Lass den Teufel tanzen
Knoblauch gedünstet werden. Wilder Oleander wächst auf dem Mäuerchen gegenüber, darunter liegt ein gewaltiger Haufen Eselsdung, um den sich bereits ein dichter Schwarm Fliegen und Schmeißfliegen versammelt hat, die ein summendes Fest feiern.
Die Haustür der Solimenes ist niedrig und schmal, drinnen ist es so dunkel, dass der Eindruck einer Höhle entsteht.
Die Tür steht offen, und davor haben sich einige Leute aus der Nachbarschaft versammelt. Sie stehen müßig da, die Hände auf den Hüften, und scheinen auf etwas oder jemanden zu warten. In diesem Moment taucht am Ende der Straße eine Vespa mit kaputtem Vergaser auf. Ein junger Mann steuert sie. Der Motor macht genau das gleiche Geräusch wie die Hornissen und die Wespen, nur viel lauter. Das Gemisch aus Öl und Benzin verursacht beim Verbrennen eine weißliche Abgasfahne, die sich schnurgerade hinter dem Fahrzeug herzieht. Einen Moment lang hält der Wind sie über der Straße fest, dann löst sie sich auf und wird Teil des Duftgemisches aus Oleander, Kloake, Eselsdung, Tomaten und Knoblauch. Als die Vespa vor dem einstöckigen Haus der Solimenes ankommt, bleibt sie stehen. Der junge Mann stellt einen Fuß auf den Boden, um nicht umzufallen, behält den Motor jedoch an und gibt zwischendurch Gas, damit er nicht ausgeht, aber er scheint auch die Umstehenden nerven zu wollen. Vor der Tür der Solimenes herrscht ein kleiner Menschenauflauf. Immer noch treffen Leute aus der Nachbarschaft ein, betreten das Haus, bleiben ein wenig und gehen dann wieder hinaus, um mit anderen Nachbarn zu plaudern. Der junge Mann reckt den Hals und fragt: »Was macht ihr denn alle hier draußen? Ist jemand gestorben? « Da sagt eine der Frauen, die gerade zwei Holzstühle ins Haus bringt: »Nein, gleich kommen die Musikanten, um für die Tochter der Solimenes zu spielen, die von der Tarantel gebissen wurde.« Der junge Mann schaltet den Motor aus und nähert sich, die Hände in den Hosentaschen und mit mürrischer Miene, dem Grüppchen, weil auch er zuschauen will und nichts Besseres zu tun hat. Indessen ist
am Ende der Straße Don Filino, der Dorfpfarrer, aufgetaucht, mit dem etwas zögerlichen Gang eines Menschen, der sich nicht sicher ist, ob er dort, wo er hingeht, überhaupt willkommen ist. Als er auf der Höhe des Hauses der Solimenes angekommen ist, bleibt er stehen und schaut eine Weile dem Kommen und Gehen der Menschen und den Vorbereitungen zu. Sein flatternder Talar bildet einen hübschen dunklen Farbfleck vor dem rosa Oleanderbusch. Irgendwann zeigt sich Donna Aurelia in der Tür, um nachzusehen, ob endlich die Musikanten kommen, und begegnet dem Blick des Priesters auf der anderen Straßenseite. Sie sehen sich an, ohne eine Miene zu verziehen, als würden sie sich gar nicht kennen. In den Augen des Priesters ist Aurelia wie ein Mensch auf einem Kahn, der langsam von der Strömung mitgerissen wird, die niemand aufhalten kann. Er ist nur ein Priester, und über diese Strömung kann er zwar nachdenken, aber folgen kann er ihr nicht. Donna Aurelia schaut den Priester an und sieht nur einen dunklen Fleck vor dem Oleander.
Der junge Mann schlendert zur offenen Haustür hinüber, wo zwei Nachbarn mit Donna Aurelia plaudern. Einer der beiden drückt ihr gerade ein schönes Bündel Geldscheine in die Hand, die er bei einer Kollekte gesammelt hat, und sagt zu ihr: »Das da sind dreißigtausend Lire, die haben wir bis jetzt zusammenbekommen. Schauen wir mal, ob sie reichen, schauen wir, wie lange sie spielen, und wenn nötig, sammeln wir eben weiter. Habt Ihr denn wenigstens etwas zu essen und zu trinken? Die Musikanten müsst Ihr nämlich gebührend begrüßen. Und wer weiß schon, wie viele Tage sie spielen müssen! Wisst Ihr es denn, Donna Aurelia?«
Donna Aurelia antwortet, ja, sie habe etwas zu essen für
die Musikanten, im Lebensmittelladen habe man ihr genügend gegeben, einschließlich Wein, und bis jetzt beliefen sich die Kosten auf zwölftausend Lire und es sei zu hoffen, dass die Behandlung nicht allzu viele Tage dauere, weil sie sonst wirklich nicht wisse, woher sie all das Geld nehmen solle. Eine andere Nachbarin verspricht, am nächsten Tag ein wenig Pferdefleisch vorbeizubringen, für den Fall, dass nicht alles mit einem Tag vorüber sei. In diesem Zusammenhang erkundigt sie sich, ob denn Archina, nachdem sie gebissen worden sei, die Tarantel getötet habe, denn dann wäre alles viel schlimmer und die Krankheit würde länger andauern. Donna Aurelia schüttelt
Weitere Kostenlose Bücher