Langoliers
erledigt haben, sonst wäre Brian jetzt nicht wach.
Er griff hastig nach dem Funkgerät.
»LAX Bodenkontrolle, hier spricht American-Pride-Flug Nr … .« Er verstummte. Was für ein Flug waren sie? Er konnte sich nicht erinnern. Der Nebel war im Weg.
»Neunundzwanzig – oder nicht?« sagte eine benommene, brüchige Stimme hinter ihm.
»Danke, Laurel.« Brian drehte sich nicht um. »Und jetzt schnallen Sie sich wieder an. Ich muss wahrscheinlich ein paar Tricks mit dieser Maschine anstellen.«
Er sprach wieder ins Mikro.
»American-Pride-Flug Nr. 29, wiederhole, zwo-neun. May-day, Bodenkontrolle, ich melde hier einen Notfall. Bitte machen Sie eine Landebahn frei, ich komme Richtung 85 und habe keinen Treibstoff mehr. Stellen Sie einen Schaumlöschwagen bereit und …«
»Ach, hören Sie auf«, sagte Laurel düster hinter ihm. »Hören Sie doch auf.«
Da wirbelte Brian herum, achtete nicht auf die bohrenden Schmerzen im Kopf und die Blutspritzer, die aus seiner Nase stoben. »Setzen Sie sich, gottverdammt!« fauchte er. »Wir kommen ohne Vorankündigung in dichten Flugverkehr. Wenn Sie sich nicht den Hals brechen wollen …«
»Da unten ist kein dichter Flugverkehr«, sagte Laurel mit derselben düsteren Stimme. »Kein dichter Verkehr, keine Schaumlöschwagen. Nick ist umsonst gestorben, und ich bekomme nie die Chance, seine Nachricht zu überbringen. Überzeugen Sie sich selbst.«
Brian gehorchte. Und obwohl sie mittlerweile über den Außenbezirken von Los Angeles waren, sah er nichts als Dunkelheit.
Es war niemand da unten, schien es.
Überhaupt niemand.
Hinter ihm brach Laurel Stevenson in ein hartes, wütendes Schluchzen des Entsetzens und der Hilflosigkeit aus.
31
Ein langes weißes Passagierflugzeug kreiste langsam sechzehn Meilen östlich des Los Angeles International Airport über dem Boden. 767 stand in großen, stolzen Ziffern auf dem Heck. Auf dem Rumpf waren die Worte AMERICAN PRIDE mit schrägen Buchstaben geschrieben, die Geschwindigkeit ausdrücken sollten. Auf beiden Seiten des Bugs befand sich ein großer roter Adler, dessen Schwingen mit blauen Sternen besetzt waren. Wie das Flugzeug, auf das er aufgemalt war, schien auch der Adler zur Landung anzusetzen.
Das Flugzeug warf keinen Schatten über das verlassene Straßennetz, über das es hinwegflog; die Dämmerung war immer noch eine Stunde entfernt. Unter ihm bewegte sich kein Auto, brannte keine Straßenlaterne. Unten war alles stumm und reglos. Vor dem Flugzeug leuchtete kein Startbahnlicht.
Der Bauch des Flugzeugs glitt auf. Das Fahrgestell klappte herunter und entfaltete sich. Es rastete ein.
American-Pride-Flug Nr. 29 senkte sich über L.A. herab. Das Flugzeug schwenkte sachte nach rechts; Brian konnte den Kurs jetzt visuell korrigieren, was er auch tat. Sie kamen über eine Gruppe Flughafenmotels, und einen Augenblick konnte Brian das Monument sehen, welches in der Nähe des Terminalkomplexes stand, eine anmutige dreibeinige Konstruktion mit geschwungenen Beinen und einem Restaurant in der Mitte. Sie kamen über einen kurzen Streifen abgestorbenen Grases, dann entrollte sich die Landebahn zehn Meter unter dem Flugzeug.
Diesmal war keine Zeit, die 767 sanft zu landen; Brians Treibstoffanzeigen standen auf Null, und der Vogel war im Begriff, Zicken zu machen. Er landete hart, wie ein Schlitten voller Backsteine. Der Aufprall schlug ihm die Zähne zusammen, seine Nase fing wieder an zu bluten. Der Sicherheitsgurt blockierte. Hinter ihm schrie Laurel auf.
Dann hatte er die Klappen gestellt und ging auf vollen Gegenschub. Sie machten immer noch etwas mehr als hundert Stundenmeilen, als zwei der Schubdüsen aussetzten und das rote Warnlicht MASCHINENAUSFALL aufleuchtete. Er griff nach dem Bordfunkschalter.
»Festhalten! Wir kriegen Probleme. Festhalten!«
Schubdüsen drei und vier hielten noch einen Augenblick länger durch, dann fielen auch sie aus. Flug Nr. 29 raste in grässlicher Stille die Landebahn entlang und wurde nur noch von den Landeklappen gebremst. Brian sah hilflos zu, wie die Betonrollbahn unter dem Flugzeug davon rollte und das Wirrwarr der Taxiways näher kam. Und direkt voraus stand ein Pendlerjet von Pacific Airways.
Die 767 machte immer noch mindestens fünfundsechzig Meilen. Brian lenkte sie nach rechts und lehnte sich mit jedem Gramm seines Körpergewichts auf den toten Steuerknüppel. Das Flugzeug reagierte träge, und er rollte mit nur eineinhalb Metern Zwischenraum an dem geparkten Jet vorbei.
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