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Langweiler leben länger - über die wahren Ursachen eines langen Lebens

Langweiler leben länger - über die wahren Ursachen eines langen Lebens

Titel: Langweiler leben länger - über die wahren Ursachen eines langen Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gütersloher Verlagshaus
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den Tod nach hinten schiebt. Die aktuelle Studienlage deutet vielmehr darauf hin, dass ein Sportler nur ein bis zwei Jahre länger lebt. Das ist erstens nicht sehr viel und entspricht ungefähr der Zeit, die er insgesamt beim Training verschwitzt hat, und könnte zweitens auch daran liegen, dass er im Vornherein gesünder ist als andere und daher überhaupt erst in die Lage versetzt wird, sich auf der Joggingpiste oder im Fitnessraum zu betätigen. In diesem Fall aber wäre der Sport nur die Folge eines Umstandes, der allein für sich genommen schon lebensverlängernd ist, ohne dass der betreffende Mensch körperlich aktiv geworden wäre.
    Das Leben ist nun einmal komplex, und deswegen fällt es schwer, einen überragenden Faktor der Lebensverlängerung direkt dingfest machen zu können. Und doch gibt es ihn. Er steckt als treibende Kraft hinter all den bekannten Faktoren, die gemeinhin als lebensverlängernd wirken. Denn Sport, bewusste Ernährung, Religiosität und selbst die Ehe wirken nur dann lebensverlängernd, wenn man sie mit einem festen und nachhaltigen Willen betreibt. Wer schafft es, mit dem Rauchen aufzuhören? Wer kann sich mindestens drei Mal pro Woche zum Yoga oder Jogging durchringen? Wer ist hart genug gegen
sich selbst, um ohne Impulskauf an der Pizza-Bude oder dem Süßwarenregal im Supermarkt vorbeizugehen? Wer hält sich im Fall einer schweren Krankheit konsequent an die Therapievorschriften der Ärzte? Und wer bringt die Voraussetzungen für einen treuen Ehepartner und religiösen Gottesdienstgänger mit? Es ist derjenige, der die so genannten Sekundärtugenden mitbringt: Selbstdisziplin, Gewissenhaftigkeit, Ordnungsliebe, Entschlusskraft, Beharrlichkeit, Krisenfestigkeit und Zielorientierung. Diese Charaktereigenschaften machen es überhaupt erst möglich, dass solche Faktoren wie Sport, Ehe und Religiosität ihre lebensverlängernden Wirkungen entfalten können. Ganz zu schweigen davon, dass sie auch auf direktem Wege die Gesundheit stabilisieren und damit das Sterberisiko verringern können.
    So fanden Wissenschaftler heraus, dass in den Hirnen disziplinierter Menschen mehr Glückshormone kursieren und dass krisenfeste, also resiliente Leute seltener unter Depressionen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen leiden. Wer zuverlässig ist, flutet seinen Körper weniger mit Stresshormonen, und das schont Blutgefäße, Immunsystem und Magenwände. Ähnliches gilt auch für die Entschlusskraft, denn ihr Gegenteil, das Zaudern, ist eine Form der Angst, die ja ebenfalls den Stresshormonpegel nach oben treibt.
    Das wesentliche Merkmal aller Sekundärtugenden aber ist, dass sie Körper und Psyche in Ordnung halten und dadurch verhindern, dass man sich verausgabt und erschöpft. Überall in der belebten Natur verhält es sich so, dass derjenige am längsten lebt, der mit seinen Kräften hauszuhalten versteht. Nicht umsonst lebt die gemütliche Riesenschildkröte länger als die hektische Spitzmaus, und dies gilt auch für den Menschen. Wer alles anfängt und nie zu Ende bringt, wer ständig zu spät zu Terminen kommt, sich beim Üben für das Examen ablenken und beim Gang durch den Supermarkt von Impulskäufen leiten lässt, verschwendet nicht nur Zeit und Geld, sondern auch seine körperlichen und psychischen Reserven.
Wer ständig Überstunden macht und sich bei der Arbeit verausgabt, anstatt pünktlich Feierabend zu machen und in der Freizeit abzuschalten, landet am Ende im berüchtigten Burn-out mit möglicherweise verheerenden Folgen für seine Gesundheit. Womit gleichsam deutlich wird, dass Selbstdisziplin nichts damit zu tun hat, dass man mehr aus sich herausholt als das, was möglich ist; vielmehr besteht ihr Sinn darin, dass man genau das aus sich herausholt, was notwendig ist – und dadurch am Ende erreicht, was möglich ist.
    Das Problem ist jedoch: Sekundärtugenden haben derzeit ein schlechtes Image. Wer es bis zum Burn-out gebracht hat, der hat immerhin einmal gebrannt, es loderte mal ein Feuer in ihm. Er hat versucht, alles aus sich herauszuholen, und so etwas hat heute in einer vom Leistungsstreben befeuerten Gesellschaft einen hohen Wert. Genauso wie es einen hohen Wert hat, dass man sich nach allem Aus-Sich-Herausholen mit ebenso ungezügeltem Konsum belohnen darf. Wer bis zum Umfallen arbeitet, darf sich auch bis zum Umfallen zerstreuen. Doch welchen Wert haben die Sekundärtugenden? Er kann nicht hoch sein, denn sonst würden sie Primärtugenden heißen. Charaktereigenschaften wie

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