Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lanze und Rose

Lanze und Rose

Titel: Lanze und Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
Vom Netzwerk:
noch hing der Geruch ihrer Körper im Zimmer und erstickte mich. Mein Herz zersprang fast vor Schmerz. Ich riss die Laken herunter und lief nach draußen. Vor dem Haus häufte ich sie aufeinander und zog mein Flintstein-Feuerzeug hervor. Sofort fingen die Leintücher Feuer. Diese Laken,
in denen so oft unsere Körper gebrannt hatten … Mit großer Befriedigung sah ich zu, wie sie in Flammen aufgingen; so, wie man einer Hexenverbrennung beiwohnt, entsetzt, aber zugleich froh, das Böse auszumerzen. Alles wurde vom Feuer verzehrt, ging in Rauch auf. Morgen würde nur noch ein Häuflein kalter Asche übrig sein.

Seit Anbeginn der Zeiten ist noch nie ein Mann
von einer Frau erwürgt worden,
weil er ihr gesagt hat, er liebe sie.
    Florian

16
Suchkommando
    In dem kleinen Zimmer war es heiß. Das Haus, in dem mehrere jakobitische Adlige logierten, lag im Perther Stadtteil North Port. Ein köstlicher Duft nach Suppe, der aus der Küche aufstieg, hing in der Luft. In einer Ecke des Raumes, der provisorisch zum Hauptquartier umfunktioniert worden war, hatte sich Marion in einen Sessel geflüchtet. Als der Earl of Breadalbane erfahren hatte, dass die junge Frau sich immer noch im Lager aufhielt, obwohl er ihr befohlen hatte, nach Glenlyon zurückzukehren, war er außer sich gewesen und hatte sie zu sich bestellt.
    Obwohl ihr die Beklommenheit die Kehle zuschnürte, fühlte Marion sich zugleich erleichtert, für kurze Zeit der unangenehmen Stimmung entronnen zu sein, die im Lager herrschte und die Moral der Truppe untergrub. Drei Wochen zuvor hatte der Earl of Mar beschlossen, sich nach Perth zurückzuziehen und auf den versprochenen Nachschub aus Frankreich zu warten. Der Rückzug war in allergrößter Verwirrung vor sich gegangen. Auf Mars Befehl hatte die Armee die Taktik der verbrannten Erde erfolgreich angewandt und nichts als Verwüstung hinter sich gelassen.
    Die Aufständischen hatten jeden Weiler und jede Stadt, durch die sie kamen, geplündert und angezündet. Der Anblick all dieser kleinen Hütten, von denen nur noch ein Haufen geschwärzter Steine und verkohlter Balken übrig war, hatte Marion bekümmert. Immer noch verfolgte sie die Erinnerung an die entsetzten Gesichter der Bauern, die zusehen mussten, wie ihre Wintervorräte und ihr Besitz in Flammen aufgingen, und die ängstlichen Blicke weinender Kinder, die sich an die Röcke ihrer Mütter klammerten. Ein notwendiges Übel, hatte Duncan ihr
erklärt. Kriegstaktik eben. Die Aufständischen mussten auf ihrem Weg jede Nahrungsquelle und jede mögliche Unterkunft zerstören, um die royalistischen Truppen auszuhungern, falls der Duke of Argyle jemals beschloss, sie zu verfolgen. So ist der Krieg nun einmal , hatte sie geseufzt.
    Für die junge Frau bedeutete der Krieg verstümmelte Männer, die unter ihren Verbänden und blutbefleckten Tartans an Körper und Seele litten. Sie hatte nach besten Kräften geholfen, hatte noch mehrere Wunden genäht, die Unglücklichen gewaschen und sie gefüttert. Einmal war sie am Lager eines armen Mannes sitzen geblieben, für den man nichts mehr tun konnte, und hatte geduldig seine Hand gehalten und zugehört, wie er den Namen seiner Frau oder vielleicht seines Schatzes gerufen hatte, bis der Tod ihn von seinen Leiden erlöste. Danach war sie noch tagelang tief erschüttert gewesen.
    Die Verluste beliefen sich auf mehr als hundert Mann, und die Zahl der Verletzten überstieg zweihundert. Die Überlebenden, die noch der ständigen Betreuung bedurften, hatte man auf den kalten, feuchten Boden des King-James-VI.-Hospitals gelegt. Es war an der Stelle erbaut, wo einmal ein altes Karthäuserkloster gestanden hatte, das 1559, zu Beginn der schrecklichen Unterdrückung der Katholiken, zerstört worden war. Heute befanden sich dort kaum mehr als zwanzig Verwundete, doch immer noch schwebte in den Räumen ein Geruch nach Exkrementen, Erbrochenem und Blut, der Marion die Kehle zuschnürte und den Magen umdrehte, sobald sie das Hospital für ihre tägliche Arbeit betrat. Sie hatte sich angewöhnt, nichts zu essen, bevor sie bei der Reinigung der Wunden und dem Wechsel der Verbände half.
    Duncan war nur eine Woche dort geblieben. Er erholte sich langsam von seinen Verletzungen. Es war zu keiner Entzündung gekommen, die Wunde hatte sich geschlossen, und sie hatte ihre Fäden gezogen. Nun konnte man nur noch warten, bis die Zeit den Rest tat und die scheußliche Narbe, die über sein ganzes Gesicht lief, milderte. Was die Verwundung in der

Weitere Kostenlose Bücher