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Lass den Teufel tanzen

Lass den Teufel tanzen

Titel: Lass den Teufel tanzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teresa De Sio
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gepackt, hab ihr gesagt, sie soll damit aufhören, soll still sein, und dass alle sie hören könnten und dass sie vor dem Haus Gottes stünde. Aber sie … nichts, sie hat angefangen, nach mir zu treten und um sich zu schlagen und wie eine Besessene zu schreien, und dann hat sie sich losgemacht und ist davongelaufen.«
    »Es lässt mir keine Ruhe, Vater! Ein so kluges Kind. Sicher
war sie immer ein bisschen zappelig, schon von klein auf. Die konnte niemand ruhig halten. Aber sie war klug und fleißig. Das war sie.«
    »Aber hast du denn versucht, mit ihr zu sprechen, sie zu fragen, was mit ihr los ist?«
    »Gewiss doch! Aber was soll man schon reden? Die gibt einfach keine Antwort! Mittlerweile kann ich nicht mal mehr in ihre Nähe, weil sie gleich abhaut. Läuft weg und will nicht angefasst werden. Was weiß ich, ein Kuss, eine Umarmung … Nichts!«
    »Vielleicht müsst ihr euch an einen Arzt wenden … Und was sagt der Vater?«
    »Der Vater sagt nichts. Der denkt viel zu viel an seine Arbeit, um sich um seine Töchter zu kümmern. Nein, Don Filino, ich … ich glaube, dass das Mädchen von der Tarantel gebissen wurde, genau das denke ich, und dass es die Musik braucht. Wenn nicht, kommt es da nicht mehr heraus. Ein Arzt nützt da nichts. Wenn Ihr mir Euren Segen gebt, dann lasse ich die Musikanten zu uns nach Hause kommen, weil die Kleine es dringend braucht, sie muss sich austoben, und dazu braucht man die richtige Musik. Damit sie tanzen kann. Und so schenkt uns der heilige Paulus vielleicht seine Gnade und bringt unserem Haus wieder Frieden. Gebt Ihr mir Euren Segen?«
    »Meine Tochter, von diesen Dingen möchte ich nichts hören, und der heilige Paulus hat anderes zu tun, als sich mit euren Tänzen zu befassen … «, entgegnet Don Filino unwirsch.
    »Und dann hat sie auch noch diese fixe Idee mit dem Mönchlein,« versucht sich Donna Aurelia zu erklären.

    »Nachts schläft sie nicht mehr, sie sagt, sie kann nicht atmen, und dass dieses Mönchlein auf sie draufspringt und ihr den Atem nimmt. Vater, aber was sagt Ihr, gibt es dieses Mönchlein denn wirklich? Und dann … dann haben sie und Filomena, die große Schwester, angefangen, die stramunella herzustellen, dieses Pulver, und das machen sie, indem sie irgendwelches Unkraut sammeln, das außerhalb des Dorfes am Straßenrand wächst. Und sie sagen, es ist eine Medizin, aber wenn man zu viel davon nimmt, dann wird es zu Gift, und Archina stellt es auf einem Teller mit ein bisschen Pasta auf die Fensterbank, dieses Gift, über Nacht, damit das Mönchlein es isst und sich vergiftet und sie nicht mehr stört. Aber man sieht ja, dass das Mönchlein es noch nicht gegessen hat …«
    »Hör zu, meine Tochter«, beendet Don Filino das Gespräch, »wenn du keinen Arzt rufen willst, dann sieh zu, dass du sie hierher in die Kirche bringst, damit ich mit ihr sprechen kann.«
    Zu diesem Zeitpunkt hatte Donna Aurelia im Halbschatten des Beichtstuhls die Augen zusammengekniffen, als wollte sie den Gesichtsausdruck des Priesters auf der anderen Seite des Gitters besser erkennen können. Jetzt sah sie ihn an und dachte, dass wohl auch das hier nur Zeitverschwendung gewesen war und dass die Leute, ganz gleich, ob sie nun Gottesdiener sind oder nicht, erst dann beginnen, das Leid anderer zu begreifen, wenn sie selbst von ähnlichem Kummer betroffen sind. Sonst jedoch nicht, und ein jeder ist überzeugt davon, dass es gar nicht schlimmer kommen kann, als es ihm selbst widerfahren ist, und dass die anderen sich mit ihren unnützen Problemen davonmachen
sollen, weil doch alle und wirklich alle besser dran sind und weniger Mühsal im Leben haben als man selbst. Und so fügte sie nichts weiter hinzu. Sie verknotete ihr Kopftuch fest unter dem Kinn und ging, ohne ihn auch nur zu grüßen, zum Ausgang. Erst kurz bevor sie sich in das grelle Licht und die Hitze hinauswagte, kniete sie in dem Gang zwischen den beiden Kirchenschiffen rasch nieder und bekreuzigte sich mit einem letzten Blick auf den Altar.

    Für Don Filino Rezza war Mangiamuso die zweite Station als Gemeinde. Die erste war Galatina gewesen. Doch in der Zeit, als er dort gewesen war, hatte er jenen Tanz der Frauen, ihren kleinen »Karneval«, wie man ihn nannte, der am 29. Juni, an Peter und Paul, stattfand, nie gern gesehen. Die Frauen behaupteten, von der Tarantel gebissen worden zu sein, und kamen zur Kapelle des heiligen Paul, die an der Piazza von Galatina gelegen war, um sich des Platzes zu bemächtigen und wie

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