Langoliers
es ist zu wissen, dass Sie immer noch da sind, leben, sich wohl fühlen und darauf warten, an einen anderen Ort gebracht zu werden – möglicherweise einen Ort, wo die Wände Augen und die Bäume Ohren haben und etwas wirklich Unangenehmes versucht, vom Dachboden dorthin herunterzukommen, wo die Menschen sind. Dieses Ding interessiert mich immer noch … aber neuerdings glaube ich, die Menschen, die darauf warten, oder auch nicht, interessieren mich mehr.
Bevor ich gehe, sollte ich Ihnen noch verraten, wie das Baseballspiel ausgegangen ist. Die Brewers haben die Red Sox geschlagen. Clemens hat es Robin Yount am Schläger zunächst einmal gegeben … aber dann hat Yount (der Ned Martin zufolge schon Abner Doubleday geholfen hat, die ersten Foul-Linien zu ziehen) dem Grünen Monster im linken Feld einen Hochwurf abgetrotzt und zwei Home Runs geschafft.
Ich glaube, Robin ist mit dem Spielen noch lange nicht am Ende.
Ich auch nicht.
Bangor, Maine
Juli 1989
LANGOLIERS
Für Joe, der beim Fliegen auch immer
weiße Knöchel hat
VORBEMERKUNG ZU ›LANGOLIERS‹
Mir fallen Geschichten an den verschiedensten Orten und Zeiten ein – im Auto, unter der Dusche, beim Spazierengehen, sogar während ich auf Partys herumstehe. Ein paar Mal sind mir Geschichten in Träumen eingefallen. Aber ich schreibe selten eine auf, gleich nachdem mir der Einfall gekommen ist, und ich habe kein ›Ideen-Notizbuchs‹. Einfälle nicht aufzuschreiben, ist Training für das Erinnerungsvermögen. Ich habe viele Einfalle, aber nur ein kleiner Prozentsatz taugt etwas, daher verwahre ich sie alle in einer Art geistigem Speicher. Dort vernichten sich die schlechten mit der Zeit selbst, wie das Tonband am Anfang jeder Folge von Kobra: Übernehmen Sie. Mit den guten ist das nicht so. Jedes Mal, wenn ich die Schublade aufziehe und nachsehe, was noch drinnen ist, sieht mich diese kleine Handvoll guter Einfälle an, jeder mit seinem, ureigenen strahlenden Kern.
Bei ›Langoliers‹ war dieses zentrale Bild das einer jungen Frau, die eine Hand auf einen Riss in der Hülle eines Linienflugzeugs drückt.
Es nützte nichts, dass ich mir einredete, ich wüsste zu wenig über Linienflugzeuge; genau das habe ich nämlich versucht, aber das Bild war jedes Mal da, wenn ich die Schublade aufmachte, um einen neuen Einfall hineinzuwerfen. Es kam soweit, dass ich sogar das Parfüm dieser Frau riechen konnte (es war L’Envoi), ihre grünen Augen sah und ihren ängstlichen, hastigen Atem hörte.
Eines Nachts, als ich im Bett lag und kurz vor dem Einschlafen war, wurde mir klar, dass diese Frau ein Geist war.
Ich weiß noch, wie ich mich aufgesetzt, die Füße aus dem Bett geschwungen und eine Weile so dagesessen habe, ohne an viel zu denken … jedenfalls nicht an der Oberfläche. Darunter aber war der Bursche, der die Arbeit in Wirklichkeit für mich erledigt, emsig dabei, sich Arbeitsfläche freizuschaffen und Vorkehrungen zu treffen, die Maschinen wieder in Gang zu setzen. Am nächsten Tag fing ich – oder er – damit an, die Geschichte zu schreiben. Es dauerte etwa einen Monat, und die Arbeit ist mir sehr leicht gefallen, denn die Geschichte entfaltete sich beim Schreiben einfach und natürlich. Manchmal kommen Geschichten und Babys fast ohne Geburtswehen auf die Welt, und bei dieser Geschichte war es so. Weil sie ein ähnlich apokalyptisches Flair besitzt wie einer meiner früheren Kurzromane mit dem Titel ›Der Nebel‹, habe ich jedes Kapitel auf dieselbe altmodische Rokoko-Weise überschrieben. Am Ende dieser Geschichte hatte ich ein fast ebenso gutes Gefühl wie am Anfang … was selten vorkommt.
Normalerweise recherchiere ich schlampig, aber dieses Mal habe ich mich wirklich bemüht, meine Hausaufgaben zu machen. Drei Piloten – Michael Russo, Frank Soares und Douglas Dämon – haben mir geholfen, dass ich die Fakten auf die Reihe bekam. Zudem sollte ich dem Personal von Delta Airlines danken, die mir gestattet haben, in einem echten 767er Düsenflugzeug herumzustöbern. Als ich versprochen hatte, nichts kaputtzumachen, waren sie wirklich gute Sportsfreunde.
Habe ich alles richtig gemacht? Ich bezweifle es. Nicht einmal dem großen Daniel Dafoe ist das gelungen; in Robinson Crusoe zieht sich unser Held nackt aus, schwimmt zu dem Schiff, von der er gerade entkommen ist … und füllt sich die Taschen mit allem, was er zum Überleben auf seiner einsamen Insel braucht. Und dann gibt es da einen Roman (Titel und
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