Laß dich verwoehnen - Prostitution in Deutschland
sondern daß sie auch privat mit ihm ins Bett gehen würde, dann wird sie auch gut verdienen.«
Qualität
Das Qualitätsargument, mit dem Nobelbordelle, Top-Escorts und Callgirlagenturen als Kaufanreiz arbeiten, setzt neben den erotischen auf zusätzliche Kompetenzen wie Bildung, Fremdsprachenkenntnisse, Reiseerfahrung, Sozialstatus, gewandtes Sozialverhalten und psychologisches Feingefühl. »Die Agentur legte Wert auf intelligente, empathiefähige Persönlichkeiten, die fähig waren, Konversation zu treiben, und sich rundherum als angenehme Gesellschafterinnen erwiesen«, so ein amerikanisches Callgirl. »Unsere Chefinnen sagten immer: Sex ist zwar der zentrale Part im Escort Business, aber ebenso wichtig ist es, dem Kunden Aufmerksamkeit entgegenzubringen, sein Selbstwertgefühl zu stärken, ihm dabei zu helfen, sich zu entspannen und loszulassen.«163 Je höher das Niveau, desto weniger geht es oft um eine klar definierte sexuelle Dienstleistung. »Was habe ich für ein Tageshonorar von $ 5800 zu bieten?« heißt es einigermaßen selbstironisch im FAQ-Link einer Anbieterin auf www.educated-scort.com. »Ich sitze im Hotel, lese Thoreau und esse frisches Obst.«
Hochpreisige Dienstleisterinnen profitieren davon, daß die Beziehung zum Kunden oder auch die Dienstleistung selbst über die körperlich-sexuelle Ebene hinausgeht. Tantra-Sex, spezialisierte Massagen, S/M-Dienstleistungen und andere anspruchsvolle Sexspielarten mit einem theoretischen Überbau in Form einer Philosophie, eines Lebensstils oder Wellness-Konzepts erfordern medizinisches, psychologisches oder philosophisches Wissen bzw. eine spezielle Ausbildung -
Qualifikationen, die ein höheres Preisniveau rechtfertigen als eine zügig abgewickelte Handentspannung oder ein Schnellverkehr.
Kleine Preise
Auch das klassische Discounter-Prinzip kann zum Erfolg führen, wie Mias Beispiel beweist. Von den kleinen Preisen in ihrem Laden profitieren nicht nur ihre Kunden, sondern auch ihre Mitarbeiterinnen.
»Ich habe vorher in einem Nobelbordell gearbeitet«, so eine ihrer Mitarbeiterinnen. »Dort habe ich viel weniger verdient als hier. Die Masse macht's.« Wenn in hochpreisigen Bordellen das Angebot die Nachfrage übersteigt und das Warten zur Hauptbeschäftigung ird, steigt häufig auch der Konkurrenzdruck um die wenigen Gäste, die sich dorthin verirren. »Hier vergeht die Zeit wesentlich schneller«, so Mia. »Durch die hohe Fluktuation ist man beschäftigt, und auf einmal ist Feierabend, und man hat auch noch gut verdient.«
Sosehr der mikroökonomische Erfolg der Schnäppchenpreise auch beeindrucken mag, seine makroökonomische Kehrseite soll nicht verschwiegen werden. »Nach Meinung von Insidern und von Sexarbeiterinnen haben die lateinamerikanischen Prostiuierten den Markt mit Dienstleistungspreisen von 30, 40 DM kaputtgemacht«, so die Sozialwissenschaftlerin Elvira Niesner. »Die Frauen sind höchstens drei Monate hier und bedienen in dieser Zeit so viele Kunden wie nur möglich. Eine unserer Beraterinnen war in einem Bordell, in dem nur Latinas arbeiten. Die Männer standen dort Schlange. Hinterher besuchte sie ein Bordell, in dem überwiegend Thailänderinnen arbeiten, die, durch Heirat legalisiert, das ganze Jahr hindurch arbeiten und andere Preise verlangen. Da war gleich viel weniger los.« Unterschiedliche Aufenthaltsregelungen und die starke Kundennachfrage nach Dumping-Preisen schüren aber nicht nur Konkurrenzneid und einen szeneinternen Rassismus, sondern auch das Profitstreben mancher Zwischenhändler und Betreiber.
Vielfalt
Während eine Reihe hochpreisiger Anbieter ihre Kernkompetenzen bewußt und mit Erfolg auf bestimmte Bereiche beschränken, reagieren andere auf die mediale Modellierung der menschlic hen Sexualität nach Lifestyle - und Trendgeboten mit einer Ausweitung des Angebots. Vielseitigkeit als Mittel der Kundenbindung spricht vor allem gebundene Männer mit Bedürfnissen nach erotischer Abwechslung an. »Mein Kapital sind die Stammkunden, die bei uns 75% der Klientel ausmachen«, so Mia. »Leute, die wiederkommen, weil sie mit dem Angebot zufrieden sind.
Die haben zu Hause oft eine Frau oder Freundin, die für viele Sachen keine Lust hat, müde ist oder Berührungsängste hat. Da kann man als Hure nicht nur eine Stellung machen und sagen: So, nun ist Schluß.«
Prominenz
Daß Huren und Bordellbetreiber bis dato eher selten an die Öffentlichkeit gingen, hat gute Gründe: Werbeverbot,
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