Lass den Teufel tanzen
Vertrauen, deine Seele und deine Freundschaft schenkst, und dich dann, wenn du endlich überzeugt und bereit bist, seinen Ratschlüssen, den Ratschlüssen des Bösen, zu folgen, nicht etwa in seine Obhut nimmt und dir ein Glas Wein anbietet, sondern sich gegen dich wendet und dich ins Höllenfeuer wirft.
Außerdem hatte er niemals den Fehler begangen zu glauben, dass die Menschen von Mangiamuso anders seien als irgendwo sonst. Auch hier fand der Teufel seine Kundschaft. Und so dachte Don Filino, auch wenn das Böse mittlerweile vielleicht zu menschlich geworden war, um allein dem Teufel vorbehalten zu sein, so war es dennoch gelegentlich mit dem Schachern von Seelen beschäftigt. Wie viel mag wohl eine Christenseele wert sein?, fragte sich Don Filino. Bestimmt ist doch Satan in seiner Armseligkeit geldgierig. Zählen denn die Ländereien, die Olivenhaine, das Vieh, das jemand besitzt? Oder – so hatte man es ihm im Seminar beigebracht – interessiert sich der Satan nur für die guten Anlagen einer Seele, sodass eine Seele in den gierigen Triefaugen des Bösen umso mehr an Wert gewinnt, je gutmütiger und gottesfürchtiger sie ist … und nur in diesem Fall mit gesalzenem Preis bezahlt wird, während man ihrem Besitzer
all die Freuden, die Macht und alles andere gewährt, das dann dazu beiträgt, seine edle Seele zu entstellen und sie in das finstere Loch des Verderbens zu stürzen.
Manchmal jedoch ging diese Rechnung für Don Filino nicht auf. Warum sollte eine fromme Seele, die als solche gar nicht anders kann, als nach dem Guten und Tugendhaften zu streben, von einem auf den anderen Tag das unstillbare Bedürfnis verspüren, sich an das absolute Böse zu wenden und es um seine Dienste bitten? Ist diese edle Seele nicht schon in dem Moment, wo sie tatsächlich in Verhandlungen mit dem Bösen eintreten will, schlecht geworden? Und hätte sie dann nicht in den Augen des Bösen bereits an Wert verloren? Nein, etwas an diesen Überlegungen stimmte nicht. Und so kam Don Filino vorläufig zu dem Schluss, dass auch in diesem Fall, wie in allen anderen irdischen Angelegenheiten, Olivenhaine, Schafe und Geld durchaus eine Rolle spielen mussten. Dass es die Sache der Reichen war, ihre Seele an den Teufel zu verkaufen. Und dass auch deshalb der Spruch »Der Teufel scheißt immer auf den größten Haufen« seine Berechtigung hatte.
Don Filino interessierte sich jedoch nur wenig für die Seelen der Reichen, die ganz gewiss seines Mitgefühls nicht bedurften, sondern vielmehr für den weitaus größeren Teil seiner menschlichen Schäflein, die draußen auf den Feldern oder als Dienstleute schufteten und meistens schon vor dem Monatsende keine Lira mehr in der Tasche hatten. Schließlich waren in Mangiamuso die Berufe am weitesten verbreitet, die körperlich hart und abstumpfend für die Seele waren. Tagelöhner, Landarbeiter, Bauer, Fischer, Latrinenputzer, Steinmetz, Sattelmacher, Lastwagenfahrer, Verlader
auf dem Großmarkt in Lecce. Die Frauen wiederum arbeiteten meistens zu Hause oder draußen auf den Feldern, wo sie Getreide, Tabak, Melonen, Wein oder Oliven anbauten. Das Getreide, um Brot daraus zu backen, den Tabak, um sich ein kleines Zubrot zu verdienen.
In der letzten Zeit gab es eine Familie am Ort, die besonders Don Filinos Aufmerksamkeit auf sich gelenkt hatte: die eines gewissen Nunzio Solimene, der auf dem Gutshof der Familie Santo zu Diensten war. Vor fünf oder sechs Tagen hatte die Hebamme Aurelia, die bei Solimene im Haus wohnte – wobei niemand so genau wusste, in welcher Funktion eigentlich –, vor dem Gitter des Beichtstuhls gekniet. Natürlich wurde im Dorf gemunkelt, es handle sich um Nunzios Geliebte, während sie behauptete, einzig und allein aus Zuneigung zu Nunzios Töchtern Filomena und Archina hier zu sein, die sie eigenhändig zur Welt gebracht habe und jetzt, da sie mutterlose Waisen seien, aufziehe. An jenem Tag jedenfalls hatte Donna Aurelia den Dom von San Rocco betreten, auf dem Kopf ein geblümtes Tuch, das den größten Teil ihres Gesichts verbarg, als wollte sie nicht erkannt werden, und hatte sich schnurstracks vor dem Beichtstuhl hingekniet, wo Don Filino noch mit den seelischen Angelegenheiten eines anderen weiblichen Schäfleins beschäftigt war.
Kaum war dieses fertig, hatte sich Don Filino ihr zugewandt, öffnete das kleine Gittertürchen, das den Beichtenden vom Beichtvater trennte, und neigte ihr seine Stirn zu: »In Nomine Patris et Filii et Spiritus Sancti. Wie lange hast
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