Lanze und Rose
Ohren.
Inzwischen richteten sich alle Augen auf den Ort des Aufruhrs. Der Laird von Glenlyon ging dazwischen.
»Wenn Ihr meinen Männern etwas zu sagen habt, Glengarry, dann wäre ich Euch dankbar, wenn Ihr das über mich tun würdet.«
Glengarry spuckte auf den Boden und warf Campbell einen finsteren, verbitterten Blick zu.
»Eurem Vater, Campbell, haben wir es zu verdanken, dass uns heute etliche kräftige Arme fehlen.«
Glenlyon blieb unerschütterlich und zuckte angesichts der Beleidigung nicht mit der Wimper. Jedermann wusste nur zu gut, dass Alasdair der Schwarze auf das Massaker von Glencoe anspielte, das Robert Campbell befehligt hatte. Gleichmütigen Blickes betrachtete Glenlyon die Gruppe der Männer aus Glencoe, in der sich ein Gemurmel erhob, und sah dann wieder den dreisten Menschen an, der sich vor ihm aufgebaut hatte.
»Aber welche Arme fehlen Euch denn?«, fragte er mit aufgesetzter Ruhe. »Glencoe hat uns mehr als einhundert Männer geschickt.«
»Andernfalls wären sie heute gewiss zahlreicher.«
»Dafür fühle ich mich nicht verantwortlich, Glengarry.«
Einen Moment lang musterte Glenlyon seinen Gesprächspartner kalt und schaute dann erneut zu dem Clan, von dem die Rede war. Die Männer beobachteten ihn jetzt in angespanntem Schweigen. Er begegnete Duncans Blick und verharrte dort.
Campbell zuckte leicht zusammen und sprach dann mit lauterer Stimme weiter.
»An diesem Tag will ich mit den Macdonalds nur eines ausfechten, nämlich, welcher unserer beiden Clans sich im Kampf am besten auszeichnet. Was meint Ihr?«
Mit diesen Worten streckte er Glengarry den Arm entgegen. Bis auf das leise Klirren der Waffen und das Klagen der Dudelsäcke, die sie einhüllten wie ein schottischer Tartan und ihr Herz heftig pochen ließ, wurde es totenstill. Glengarry sah Glenlyon fest in die Augen. Dann, nach langem Zögern, fasste er seinen Arm.
»Wohlan, kämpfen wir als Brüder.«
Seine Erklärung wurde mit Freudenbekundungen quittiert. Glenlyon sah ein letztes Mal zu Duncan, der ihn nicht aus den Augen gelassen hatte, neigte leicht den Kopf und wandte sich dann auf dem Absatz um, um seinen Posten wieder einzunehmen.
»Oha!«, meinte Ranald. »Einen Moment lang habe ich geglaubt, die Sassanachs bräuchten keinen Finger zu rühren, um unser Blut fließen zu sehen.«
Duncan nickte nachdenklich und sah Glenlyons Feder nach, die zwischen den Spitzen der erhobenen Schwerter verschwand. Maclean von Duart richtete sich vor ihnen auf und reckte seinen Claymore zum Himmel.
»Meine Herren!«, schrie er, um die Aufmerksamkeit der Männer auf sich zu ziehen.
Schweigen breitete sich über das Meer der Krieger, das unter der Anspannung wogte.
»Männer!«
Der Chief wandte sich leicht zur Seite und richtete seine bläulich schimmernde Klinge auf die scharlachroten Kolonnen, die ihre Aufstellung auf dem Hügelkamm immer noch nicht abgeschlossen hatten.
»Dort befindet sich MacChailein Mor 24 an der Spitze der Armee von König George …«
Er wandte sich wieder zu den Highlander-Kriegern um und vollführte mit dem Schwert eine bedeutungsschwangere Geste, welche die buntgescheckte Menschenmenge umfasste. Duncan spürte, wie sein Puls sich beschleunigte. Die Stimme ließ sich noch lauter vernehmen.
»Hier stehen die Kinder unserer gälischen Vorväter, um für die Ehre von König James zu streiten! Möge Gott unser Highlander-Blut segnen, das heute für ihn fließen wird. Machen wir ihm mit unserem Kampfesmut Ehre!«
Liam legte jedem seiner Söhne eine Hand auf die Schulter und drückte sie leicht. Dann hob er sein Schwert und seinen Schild auf. Ranald, der wie immer ein Lächeln auf den Lippen trug, warf Duncan einen letzten Blick zu und setzte dann sein Barett auf.
»Gott segne den König!«
Angespanntes Schweigen quittierte auch den letzten Appell. Aller Augen wandten sich dem Earl of Mar zu, der auf seinem Pferd saß. Die Männer begannen den Hügel hinaufzusteigen, dem Feind entgegen. Der Earl of Mar gab die Geschwindigkeit vor. Der rechte Flügel des Duke of Argyle stand bereit und hatte seine Position bezogen, doch ein großer Teil des Zentrums sowie der linke Flügel waren noch dabei, ihre Stellung einzunehmen. Bald befanden sie sich in Schussweite des Feindes. Duncan spürte, wie sein Magen sich zusammenzog. Fest umklammerte er das Heft seines Schwerts. Mit der linken Hand schob er die Spitze seines langen Dolches unter den Ledergürtel, der sein Plaid hielt, um ihn durchzuschneiden.
»Beannachd
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