Langenscheidt Nachbar-Deutsch u Deutsch-Nachbar
Gebrauchsnutzen
Spaßfaktor
Stress- und Störfaktor
Ökofaktor
Am Einzug kann man sie erkennen: die künftige intellektuelle Elite des Landes. Auf ihrer Zwischenstation vor Ruhm, Anerkennung und Wohlstand. Oder vor der großen Zufriedenheit als lebenslang Intellektuelle mit Taxischein. Weit weg von ihrer harten Vorgängergeneration der 60er- und 70er-Jahre. Die zum Einzug noch Cannabispflanzen, linke Befreiungsideologien und freie Liebe mitbrachte.
Heute sind Studenten freundliche Weicheier mit Hochschulzugang und handfesten Karriereplänen: „In spätestens drei Jahren werde ich sowieso Juniorpartner in Vatis Kanzlei.“ Sie liefern weder Klassenkampf noch Haschischschwaden oder gar Krawall im Hausflur. Stattdessen haben sie Messing-Namensschilder an der Wohnungstür. Ihnen fehlt vieles, worüber sich Nachbarn früher richtig aufgeregt haben. Aber eben doch nicht alles: Auch heute schnorren sie sich – nicht nur die Lehramtsstudenten! – gekonnt durch ihre Nachbarschaft. Warum zu Aldi rennen, wenn der Mitbewohner doch alles kostenlos hat?
Pfiffige Nachbarn haben für derlei Anfragen immer ein paar freundliche Worte: „Unser Hund liebt neuerdings Pinienkerne. Alle weg. Und das kalt gepresste Olivenöl ist so gut für sein Fell, ist auch schon wieder leer. Sorry!“ Tür zu. Oder: „Der ganze leckere Landwein … verdorben! Was für ein Drama! Wussten Sie, dass sogar Schraubverschlüsse korken können!?“ Studenten sind nicht blöd, die merken nach dem dritten erfolglosen Versuch, dass nix mehr geht und sie wieder selbst Kohle scheffeln müssen!
Auch mancher Studentenkühlschrank ist immer noch ein beliebter Vollkomposter, in dem sich aus abgelaufenen Lebensmitteln ständig neues Leben entwickelt ... Über nichts stolpert man außerdem in der Waschküche lieber als über miefige Waschkörbe der studentischen Nachbarn. Oben drauf die Joggingsocken, von denen sogar abgehärtete Hausfliegen röchelnd Abstand nehmen. Zu ganz neuem Gebrauchsnutzen werden dann die modernen Waschmaschinen der Nachbarschaft erweckt, wenn die Studenten in Nacht-und-Nebel-Aktionen ihre Schmutzwäsche mit den hochwertigen Waschmitteln ihrer Nachbarn waschen. Funktioniert prima und spart zusätzlich teuren eigenen Strom!
Noch stressiger als pfiffige Studenten sind aber die, die ihre Nachbarn zu Ersatzeltern machen wollen: Sie fordern eine Rundumbetreuung. Problemkinder mit Lebens-, Distanz- und Diskretionsdefiziten. Mit einem Bein nur halb im Leben und deshalb mit der Hand Tag und Nacht an Nachbars Klingelknopf. Das fängt meist ganz harmlos mit dem freundlichen Standardsatz „Ich hab da ein Problem …“ an. Wem das als Nachbar täglich 50-mal passiert, der rafft schnell, warum der nette Student von nebenan nicht zu Hause raus wollte – aber unter Androhung von Gewalt zum Auszug gezwungen wurde.
Hinweis: Wer nicht gerne als unbezahlter Sozialtherapeut, Hotelpage oder Ersatzmama arbeiten will, der verweist einfach auf so nützliche Internetseiten wie www.frag-mutti.de, www.heimwerkertipps.net, www.my-hammer.de und www.haltbarkeit.net.
Zu guter Letzt gibt es noch eine andere Sorte von studentischen Nachbarn: die normal Sozialisierten! Sie liefern die unangepasste intellektuelle Würze in der Hausgemeinschaft. Und einen guten Teil Entspanntheit sowie spezifisches Know-how zum Leben und Überleben im Heute und Morgen. Denn mit wem ließe sich der gesellschaftliche Wandel hin zur Nachhaltigkeit besser diskutieren als mit ihnen? Zumal sie auch im Bereich moderner Kommunikationsmittel hilfreiche Experten sind. Wer so ein Prachtexemplar in der Nachbarschaft hat, der wünscht sich keine kürzeren Regelstudienzeiten für den akademischen Nachwuchs …
Nachbar zum Studenten
Deutsch
„Wie lange dauert denn Ihre Regelstudienzeit?“
Gut zu wissen, wann wir dich wieder los sind!
„Aldi hat gerade Waschmittel im Angebot!“
Kauf ’ne Palette voll und mach endlich sauber!
„Und das ist echter Geweihfarn?“
Alleine heimlich kiffen macht einsam!
„Alle Waschmaschinen bekommen neue Verbrauchszähler!“
Make my day, Student!
Nachtaktive Singles
Ganz selten einsam und immer wahnsinnig aktiv. Vor allem, wenn es dunkel ist.
Nachbar-Schnellcheck: nachtaktive Singles
Handwerklicher Gebrauchsnutzen
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Spaßfaktor
Stress- und Störfaktor
Ökofaktor
Nachbarschaftlicher Gesamtnutzen
Sie sind eine für die Nachbarschaft unberechenbare Laune der Natur. Mutationen der harmlosen Singlevariante. Bei ihnen steht ab
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