Lanzarote
erschienen in: Die Zeit 30/2002
102 „NUR DUMMKÖPFE HABEN ANGST VOR GENTECH“ erschienen in: Tages Anzeiger 1.12.1998
108 LIEBE IST, WENN ES ALLE 15 SEITEN GESCHIEHT erschienen in: Berliner Zeitung 23.02.2002
112 DIE ZUKUNFT GEHÖRT DEM SEXTOURISMUS erschienen in: Berliner Zeitung 30.08.2001
116 DAS ICH ALS BANKIER DER SEXUALITÄT erschienen in: Berliner Zeitung 27.11.1999
122 GEGEN BÄRENSCHÜTZER, HIPPIES, SATANISTEN erschienen in: Berliner Zeitung 16.10.1999
126 DANN LIEBER KLONEN erschienen in: Berliner Zeitung 11.09.1999
131 DIE DEPRESSIVE MUFFELEI DES PAVIANS erschienen in: Berliner Zeitung 20.02.1999
134 „ICH GENIEßE ES, MICH ZU LANGWEILEN“ erschienen in: Der Spiegel 16.10.2000 / Nr. 42
Man muss den Tod abschaffen
Ein ZEIT-Gespräch mit Michel Houellebecq Von Susanne Steines
Der französische Schriftsteller Michel Houellebecq (geboren 1958 in La Réunion) ist mit seinem Roman Elementarteilchen, der im vergangenen Jahr auf Deutsch erschien, schlagartig berühmt geworden. Es geht darin unter anderem um eine Abrechnung mit den Emanzipationsbewegungen der sech ziger Jahre, die zu einer öden Promiskuität und leeren Selbstverwirklichung geführt haben. Der Roman entwirft die gentechnische Utopie einer von der Fortpfanzung befreiten Sexualität. Unter der scheinbaren Sachlichkeit einer quasiwissenschaftlichen Prosa glüht ein romantischer Zorn gegen die Kälte der modernen Gesellschaft. Von Michel Houellebecq ist dieser Tage der Lyrik band Suche nach Glück erschienen, in dem in gereimten lakonischen Versen der Ennui, die Einsamkeit, der Tod, die Leere, das Verschwinden der Liebe und der Treue beklagt werden.
Welche Rolle spielt die Poesie heute?
In der Poesie geht es um Gefühle. Es gibt angenehme und unangenehme Gefühle, bizarre und fremde. Da die gesamte Gesellschaft größten Wert auf angenehme Gefühle legt, ist es gut, das Unangenehme zu betonen. Eines der Rechte der Literatur ist das Recht auf Unklarheit, darauf, eben nicht Spaß zu machen. Die Literatur ist eine Gegenkraft.
Der Suche nach Glück geht das Leiden voraus. Im ersten Gedicht deines neuen Buchs bricht das lyrische Ich vor der Käsetheke des Supermarkts zusammen.
Es ist immer gut, ein vollkommenes Scheitern an den Ausgangspunkt zu
setzen. Das Leben an sich ist ein Prozess des Scheiterns, es ist ein langsamer Verfall, der mit dem Tod endet. Man sollte rechtzeitig die Erfahrung des Scheiterns gemacht haben, um sich des Vorgangs bewusst zu werden. Man ist dann weniger überrascht, wenn das letzte und endgültige Scheitern eintritt.
Glaubst du, dass der Tod wichtig ist für die Entwicklung des Bewusstseins?
Nein, ganz und gar nicht. Das ist punktuell. Derzeit sterben wir, also bedeutet der Tod einen wichtigen Faktor in unserem Leben, der viele Konsequenzen mit sich bringt. Man muss sich dessen möglichst schnell bewusst werden. Aber die meisten Leute sind das auch. Wer hat nicht schon einen Toten gesehen?
Unsere Gesellschaft neigt zum Wegsehen von Tod und Alter.
In dieser Hinsicht ist der Kampf nicht sehr schwierig, denn der Tod ist sehr eindrücklich, wenn er in Erscheinung tritt. Man müsste schon zu härteren Mitteln schreiten, was allerdings in den demokratischen Gesellschaften nicht möglich ist. Man könnte die Alten verstecken.
Das Bildnis des Dorian Gray. Man spiegelt sich nicht gerne in alten Gesich tern.
Man hat keine Wahl. Man wird altern. Das hindert mich aber nicht, diesen Naturprozess zu missbilligen.
Durch die Gentechnik wird es vielleicht bald möglich sein, das Altern zu unterbinden.
Ja, vielleicht. Das wäre eine gute Sache, denn der Tod kann tatsächlich besiegt werden. Aber im Moment scheint die beste Lösung, dass man die Leute ab einem bestimmten Alter einfach tötet. Aber das ist Science-Fic tion. Im Moment muss man sich darauf beschränken, sie zu verstecken.
Wäre es wirklich gut für die Menschheit, den Tod zu besiegen? Macht dir die Ewigkeit keine Angst?
Ich mag die Vorstellung. Das ist doch nett, wenn man angenehme Dinge tut.
Du hast einmal gesagt, das Leiden sei ein gutes Mittel, um zu geistiger Klarheit zu gelangen.
Das Leiden ist hilfreich, um gute Gedichte zu machen, aber es ist nicht das Ziel des Dichters. Die Literatur an sich hat kein Ziel außer dem Ziel, Literatur zu sein. Doch wenn alle Menschen völlig glücklich wären, gäbe es auch keine Literatur mehr. Das Ziel der Menschen ist das Vergnügen. Wir können nicht vorhersagen, was sie produzieren würden,
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