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Langweiler leben länger - über die wahren Ursachen eines langen Lebens

Langweiler leben länger - über die wahren Ursachen eines langen Lebens

Titel: Langweiler leben länger - über die wahren Ursachen eines langen Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gütersloher Verlagshaus
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hier nur einige besonders prominente Beispiele aus der älteren Kulturgeschichte genannt. Im Rock’n-Roll der 70er-Jahre zelebrierte man genüsslich das Motto »Live fast, die early«, und das ist offenbar laut einer amerikanischen Studie ein Spruch, der nicht nur dahingesagt ist, sondern bis heute dem Lebensstil der Pop-Musik entspricht.
    Ein Forscherteam unter Mark Bellis von der Universität Liverpool analysierte die Lebensläufe von 1064 Größen des Pop, die zwischen 1956 und 1999 berühmt wurden und deren Alben bei der Jahrtausendwende auf der Liste der All time Top 1000 rangierten. Auf diese Weise kamen jung verstorbene Rock’n-Roller der ersten Stunde wie Elvis Presley und Janis Joplin genauso in die Statistik wie Kurt Cobain, Freddie Mercury und andere Frühverstorbene der jüngeren Pop-Geschichte.
    Bellis ermittelte für die nordamerikanischen Stars eine durchschnittliche Lebenserwartung von 42 Jahren, und ihre Kollegen aus Europa kommen sogar nur auf 35 Jahre. »Die Pop-Stars haben nach dem Erlangen ihres Ruhms ein etwa doppelt so hohes Sterberisiko wie andere Menschen«, so der Epidemiologe. Die Ursachen für das frühe Ableben reichen von Selbstmord über AIDS bis zu Autounfällen, doch sie spielen allenfalls eine Nebenrolle gegenüber dem Drogen-Konsum, der für mehr als jeden vierten Todesfall verantwortlich ist.
    Die Stars der Musik-Branche sind also tatsächlich, wie es das Klischee will, in starkem Maße anfällig für Drogen. Elvis Presley konsumierte in seinen letzten drei Lebensjahren 18000 Einheiten Amphetamine sowie Beruhigungs- und Betäubungsmittel, und auch Michael Jackson starb an der Überdosis eines Mittels, das normalerweise zur Narkose eingesetzt wird.
    Doch der immense Drogen-Konsum muss ja irgendeinen Grund haben – und hier kommen wieder Chaos und fehlende Richtschnüre ins Spiel. So vermutet Bellis, dass die überknallte
und überimpulsive Musik-Szene ihre Hauptdarsteller zur Sucht treibt: »Pop-Stars müssen ein enorm hohes Maß an Stress aushalten.« Der renommierte Pop-Experte Paul Stokes gibt außerdem zu bedenken, dass ein aufgehender Stern am Musikerhimmel »gerade in den ersten Jahren enorm kämpfen muss, um sich durchsetzen zu können«. Da sei die Verführung groß, zu leistungssteigernden Drogen zu greifen.
    Der Göttinger Psychiater Borwin Bandelow sieht hingegen in den inneren, charakterlichen Dispositionen der Musiker einen Hauptkeim für deren Probleme: Nicht der Show-Rummel mache sie psychisch auffällig, sondern viele würden es nur deshalb nach oben schaffen, weil sie eben nicht »normal« seien. »Sie zeigen die Merkmale einer Borderline-Störung: Depressionen, Suizidversuche, Selbstverletzungen, ein Hang zu Drogen und Impulskontrollstörungen«, so der Angst-Experte. Hinzu kämen Bindungsängste sowie eine dauernde Unzufriedenheit, »ein Gefühl der Leere, das die Betroffenen ständig durch neue Kicks zu vertreiben suchen«. Mit anderen Worten: Mit mehr Stabilität und Strukturen im Alltag wären all die jungen Genies des Pop weniger den Drogen zum Opfer gefallen und dadurch deutlich älter geworden – aber dann wären sie möglicherweise auch nicht berühmt geworden. Man kann eben nicht alles haben.
    Genial bis ins hohe Alter
    Glücklicherweise gibt es genügend Beispiele, wie man als Künstler und Musiker steinalt werden und trotzdem in die Geschichte eingehen kann. So wurde Pablo Picasso beinahe 92 Jahre alt, was sicherlich auch daran lag, dass sein Leben von zahlreichen Ritualen stabilisiert wurde. So offen er in der Kunst für neue Wege und Ideen war, so konservativ verhielt er sich in der Gestaltung seines Alltags. So musste sein Hut
immer an der gleichen Stelle liegen, wobei diese Pedanterie, wie seine Lebensgefährtin Françoise Gilot erzählte, weniger einem peniblen Ordnungssinn als einem ausgeprägtem Aberglauben entsprang: »Wenn ich seinen Hut auf das Bett warf, wie ich es oft tat, bedeutete das nicht einfach, dass sein Hut am falschen Platz war; es bedeutete, dass jemand in diesem Hause sterben würde, noch bevor das Jahr zu Ende ging.« Auch das gehört sicherlich in die Kategorie des Aberglaubens. Aber für den lebensverlängernden Effekt von Ritualen ist es letzten Endes egal, aus welchem Motiv sie gespeist werden. Und sie unterfütterten offenbar auch Picassos gewaltige Kreativität. Als er am 10. April 1973 an einem Herzinfarkt starb, hinterließ er fast 2000 Gemälde, über 7000 Zeichnungen und mehr als 1200 Skulpturen.
    Picassos

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