Laqua - Der Fluch der schwarzen Gondel
platzte er heraus. »Er muss es sein, Donno nannte ihn Il Doge nero und hier gibt es nur einen schwarzen Dogen. Und er lebte zu Violettas Zeit.«
Er deutete triumphierend nach oben. Kristina legte den Kopf in den Nacken und erschauerte. Luca meinte das verhüllte Porträt. Statt eines Dogengesichts prangte dort nur ein schwarzes Tuch. Wie die Maske des Dogen, schoss es ihr durch den Kopf.
»Das schwarze Laken?«, fragte Jan. »Violetta hat gegen Zorro gekämpft?«
Luca gab ihm einen ungeduldigen Klaps auf die Schulter. »Du siehst zu viel fern, Kleiner. Das da oben ist Marino Faliero, ein Doge, der Hochverrat begangen hat und die Macht über die Stadt an sich reißen wollte. Aber seine geplante Verschwörung flog auf. Er wurde verhaftet und zum Tode verurteilt. Nach seiner Hinrichtung hat man sein Andenken ausgelöscht, deshalb wurde sein Porträt mit einem schwarzen Tuch übermalt. Was er genau getan hat, wird man nie erfahren, alle Gerichtsakten wurden vernichtet. Aber es ist schon komisch, dass direkt nach seinem Tod die Pestwelle anfing. Eine Legende sagt, er hat geschworen, zurückzukehren und sich zu holen, was ihm gehört: die Macht über die Stadt.« Er hob vielsagend die Brauen. »Was, wenn er auch ein Magier war? Und wenn er nach seinem Tod tatsächlich zurückkehrte?«
Kristina hatte das unbehagliche Gefühl, als würden unsichtbare Augen sie aus dem Schwarz des Stoffes heraus betrachten. »Lass uns abhauen«, flüsterte sie.
Es wurde ein abenteuerlicher Nachmittag. Manche Wege waren nicht mehr zugänglich, weil die Durchgänge in Kellern unter Wasser lagen. »Ganz logisch: Früher waren die Keller noch nicht überschwemmt«, erklärte Luca. »Venedig ist im Laufe von Jahrhunderten ein Stück abgesunken.«
Andere Wege hatten früher vielleicht in die Häuser von Violettas Freunden oder Vertrauten gemündet, heute endeten sie dort, wo eine Dogaressa ganz sicher nicht hingegangen wäre: Ein Weg führte sie in einen Hinterhof genau zwischen zwei Mülltonnen. Einmal mussten sie auf Zehenspitzen aus einer Wohnung im zweiten Stock schleichen, nachdem sie bei einem alten Ehepaar gelandet waren, das auf dem Sofa bei laufendem Fernseher eingedöst war. Und auch die Flucht durch ein Fenster blieb ihnen nicht erspart, weil eine Frau zu Tode erschrocken »Einbrecher« kreischte, als die Kinder aus heiterem Himmel in ihrer Küche auftauchten.
»Ich glaube, die Wege, die sich nachts öffnen, sind mir deutlich lieber«, sagte Kristina nach der dritten Panne dieser Art.
»Die Tageswege haben wir auch schon durch«, erwiderte Luca. »Offenbar war Violetta lieber heimlich nachts unterwegs.« Und nach einem Blick auf die Schlangenkarte fügte er hinzu: »Treffen wir uns in der vierzehnten Stunde im Hotel? Das ist zwei Uhr morgens. Ich lasse das Handy einmal klingeln, sobald ich vor der Tür stehe.«
Sara stand gut gelaunt an der Rezeption und polierte das Schlüsselbrett. »Na, schönen Tag gehabt? Marco hat den ferro mitgenommen, um in irgendeinem Archiv herauszufinden, welchem Adeligen die Gondel gehört hat. Er ist davon überzeugt, dass man es anhand von alten Handwerkerlisten herausfinden kann.« Kristina verbiss sich den Namen Marino Faliero. »Er weiß wirklich ungeheuer viel über die Stadtgeschichte«, schwärmte Sara. »Und nett ist er auch, genau wie Luca.«
»Du nennst Lucas Vater schon Marco?«, fragte Jan. »Ihr seid ja dicke Freunde geworden.«
»Man kann nie genug Freunde haben, gerade in Venedig«, erwiderte Sara, und Kristina wusste, dass sie auch die Donnole damit meinte.
»Dann kannst du ja gleich mit dem Freund hier weitermachen.« Jan deutete auf die Tür. Ein Polizeiboot legte vor dem Hotel an und Fedele sprang mit federndem Schritt auf die Treppe. Schon beim Reinkommen zückte er einen weißen Briefumschlag.
»Buona sera!« Er schob Sara das Schreiben über die Theke und zwinkerte dabei Kristina verschwörerisch zu. »Du wolltest eine Rechnung haben, Sara, und hier ist sie.«
Sara zog ein offiziell wirkendes Papier mit dem Briefkopf des Polizeipräsidiums aus dem Umschlag. Es musste eine unglaublich hohe Summe sein, denn als sie die Zeilen überflog, klappte ihr Mund auf. »Das ist doch nicht dein Ernst, Fedele?«, rief sie verärgert aus.
Der Polizist zuckte in gespieltem Bedauern die Schultern. »Tut mir leid, Sara, das ist nun mal der Preis.« Seine Mundwinkel zuckten, als er sich an die Mütze tippte und pfeifend zu seinem Boot zurückging.
Sara schüttelte empört den Kopf und
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