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Lass den Teufel tanzen

Lass den Teufel tanzen

Titel: Lass den Teufel tanzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teresa De Sio
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Wolfsgesicht. Das Gesicht von Severino.
    Du hattest mich hingebracht, Papa. Und was für eine Reise das war! Im Linienbus bis Neapel, dann bis in das Kloster San Giovanni. Das einzig Schöne in all den Jahren. Wir sahen das Meer von Taranto, schwarz, wie es zwischen zwei Ufern eingeklemmt war, und auch hier sah ich nichts
anderes als einen Wolf, der zwischen zwei Schafen schläft. Und dann die Berge, durch die wir fahren mussten, um uns das »andere« Meer anzuschauen, wie du es nanntest, »das Meer der Frauen aus meiner Familie«, und während du das sagtest, schautest du aus dem Fenster, und es hatte den Anschein, als würdest du gar nicht mit mir reden, sondern mit jemandem, der weit, weit weg war und den du ganz gewiss nicht sehen, aber den du dir vorstellen konntest. Und dabei dachte ich: Aber kann es das denn geben, ein »anderes« Meer? Das Meer, das ist doch so viel Wasser mit lauter Fischen drin, und nur ab und zu liegt eben ein bisschen Land dazwischen. Wie kann es da ein »anderes« Meer geben? Vielleicht war ja das Meer von Procida, wo ich zur Welt gekommen war, ein anderes Meer als das von Salento … Und vielleicht umspülte es ja ein Land, in dem die kleinen Mädchen glücklich sein durften, in dem sie lachen und umherlaufen und von ihrer Mutter in den Arm genommen werden konnten, einer Mutter, die nicht gestorben war. Und vielleicht hätten sich diese Mütter, kaum war ihr Kind zur Welt gebracht, sofort ins Meer gestürzt, mit dem Kind im Arm, in jenes magische Wasser des »anderen« Meeres, und wären deshalb nicht gestorben. Und du, Papa, warum hattest du es nicht zugelassen, dass auch ich und die Mama uns ins Wasser stürzten? An all diese Dinge dachte ich während unserer Reise, und ich konnte es kaum erwarten, endlich anzukommen und Severino in die Arme zu schließen, und vielleicht, wer weiß, würde ja ein Wunder geschehen, und du würdest ihm erlauben, wieder in unser Dorf zurückzukehren.
    Dann kamen wir in Neapel an, und bevor der Linienbus uns zum Internat brachte, macht er Halt an einem großen
Platz in der Nähe des Hafens. Da sah ich zum allerersten Mal die riesigen Schiffe, die nach Amerika fahren, und all die Kinder, die auf der Straße umherrannten. Und wie dunkel ihre Haut war, als wären es Kinder aus Afrika, wie ich sie in einem Schulbuch gesehen hatte, aber sie sprachen neapolitanischen Dialekt, die Sprache unserer Mutter. Und mein Herz klopfte so sehr in meiner Brust, ich wollte zu ihnen sagen: »Kann ich bei euch bleiben? Bringt mich nach Afrika, nach Amerika, bringt mich irgendwohin, weit weg von diesem Mann hier.« Aber nichts da, die Kinder sahen mich gar nicht, mit diesen salzverkrusteten Haaren, mit den aufgeschlagenen Knien und Augen so schwarz wie Oliven.

    Wir kamen im Internat an. Tante Addolorata war wunderschön und lachte immer, sie streichelte mich und duftete nach Minze. Siehst du? Auch sie ist gekommen, um dich zu grüßen, direkt vom Friedhof in Procida. Schau nur, sie ist immer noch schön, Addolorata. Vielleicht ist es dir ja am Anfang schwergefallen, wenn sie aus Neapel bis Procida kam, unter dem Vorwand, ihre Schwester zu besuchen, die du zur Frau genommen hattest. Wer weiß, was sie damals an dir fand.
    Du willst sie nicht anschauen, Papa? Hast du den Eindruck, du siehst immer noch die Male des Gürtels rund um ihren Hals? Wer weiß, wie oft sie dir gesagt hatte, sie würde es machen, wenn diese Geschichte nicht endlich vorbei wäre und du sie nicht in Ruhe ließest. Aber du hast nicht damit gerechnet, dass sie es am Ende wirklich tun würde, stimmt’s? Komm nur, Tante Addolorata. Komm näher. Siehst du, Nunzio ist nicht mehr der Nunzio von früher
… Jetzt kann er dir nichts mehr tun. Nicht wie an jenem Tag, während Severino und ich draußen im Garten waren … Und auch du, Tante, hast am Schluss begriffen, was für eine Art Mann er war … Weil er dich jetzt immer dazu zwingen musste … Auch an jenem Tag hat er dich geschlagen. Er hat dich an einem Arm ins Musikzimmer geschleift, das direkt auf den Garten hinausging. Und dann hat er dich aufs Klavier geworfen. Und hat dir Gewalt angetan, so wie all die anderen Male, nachdem meine Mutter gestorben war, all die Jahre … Und ich und Severino, wir haben es gehört, weißt du das, Tante? Nicht einmal die Kraft zum Schreien hattest du. Wir hörten nur, wie du mit matter Stimme sagtest: »Nein, nicht…« Und er, was machte er? Er schlug dir mit der Faust ins Gesicht und zwang dich … Ist es das, was er

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