paar Sekunden später schwenkte die dreißig Zentimeter starke Tür stöhnend und zischend auf, und George Walker griff nach einem nicht gerade kleinen Pappkarton. Noch bevor er ihn erreichte, zuckte er jedoch zusammen. Der Schrei war ihm durch Mark und Beinchen gegangen. Entsetzt starrte er zuerst auf seine Zwillingsschwester, die dastand, als sei sie zu Stein geworden, dann auf den riesigen Colt, dessen Lauf haargenau auf sein rechtes Ohr zielte.
Die eben noch umgängliche Stimme des Polizisten klirrte tiefgekühlt: »Noch ein solcher Jodler, Mylady, und ich bin gezwungen, Sie schlafen zu legen. Rechnen Sie also nicht damit, daß ich ein Gentleman bin. Ich bin keiner, ich bin ein Dieb!«
George hob die Hände und flehte: »Ich bitte Sie, gehen Sie nicht so hart mit meiner Schwester um. Sie hat einen Herzfehler. Jede Aufregung kann ihr schaden.«
»Kann, aber muß nicht, was?«
Der Lauf der Revolvers wanderte von George auf Margie und von der auf die Dielen.
»Hinsetzen!« befahl Hopkins laut und herrisch.
Die Zwillinge kamen der Aufforderung nach. Little George zähneknirschend, Margie schluchzend.
Ohne sich im einzelnen mit den Beutestücken zu beschäftigen, stopfte sich Hopkins den Inhalt des Pappkartons in die Taschen. Auch die beiden Geldpakete fanden eine neue Heimstatt in diversen Gesäß- und Hosentaschen.
Ein letzter Blick in den Tresor: ein Stapel Papiere und Bücher, nichts für einen Mann wie ihn.
Hopkins lachte den beiden zu, wieder umgänglich und freundlich. »Seid weiter fleißig. Vielleicht komme ich noch einmal zu Besuch...«
»Sie haben uns ruiniert!« flüsterte George zitternd.
»Was ist euch lieber, ihr beiden: Wenn ich euch zu Paketen zusammenschnüre und die Polizei telegrafisch bitte, euch wieder aufzuknoten, oder aber eurem Versprechen glaube, erst in zwei Minuten Alarm zu schlagen?«
»Bitte nicht fesseln!« hauchte Margie und versteckte ihre Hände hinter dem Rücken.
»Wir warten die zwei Minuten!« beteuerte George ihre Absicht.
»Das ist klug und vernünftig entschieden!« erwiderte Hopkins und wandte sich zum Gehen.
Georges Kalkulation auf rasche Hilfe über den Draht sank bereits nach den ersten drei Schritten des Räubers zu einem Häufchen Asche der Hoffnung zusammen. Da nämlich, als Gary Hopkins die Telefonzuleitung mit einem energischen Ruck aus der Dose riß...
Und doch war bereits zu diesem Zeitpunkt ein Ereignis eingetreten, von dem weder Gary Hopkins noch Margie und George Walker etwas ahnen konnten. Der Zufall in seiner abenteuerlichsten Form brachte mit Bob Walsh seine Hand ins Spiel.
Bob, ein Bursche von neunzehn, konnte noch so sparsam mit seinem Geld umgehen, es reichte ihm nie. Zwei Leidenschaften waren dafür verantwortlich: die zu seinem Motorrad und die zu seiner Freundin Mabel. Und so geschah es, daß er öfter, als es ihm lieb war, Dinge aus dem Haushalt seiner Großeltern ins Pfandhaus trug. Heute betrat er ausgerechnet in dem Augenblick den versehentlich noch offenen Vorraum der Pfandleihe, als Margie jenen Entsetzensschrei ausstieß, den Hopkins respektlos als »Jodler« bezeichnet hatte.
Nach mehreren Schrecksekunden schob sich Bob auf Zehenspitzen dem linken Schiebefenster zu, das unten nicht ganz auflag. Beim Näherkommen konnte er erkennen, daß ein liegengebliebener Bleistift das Aufliegen verhinderte.
Er ging in die Knie und bekam nun auch optisch mit, was seine Ohren vernahmen. Trotz des Kloßes im Hals beschloß er, so lange zu warten, bis ihm der Cop nicht nur den breiten Rücken, sondern auch mal das Gesicht zeigte.
Ja, und dann mußte er sich mehr als sputen, denn Gary Hopkins kam auf ihn zumarschiert!
Natürlich hätte Bob die ganze Umgebung zusammenschreien können. Doch wie viele wären dem Gauner angesichts des gewaltigen Schießeisens wirklich in den Weg getreten? Trotz Angstschweißausbruchs beschloß Bobby Walsh, eine andere Taktik einzuschlagen, eine, die nicht zahllose Akteure, sondern nur einen einzigen erforderte: ihn! Sekunden nachdem Hopkins in seinem blauen Ford verschwunden war, ließ auch Walsh seine Maschine an-springen.
Er folgte Hopkins, als sei er mit diesem durch ein unsichtbares
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