Lass dich kuessen - lass dich lieben
lag, hielt sie das nicht für ratsam, und zudem war es nicht das, was er im Moment brauchte.
Er brauchte einen Freund. Und das konnte sie ihm sein.
Sie ging zu ihm hinaus und folgte seinem Blick zu den Bergen und der tief stehenden Sonne über den schneebedeckten Berggipfein. Lange Zeit standen sie schweigend nebeneinander. Es gab keine Worte des Trostes für das, was er erlitten hatte. Doch sie hoffte, dass ihre Nähe ihn stärken und trösten würde.
Nach einer Weile setzte er sich und lehnte sich mit dem Rücken an den Baum. Sie setzte sich neben ihn, aber nicht zu nah, und vermied es, ihm in die Augen zu schauen. Trotzdem spürte sie, dass er nicht mehr wütend war. Aber sie fühlte seinen Schmerz, als wäre es ihr eigener.
Langsam hob Michael einen Arm von seinem Schoß und streckte ihn in ihre Richtung.
Mit einem erleichterten Seufzer nahm sie seine Hand und drückte sie. Er erwiderte den Druck, bevor er sie zu sich zog. Obwohl es besser wäre, es nicht zu tun, rutschte sie näher. Er legte das Kinn auf ihren Kopf und küsste sie zärtlich aufs Haar.
„Es tut mir Leid, Nicole”, flüsterte er. „Ich benehme mich manchmal schrecklich.”
Sie saß ganz still und überlegte, ob sie diesem wundervollen Moment entfliehen konnte.
Sie durfte nicht zulassen, dass Michael sie noch einmal küsste, sonst musste sie ihm sofort sagen, dass sie weggehen würde. Doch jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt dafür. Er war noch so verletzlich.
„Du hattest Recht, Nicole. Die Wahrheit musste heraus.”
Sie wollte etwas erwidern, doch er legte ihr einen Finger auf die Lippen. „Ich wollte es dir ja erzählen. Vielleicht sogar gestern Abend, wenn alles anders gekommen wäre. Es ist nur so -
es ist zwar keine Entschuldigung -, aber du hast mich überrascht. Ich habe es nicht kommen sehen.” Zärtlich strich er ihr eine Locke hinters Ohr. „Ich habe schon seit einiger Zeit vermutet, dass meine Gefühle für Max und meine Mutter zwischen uns standen. Ich dachte, ich könnte allein damit fertig werden. Es tut mir Leid, Nicole. Verzeihst du mir?”
Sie brachte kein Wort heraus, also nickte sie nur und schenkte ihm ein schwaches Lächeln.
Er zog sie wieder in seine Arme, wiegte sie sanft hin und her und drückte damit mehr aus, als Worte es vermocht hätten. Oh, mein Liebling, dachte sie. Wenn doch nur alles anders wäre …
„Aber jetzt verrat mir, was du mir eigentlich vorhin erzählen wolltest.”
Zögernd blickte sie in sein erwartungsvolles Gesicht und entschied sich für das einfachere der beiden Themen. „Es geht um Molly”, begann sie. „Ich mache mir Sorgen um sie.”
Sein Gesicht wurde schlagartig ernst. „Ist sie krank?”
„Nein. Das heißt, ich glaube nicht.” Sie schaute weg, weil sie Schwierigkeiten hatte, sich zu konzentrieren.
Michael berührte ihr Kinn, damit sie ihn wieder ansah. „Es ist okay, Nicole. Sag schon, ich verspreche auch, nicht wieder wütend zu werden. Egal, was es ist.”
Sie schob den Gedanken an ihr Weggehen beiseite, holte tief Luft und erzählte ihm von Molly. „Ich kam zufällig an Mollys Zimmer vorbei und sah, dass auf dem Bett ein Koffer stand. Er war gepackt…”
Michael runzelte die Stirn, und sie machte eine Pause. Er schien über etwas nachzudenken.
Wusste er, warum Molly vielleicht abreisen wollte?
„Und dann ist da noch etwas”, fuhr sie vorsichtig fort. „Als ich sie heute Morgen traf, hatte sie rote, geschwollene Augen. Ich bin sicher, dass sie geweint hatte. Und so wie sie aussah, hatte sie auch kaum geschlafen.”
Michael senkte den Kopf. Er wusste etwas. Bestimmt.
Plötzlich sprang er auf und klopfte seine Hose ab, reichte ihr die Hand und half ihr hoch.
„Ich werde zu Molly hinüberfahren und schauen, ob ich das … ob ich das wieder in Ordnung bringen kann. Ich erzähl es dir später, okay?”
Sie bezähmte ihre Neugier, da sie sah, wie eilig er es hatte. „Okay. Fahr los.” Sie schubste ihn Richtung Transporter und hoffte, er bemerkte den Schmerz in ihren Augen nicht. Wieder einmal war es der falsche Zeitpunkt, aber bald würde sie ihm sagen müssen, dass zwischen ihnen nichts weiter sein konnte - dass sie bald wegfahren musste.
Über die Schulter rief er ihr zu: „Ich liebe es, wenn du mich so herumkommandierst.”
Sie zwang sich zu einem fröhlichen Ton. „Ja? Das ist auch gut so.”
Sie wartete, bis er weggefahren war, dann setzte sie sich ins Gras und weinte. Schließlich gab sie sich einen Ruck, stand auf und ging um das Haus
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