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Lass den Teufel tanzen

Lass den Teufel tanzen

Titel: Lass den Teufel tanzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teresa De Sio
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du nicht mehr gebeichtet?«
    »Vater, segnet mich, denn ich habe gesündigt.«

    »Sag es mir, meine Tochter, ich höre.«
    »Vater, ich habe noch nie jemandem etwas Schlechtes getan, und doch scheint mir, dass ich beichten muss.«
    »Aber besuchst du denn die Messe?«
    »Na ja, wenn ich kann, komme ich. Die heilige Muttergottes weiß, wie viel Arbeit es am Sonntag gibt, wo Solimene zu Hause ist und die kleine Tochter noch nicht mal zur Schule geht. Wenn ich kann, komme ich aber in die Kirche.«
    »Hast du am Freitag Fleisch gegessen?«
    »Nein, Vater, aber an welchem Freitag denn und welches Fleisch? Na gut, vielleicht ab und zu … Ja, am Sonntag, da mache ich manchmal Makkaroni mit etwas Fleisch. Ihr wisst schon, die Familie, bei der ich lebe, Geld gibt es da nicht viel. Und ich bin von Beruf her, das wisst Ihr vielleicht, Hebamme, aber hier kommen fast gar keine Kinder mehr zur Welt. In letzter Zeit scheinen die Leute vergessen zu haben, wie man Kinder zeugt.«
    »Nein, vergessen haben sie es nicht«, erwidert ernüchtert Don Filino. »Die Jungen, die gehen weg, die gehen nach Lecce, nach Mailand, und wer soll schon hierbleiben, um Kinder in die Welt zu setzen? Aber sag, hast du gelogen oder falsches Zeugnis abgelegt?«
    »Wie soll das gehen, Vater? Mich fragt doch nie jemand. Wie sollte ich da Zeugnis ablegen oder lügen? Das, was ich sage, was ich denke, das ist doch für niemanden wichtig.«
    »Dem Herrn ist alles wichtig, und alle sind ihm wichtig, meine Tochter. Hast du vielleicht unkeusche Taten vollbracht? Unkeusches gedacht?«
    Donna Aurelia schweigt lange, gibt keine Antwort.
    »Hast du verstanden, was ich sagen will?«, versucht der
Priester in sie zu dringen. »Diese Dinge, diese schmutzigen Dinge, hast du die je gemacht?«
    Schweigen.
    »Schau, du sprichst jetzt nicht mit mir, sondern wendest dich an Gott«, versucht es Don Filino erneut.
    »Nein, Vater, darum geht es nicht. Ich wollte fragen, wenn jemand unglücklich und immer traurig ist, ist das eine Krankheit oder eine Sünde?«
    »Bist du etwa immer unglücklich und traurig?«
    »Nein, ich nicht, Vater«, erwidert Donna Aurelia. »Mir reicht es, wenn ich gesund bin und ein warmes Essen habe. Aus dem Alter bin ich heraus. Das, was ich mir einmal gewünscht habe, das hat mir der liebe Gott nicht gewähren können. Vater, ich … Das habe ich noch nie jemandem gesagt, weil ich mich schäme. Ich weiß nicht, ob ich mit Euch darüber reden kann…«
    »Gott kann man doch alles sagen«, antwortet der Priester mit einer einladenden Geste.
    »Vater, einen Mann habe ich gerngehabt, einen einzigen. Der hat mir schon vor vielen Jahren das Herz gebrochen, und jetzt behandelt er mich wie einen Putzlappen. Ich … mit ihm habe ich vor Jahren unkeusche Dinge getan. Aber während ich sie getan habe, kamen sie mir gar nicht unkeusch vor. Mir schien es nichts Schlechtes zu sein. Ich denke, da gibt es schlimmere Dinge, Vater. Dinge, die man nicht begreift, die so sind wie ein schwerer Stein, Dinge, die man mit sich herumschleppt und doch nicht versteht, weil man ihnen nicht ins Gesicht schauen kann, um sie zu bekämpfen. Manchmal wächst so etwas wie ein schwarzes Unkraut in deinem Haus, auf dem Boden, an den Wänden, und
du kannst es nicht ausreißen. Und das erstickt dich, und es wächst dir bis in den Mund hinein, und dann kannst du auch nicht mehr darüber reden, um es jemandem zu erzählen. Und was soll man machen? Du wendest den Blick ab und tust so, als wäre es nicht da … Und dann in der Nacht hast du schlimme Träume, mit Mord und Totschlag und viel Blut, und die gehen auch nicht weg, wenn du aufwachst.«
    Don Filino beginnt etwas unruhig zu werden: »Meine Tochter, ich möchte dir gerne zuhören, und ich will dir auch gerne meinen Segen geben, aber du musst mir helfen, musst mir helfen zu begreifen. Denn so kann ich es nicht verstehen. «
    »Aber ich spreche gar nicht von mir, sondern von diesem Mädchen, Archina, der Tochter von Solimene. Zwölf ist sie jetzt. Vielleicht habt Ihr sie mal im Dorf gesehen. In letzter Zeit hat sie immer einen hellblauen Kittel an und wirft mit Steinen nach den Hunden und auch nach den anderen Kindern. Vielleicht habt Ihr sie gesehen.«
    »Und wie ich sie gesehen habe! Erst letzte Woche kam sie vor die Kirche gelaufen und rief irgendwelche Schimpfwörter, die ich noch nie von jemandem gehört habe. Man merkte, dass es ihr nicht gut geht, dass sie nicht normal sein kann. Ich bin hinausgegangen und hab sie an der Schulter

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