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Langoliers

Titel: Langoliers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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und Selbstbeherrschung gewonnen. Sie stellte sich auf Zehenspitzen und gab Nick einen Kuss auf den Mund.
    »Danke«, sagte Nick ernst.
    »Du wolltest aufhören. Du hattest dich entschieden. Und wenn er nicht zuhören will, soll ich ihn an den Tag erinnern, als du die Gänseblümchen gebracht hast. Alles richtig?«
    Er grinste. »Perfekt, Liebes. Perfekt.« Er umarmte sie mit dem linken Arm und küsste sie wieder lang und heftig. Als er sie losließ umspielte ein sanftes, nachdenkliches Lächeln seinen Mund. »Das ist ein hervorragender Abschied«, sagte er. »Richtig. Verdammt richtig.«
     
27
     
    Drei Minuten später schaltete Brian den Bordfunk ein. »Albert? Laurel? Rudy? Bethany? Ich senke jetzt den Druck. Überprüfen Sie Ihre Gurte.«
    Sie gehorchten. Albert wartete nervös auf ein Geräusch – beispielsweise das Zischen ausströmender Luft –, aber lediglich das konstante Dröhnen der Maschinen war zu hören. Er fühlte sich wacher denn je.
    »Albert?« sagte Bethany mit leiser, ängstlicher Stimme. »Würdest du mich bitte in den Arm nehmen?«
    »Ja«, sagte Albert. »Wenn du mich in den Arm nimmst.«
    Hinter ihnen betete Rudy Warwick wieder den Rosenkranz. Auf der anderen Seite des Gangs hielt Laurel Stevenson die Armlehnen des Sitzes umklammert. Sie konnte immer noch den warmen Druck von Nick Hopewells Lippen auf dem Mund spüren. Sie hob den Kopf, betrachtete das Gepäckfach oben und fing an, tief und gleichmäßig zu atmen. Sie wartete darauf, dass die Masken herunterfielen, was neunzig Sekunden später geschah.
    Vergiss auch das mit dem Tag in Belfast nicht, dachte sie. Hinter der Kirche. Eine Buße, hat er gesagt. Eine …
    Mitten in diesem Gedanken schwebte ihr Denken davon.
     
28
     
    »Sie wissen, was Sie machen müssen?« fragte Brian noch einmal. Er sprach mit verträumter, pelziger Stimme. Vor ihnen schwoll der Zeitriss erneut jenseits der Cockpitfenster an und breitete sich über dem Himmel aus. Er wurde jetzt von der Dämmerung erhellt, und eine fantastische Ansammlung neuer Farben wirbelte schwamm und strömte schließlich in seine unheimlichen Tiefen.
    »Ich weiß es«, sagte Nick. Er stand neben Brian, und seine Stimme wurde von der kantigen Sauerstoffmaske gedämpft, die er trug. Seine Augen über dem Gummisiegel waren ruhig und klar. »Keine Angst, Brian. Alles ist bombensicher. Schlafen Sie. Angenehme Träume und so weiter.«
    Brian entschlummerte langsam. Er konnte spüren, wie er einschlief … und trotzdem klammerte er sich ans Wachsein und sah in den riesigen Bruch in der Beschaffenheit der Wirklichkeit. Er schien sich den Cockpitfenstern entgegenzuwölben und nach dem Flugzeug zu greifen. Es ist so schön, dachte er. O Gott, so wunderschön!
    Er spürte, wie die unsichtbare Hand das Flugzeug wieder packte und vorwärts zog. Diesmal gab es keine Umkehr.
    »Nick«, sagte er. Jetzt kostete es immense Anstrengung zu sprechen; ihm war, als wäre sein Mund hundert Meilen vom Gehirn entfernt. Er hielt die Hand hoch. Sie schien sich am Ende eines langen, weichen Arms von ihm wegzustrecken.
    »Schlafen Sie«, sagte Nick und nahm seine Hand. »Kämpfen Sie nicht dagegen an, wenn Sie mich nicht begleiten wollen. Es dauert jetzt nicht mehr lange.«
    »Ich wollte Ihnen nur sagen … danke.«
    Nick lächelte und drückte Brians Hand. »Gern geschehen, mein Freund. Ein Flug, den ich nie vergessen werde. Auch ohne den Film und die kostenlosen Mimosen.«
    Brian sah wieder zu dem Riss. Jetzt strömte ein Fluss prachtvollster Farben in ihn hinein. Sie bildeten Spiralen … vermischten sich … und schienen vor seinen benommenen, staunenden Augen Worte zu bilden:
    NUR FÜR STERNSCHNUPPEN
    »Sind wir … das?« fragte er neugierig, und jetzt schien seine Stimme aus einem anderen Universum zu kommen. »Sind wir Sternschnuppen?« Die Dunkelheit verschluckte ihn.
     
29
     
    Jetzt war Nick allein; der einzig wache Mensch an Bord von Flug Nr. 29 war ein Mann, der einmal drei Jungs hinter einer Kirche in Belfast niedergeschossen hatte, drei Jungs, die mit dunkel bemalten Kartoffeln geworfen hatten, damit sie wie Handgranaten aussahen. Warum hatten sie so etwas Verrücktes gemacht? Er hatte es nie herausgefunden.
    Er hatte keine Angst, aber eine grenzenlose Einsamkeit erfüllte ihn. Das Gefühl war nicht neu. Dies war nicht die erste Wache, die er allein durchstand und bei der er das Leben anderer in Händen hielt.
    Vor ihm kam der Riss näher. Er ließ die Hand auf den Rheostat sinken, mit dem man den

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