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Lanze und Rose

Lanze und Rose

Titel: Lanze und Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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aus. Mir war, als würde mir das Herz aus der Brust gerissen. Sag etwas! Sag ihm, dass du ihn liebst! Doch mein Blick fiel auf das Bett, auf unsere Laken, die nach dem Körper einer anderen Frau rochen, und etwas in mir zerbrach. Er baute sich vor mir auf. Seine Miene war ausdruckslos, doch sein Kiefer arbeitete. Erneut brandete Zorn in mir auf; ich kochte geradezu.
    »Du Bastard! Wie konntest du das tun? Warum?«
    Ich schlug bis zur Erschöpfung auf ihn ein, doch er regte sich nicht einmal. Durch meinen Tränenschleier wirkte sein Bild verschwommen
und verzerrt. Ich schluchzte haltlos. Dann spürte ich, wie seine Finger über meine feuchten Wangen glitten.
    »Ich liebe dich, Caitlin. Ganz gleich, was du von mir hältst, ich werde dich immer lieben. Aber ich kann es nicht ertragen, dass du mich hasst. Ich gehe, so wie du es willst, und lege mein Leben in Gottes Hand, in der Hoffnung, dass er sich meiner erbarmt… Wenn ich diese Hölle aber doch zufällig überlebe, dann werde ich nicht zurückkommen … außer, du bittest mich darum.«
    Der Schmerz erstickte mich beinahe. Ich konnte nicht mehr sprechen und stand wie gelähmt da. Seine Worte brannten wie Salz in einer offenen Wunde. Einen Moment lang schwieg er. Die tickende Uhr … Dieses verfluchte Ticken!
    »Soll ich Duncan etwas von dir ausrichten?«
    »Wie bitte? Duncan?«
    Seine unerwartete Frage verwirrte mich einen Moment lang.
    »Ähem… Sag ihm, dass ich ihn liebe, dass er mir fehlt und … dass er auf sich Acht geben soll.«
    Er verzog das Gesicht, sagte aber nichts.
    »Nimm ihm seine Weste mit«, setzte ich völlig zusammenhanglos hinzu. »Bald wird es richtig kalt, und …«
    »Gut.«
    Er sah mich noch einige Augenblicke lang an, berührte mich jedoch nicht. Ich schloss die Augen.
    »Beannachd Dhé ort bean, mo rùin. « Möge Gott dich beschützen, meine Geliebte.
    Er holte die Weste, ging zur Tür und schloss sie hinter sich. Eine bedrückende Stille blieb zurück. Er war fort! Er würde nicht zurückkommen. Aber du selbst hast ihm doch befohlen fortzugehen, Idiotin! Das wollte ich nicht… Aber er hat mich verraten, hat mich mit meiner besten Freundin betrogen! Wer bist du, dass du ein Urteil über ihn fällen darfst, Caitlin Macdonald? Hast du in der Vergangenheit keine Fehler begangen? Hast du ihn noch nie verraten?
    »Neiiin!«, schrie ich verzweifelt.
    Ich sank zu Boden, doch ich konnte mich meinem Gewissen nicht entziehen, das mir gnadenlos zusetzte. Wie konnte ich mir anmaßen, Liam zu verurteilen? Aber er hatte sie ausgesucht,
nicht mich! Margaret hatte er anvertraut, was seine Seele quälte, mein Gott! Er hatte Angst vor dir, Caitlin. Er hat gefürchtet, du könntest ihn zurückweisen . Aber damit hat er mich zurückgestoßen. Das konnte ich doch nicht wissen! Du hast dir zu lange Zeit damit gelassen, ihm zu helfen . Mir ging es auch schlecht, ich musste mit meinem eigenen Schmerz fertig werden …
    Ich stieß einen Zornesschrei aus. Unablässig drang das Ticken der Uhr an meine Ohren und mischte sich in das Chaos, das in meinem Kopf herrschte. Der Pulsschlag der Zeit drangsalierte mich, widersetzte sich mir. Am liebsten hätte ich ihn angehalten, um noch einmal bei null beginnen zu können, um die Zeit zwei Monate zurückzudrehen. Das Leben ist kein Roman, Caitlin. Man kann die Seiten der Zeit nicht in umgekehrter Richtung aufblättern und noch einmal am Anfang beginnen, wie in einem Buch.
    Immer nur dieses Ticken, gleichgültig gegenüber unserem Unglück und unserem Leiden.
    In dem überwältigenden Drang, auf irgendetwas loszugehen, um Erleichterung zu finden, erhob ich mich mühsam und ging zum Kamin. Ich betrachtete die Uhr, die sich mir widersetzte, und nahm sie in meine zitternden Hände, diesen wunderbaren Gegenstand, den ich so gern hatte. Die kleine goldene Scheibe schwang von rechts nach links und dann von links nach rechts, eine unaufhörliche, eigentlich eher einschläfernd wirkende Bewegung. Mit der Fingerspitze hielt ich das Pendel an. Das Ticken verstummte, und eine bedrückende Stille umgab mich. Niemand kann die Zeit anhalten, Caitlin.
    Ich ergriff das kostbare Objekt, holte aus und schleuderte es gegen die Tür, an der es mit einem schrecklichen Klirren von zerbrechendem Glas und berstenden Metallteilen zerschellte. Dann rannte ich ins Schlafzimmer, blieb vor dem Bett stehen und sah bedrückt darauf hinunter. Bilder begannen mir durch den Kopf zu huschen, und dumpfer Zorn ergriff mich. Liam und Margaret… Oh nein! Immer

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