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Lass den Teufel tanzen

Lass den Teufel tanzen

Titel: Lass den Teufel tanzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teresa De Sio
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den Kopf und zuckt die Achseln. Dies habe ihr das Kind nicht verraten.
    In dem Grüppchen auf der Straße steht auch die Tochter eines der Nachbarn, ein Mädchen um die zwanzig, das wie eine Studentin aus der Stadt wirkt. Der junge Mann mit der Vespa findet gleich, dass das ein hübsches Täubchen ist, und versucht sie anzusprechen. Als das Mädchen merkt, dass er nicht zu den Leuten aus dem Haus gehört, antwortet sie ihm mit einem leichten Kopfschütteln und sagt leise, wie im Vertrauen, das seien doch ungebildete Leute, und wenn sie einen Arzt gerufen hätten, dann wäre der gekommen, hätte dem Mädchen, das von der Tarantel gebissen worden war, eine Kampferspritze verpasst und man wisse ja, dass man von Kampfer ins Schwitzen gerät und all das Gift nach außen geht, wenn überhaupt Gift da war. Der junge Mann tut so, als würde ihn die Sache interessieren, und gibt ihr gleich recht. Doch er hat überhaupt nichts verstanden, auch deshalb, weil er sich beim Zuhören so sehr dem Ausschnitt der jungen Frau genähert hat, dass er sie riechen kann. Dieser
Duft ist ihm zu Kopf gestiegen, sodass er gar nichts anderes mehr wahrnimmt. In diesem Moment ist für den jungen Mann die Welt um ihn herum wie ein fernes Karussell.
    Schließlich treffen die Musikanten ein. Es kommen Vincenzino Epifani, der Barbier, der die Geige spielt, Don Luigi, der Makler, mit seiner Quetschkommode, sowie Uccio Blasi, der Carabiniere ist und ausgezeichnet Gitarre spielen kann. Sie tragen in der einen Hand ihr Instrument und in der anderen weiße Handtücher, die ihnen während des Auftritts nützlich sein werden. Die drei Männer sind schon jetzt schweißgebadet, weil es so heiß ist und sie schließlich zu Fuß gekommen sind. Alle Anwesenden treten beiseite, um die Musikanten durchzulassen. Donna Aurelia begleitet sie ohne Worte ins Haus. Kaum sind sie drinnen, folgen ihnen auch die anderen. Innerhalb von zwei Minuten ist die Straße menschenleer. Der junge Mann und die Studentin stehen noch einen Augenblick herum, weil sie nicht so recht wissen, was sie tun sollen, man kann nicht erkennen, ob sie eintreten wollen oder nicht. Sie bleiben vor der Tür stehen und schauen ins Innere des Hauses, das, auch aufgrund des grellen Tageslichts draußen, noch dunkler wirkt. Beide spüren auf dem Gesicht, dass es dort drinnen viel kühler und feuchter ist, es ist wie ein Schauder, ein Schwindel, als stünden sie am Rand eines Abgrunds. Dann beschließen sie zu gehen, denn diese feuchte und kühle Welt, von Menschen bewohnt, die ihnen unbegreiflich sind, geht sie nichts an und kümmert sie nicht im Geringsten. Sie drehen sich auf dem Absatz um, gehen auf die Vespa zu, steigen beide auf und knattern mit quietschenden Reifen davon.
    Schließlich steht auf der Straße nur noch Don Filino Rezza,
der ein wenig im Wind schwankt und sich Zeit lässt, statt gleich eine Entscheidung zu treffen. Er möchte sehen, wie die Dinge sich ergeben. Er hat das Haus verlassen, um sich selbst ein Bild zu machen und um wenigstens einmal jene verstörte junge Frau zu sehen, die tarantata, wie man sie im Dorf nennt. Ist sie vom Dämon besessen? Verhext? Wäre dieser Tag sein Glückstag gewesen, hätte er ja vielleicht dem Teufel ins Gesicht schauen können. Doch mittlerweile ist er sich nicht mehr so sicher, ob er ihn wirklich sehen will. Aus der dunklen Wohnhöhle der Familie Solimene weht Don Filino jetzt, zusammen mit dem Duft nach Gebratenem, auch Schwefelgeruch und der Gestank nach toten Schafen entgegen. Er senkt den Blick und entdeckt mit einem Gefühl gewaltigen Ekels, dass er mit einem Fuß in Eselsdung getreten ist. Plötzlich überkommt ihn Traurigkeit, als wäre die Sonne hinter tiefen, schwarzen Wolken verschwunden. Als er den Blick wieder hebt, glaubt er, das ganze Stückchen Land, auf dem das Haus der Solimenes steht, sich gänzlich vom Festland lösen und davontreiben zu sehen. Aus dem Inneren ist jetzt Musik zu hören, zuerst ganz schwach und leise, dann folgen fallende Terzen, die immer lauter und heftiger werden, während sich das Floß in Richtung Horizont entfernt und auf die Felder zuschwimmt, die schimmern und wabern, als wäre es das Meer.

    Direkt hinter dem Eingang der Solimenes liegt die Küche, die auch der zentrale Raum des Hauses ist, danach folgt ein kleines Zimmer mit einer Kommode und einem Feldbett, auf dem Nunzio schläft. Mit einem karierten Tuch ist seitlich ein kleiner Verschlag abgetrennt, in den sich Archina und Filomena für die Nacht

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