Lanze und Rose
Marion und musterte das Hündchen. »Aber welche Rasse ist das?«
»Ein englischer Pointer. Er ist das wunderbare Ergebnis einer
Kreuzung zwischen spanischer Bracke, Foxhound und französischem Laufhund. Man hat mir versichert, sein Geruchssinn sei fabelhaft. Was allerdings seinen Gehorsam angeht…«
Er reckte die Schultern, musterte die jungen Leute und vollführte eine knappe Handbewegung.
»Wie ich sehe, interessiert Ihr Euch immer noch für Bücher, Mistress Campbell.«
Sie schlug die Augen nieder und sah auf den Band, den sie noch in den Händen hielt.
»Ähem… Ja.«
»Die Colloquia , sechste Ausgabe. Das Buch gehört zu meiner Sammlung von Elzevir-Ausgaben. Die Kirche hat es verboten, daher ist es selten.«
»Ach ja?«, sagte Marion. »Diese Werke sind sehr schön.«
»Und sehr kostbar«, bemerkte der Duke.
Sie legte das Buch wieder auf das Pult und trat dann zu Duncan.
»Die Sammlung ist über meinen Großvater auf mich gekommen. Bei seinem… zwangsweisen Aufenthalt in Holland hat er in Leiden Freundschaft mit einem der Söhne Elzevirs geschlossen. Die Elzevirs waren eine Familie von Druckern und Buchhändlern. Ihre Ausgaben sind sehr begehrt und werden häufig nachgeahmt. Dass ich diese Bücher heute noch bewundern kann, habe ich meinem Vater zu verdanken, der die Geistesgegenwart besaß, sie bei dem großen Raubzug in Atholl in Sicherheit zu bringen.«
Er musterte Duncan überheblich und versuchte nicht, seine Abneigung zu verbergen. Der junge Mann ließ die Inspektion gleichmütig über sich ergehen.
»Mein Vater hegte eine Leidenschaft für Bücher«, fuhr der Duke fort.
»Unter anderem«, bemerkte Duncan spitz und lächelte. »Wie ich gehört habe, hegte er auch eine große Leidenschaft für den Charme des weiblichen Geschlechts, die ihn bis zu seinem Ende begleitet haben soll.«
Argyle warf ihm aus halb geschlossenen Augen einen eisigen Blick zu. Es war allgemein bekannt, dass Archibald Campbell,
der neunte Earl of Argyle, die Frauen geliebt hatte. Die Liste der jungen Damen, die er umworben und in sein Bett geholt hatte, war ziemlich lang gewesen, zur großen Verzweiflung seiner Gattin. Auf dem Totenbett hatte er die Dreistigkeit besessen, zu verlangen, dass seine letzte Eroberung, eine gewisse Peggy Alison, auf einem seiner Landsitze leben solle. Seine Frau allerdings hatte seinen Wunsch nicht erfüllt und die »Hure« auf die Straße gesetzt, ehe der Körper ihres Mannes erkaltet war.
»Ich stelle bestürzt fest, dass die Männer aus MacIains Clan immer noch so dreist sind wie früher.«
Der Duke fuhr herum, so dass die Schöße seines reich bestickten und mit goldenen Tressen geschmückten Rocks nur so flogen. Da er seine Uniform trug, musste er direkt aus Stirling kommen. Energischen Schrittes trat er an eine Konsole, auf der Kristallkaraffen und Flaschen mit Branntwein und Wein aufgereiht standen.
»Meine teure Marion«, sagte er und hob die Stimme, »Ihr solltet Euren Umgang sorgfältiger wählen. Nehmt Ihr ein Glas Portwein, oder lieber Whisky?«
»Portwein, Sir.«
Mit leichter Hand drehte er drei Gläser um, dann nahm er die Portweinkaraffe, hielt sie über eine Kerze, um die Klarheit des Getränks zu prüfen, und füllte dann ein Glas. In die beiden anderen schenkte er Whisky ein.
»Ich nehme Euch Eure Arroganz nicht übel, Macdonald.«
Er reichte Duncan sein Glas und sah ihm in die Augen. Dann fiel sein Blick auf die lange Narbe, die ihn entstellte. Er verzog das Gesicht.
»Sheriffmuir?«
»Ja.«
»Wie war noch Euer Vorname?«
»Duncan.«
»Ach ja! Duncan Macdonald. Und Euer Vater?«
»Liam Macdonald. Er ist tacksman 35 in Carnoch und ein Cousin von John MacIain Macdonald.«
»Ich glaube, ich hatte schon mit ihm zu tun…«, murmelte Argyle und rückte die verblasste Tartan-Schärpe zurecht, die er quer über der Brust trug.
Duncan hielt dem forschenden Blick des Duke stand. Merkwürdigerweise hatte er sich den Mann älter vorgestellt. Aber er musste ungefähr Ende dreißig sein. Wie alle anderen Campbells, deren Porträts die Wände der Bibliothek schmückten, hatte er rotes Haar, das ihm bis auf die Schultern fiel. Argyle, der ebenfalls das Gefühl haben musste, einer eingehenden Inspektion unterzogen zu werden, räusperte sich.
»Ja, jetzt weiß ich es wieder. Damals ging es um die Freilassung seines Bruders, den es nach den fetten Rindern auf meinem Land gelüstete«, spottete er. »Ich hoffe doch, den beiden geht es gut?«
»Wir sind nicht hergekommen,
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