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Langoliers

Titel: Langoliers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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deshalb Folge geleistet, weil sie dachte, der Anblick von Ted könnte ihn endgültig ausrasten lassen, wenn er wirklich im Begriff stand, so etwas zu tun.
    Der Gedanke an Mord war ihr nie durch den Kopf gegangen, auch jetzt nicht. Nicht einmal damals, als er an jenem schrecklichen Nachmittag im Motel die Pistole auf sie gerichtet hatte, hatte sie Angst gehabt. Nicht davor. Mort war kein Killer.
    »Mort? M …«
    Sie kam um die Küchentheke, und das Wort blieb ihr im Halse stecken. Sie betrat das große Wohnzimmer mit aufgerissenen, fassungslosen Augen. Überall war Papier verstreut. Es sah aus, als hätte Mort sämtliche Kopien sämtlicher Manuskripte aus seinen Schreibtischschubladen und Akten schränken geholt und die Seiten hier verstreut wie Konfetti bei einem schwarzen Neujahrsfest. Auf dem Tisch stapelten sich schmutzige Teller. Die Silex lag zerschmettert auf dem Boden vor der Fensterwand, die einen Sprung hatte.
    Und überall, überall, überall, stand ein Wort. Das Wort war SHOOTER.
    SHOOTER war mit bunter Kreide, die er aus ihrem Vorrat an Zeichenutensilien geholt haben musste, auf die Wände geschrieben. SHOOTER war mit etwas, das wie trockene Schlagsahne aussah, zweimal auf die Scheibe gesprüht worden – ja, da lag die Reddi-Whip-Sprühdose achtlos unter dem Ofen. SHOOTER war immer wieder mit Tinte auf die Arbeitsplatten in der Küche gekritzelt worden und mit Bleistift auf die Holzbalken der Veranda – eine fein säuberliche Reihe wie zum Addieren, die schnurgerade bis nach unten verlief: SHOOTER SHOOTER SHOOTER SHOOTER.
    Am schlimmsten, es war in unregelmäßigen, neunzig Zentimeter großen Buchstaben in die Tischplatte aus poliertem Kirschholz geschnitzt worden wie eine groteske Liebeserklärung: SHOOTER.
    Der Schraubenzieher, mit dem Mort letzteres gemacht hatte, lag in der Nähe auf einem Sessel. An dem Stahlschaft befand sich etwas Rotes – Flecken vom Kirschbaumholz, vermutete sie.
    »Mort?« flüsterte sie und sah sich um.
    Jetzt hatte sie Angst, er könnte Hand an sich selbst gelegt haben. Und wo? Nun, selbstverständlich im Arbeitszimmer. Wo sonst? Dort hatte er die wichtigsten Abschnitte seines Lebens verbracht; er hatte ganz sicher beschlossen, dort zu sterben. Sie verspürte nicht den Wunsch, dort hineinzugehen, nicht den Wunsch, diejenige zu sein, die ihn fand, dennoch trugen ihre Füße sie in diese Richtung. Unterwegs kickte sie die Ausgabe von EQKM, die Herb Creekmore geschickt hatte, aus dem Weg. Sie sah nicht nach unten. Sie kam zur Tür des Arbeitszimmers und stieß sie langsam auf.

 
48
     
    Mort stand vor seiner alten Royal-Schreibmaschine; Bildschirm und Tastatur seines Textcomputers lagen in einem Bouquet aus Glas auf dem Boden. Er sah auf seltsame Weise wie ein Landpfarrer aus. Teilweise lag das an der Haltung, die er eingenommen hatte, vermutete sie; er stand fast kerzengerade mit hinter dem Rücken verschränkten Händen da. Aber größtenteils lag es an dem Hut. Dem schwarzen Hut, den er heruntergezogen hatte, bis er fast auf den Ohren aufsaß. Sie fand, dass er ein wenig Ähnlichkeit mit dem Mann auf dem Bild ›American Gothic‹ hatte, obwohl der Mann auf diesem Bild keinen Hut trug.
    »Mort?« fragte sie. Ihre Stimme klang schwach und unsicher.
    Er antwortete nicht, starrte sie nur an. Seine Augen waren grimmig und glänzend. Sie hatte Morts Augen noch nie so gesehen, nicht einmal an diesem schrecklichen Nachmittag im Motel. Es war fast, als wäre das überhaupt nicht Mort, sondern ein Fremder, der wie Mort aussah.
    Aber sie kannte den Hut.
    »Wo hast du denn das alte Ding gefunden? Auf dem Dachboden?« Ihr Herzschlag war in ihrer Stimme zu hören und machte sie schwankend.
    Er musste ihn auf dem Dachboden gefunden haben. Der Geruch von Mottenkugeln war selbst dort, wo sie stand, deutlich wahrzunehmen. Mort hatte den Hut vor Jahren in einem Souvenirladen in Pennsylvania gekauft. Sie waren durch das Land der Amish gereist. Sie hatte einen kleinen Garten beim Haus in Derry angelegt, in dem Winkel, wo das Haus und der Arbeitszimmeranbau zusammentrafen. Es war ihr Garten, aber Mort war oft zum Jäten hinausgegangen, wenn ihm kein Einfall kommen wollte. Dabei hatte er diesen Hut getragen. Er nannte ihn seine Denkerkappe. Sie erinnerte sich, einmal hatte er sich im Spiegel betrachtet, als er ihn aufhatte, und gewitzelt, so sollte er einmal ein Foto für einen Buchumschlag von sich machen lassen. »Wenn ich den aufhabe«, hatte er gesagt, »sehe ich aus wie ein Mann, der auf

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