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Laß dich verwoehnen - Prostitution in Deutschland

Laß dich verwoehnen - Prostitution in Deutschland

Titel: Laß dich verwoehnen - Prostitution in Deutschland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara Domentat
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CDs viel Geld ausgegeben und manchmal auch für Taxifahrten.
    Ich lasse meine Haare gern lufttrocknen, und wenn die nicht ganz trocken sind, zerwehen sie beim Fahrradfahren oder ich erkälte mich vielleicht. Wenn man weiß, es kommen ein paar Hunderter rein, gehört das Taxifahren einfach dazu.
    Manchmal möchte man auch einfach schnell nach Hause, anstatt sich in die U-Bahn zu setzen. Ein anderer Punkt ist das Essen. Man sitzt zusammen und fragt sich: Bei wem bestellen wir heute, beim Italiener, beim Thai, beim Chinesen? Ich hatte so meine Norm: Mittags durfte es bis zehn Mark kosten und abends bis 13,50 DM. Manchmal, wenn wenig los war, hatte ich nur 2,50 DM und wußte, das reicht nicht mal für ein halbes Hähnchen, und eigentlich hatte ich Appetit auf einen großen Salat für zehn Mark. Aber mit etwas Glück hatte man vielleicht zwei Gäste hintereinander, und fühlte sich plötzlich richtig reich! Dann habe ich meine Wahl nach meinem Geschmack getroffen. Ich ging hoch auf 25 DM, bestellte Scampi und vielleicht noch eine leckere Vorsuppe. Ich freute mich über meinen Verdienst, beschloß, mich ein bißchen zu belohnen, und genoß ein Gefühl von Luxus. So viel habe ich aber nur während der Sexarbeit ausgegeben, danach gab's keine Scampi mehr, es sei denn, man lud mich dazu ein.
     
    Klischee Nr. 52:
    Man kann nicht beeinflussen, wieviel man als
    Prostituierte oder Bordellbetreiberin verdient.
     
    Daß die Konjunktur-und die Gesetzeslage, kulturelle Gepflogenheiten und die Nachfrage die kommerzielle Befindlichkeit eines Unter-ehmens oder einer Freiberuflerin mitbestimmen, ist eine banale Erkenntnis. Die Erfahrungen vieler Sexarbeiterinnen und Betreiber zeigen aber, daß bei konstanten strukturellen Ausgangsbedingungen unterschiedliche Umsatzentwicklungen möglich sind. Der Geschäftserfolg, so die Bilanz vieler Betreiber, hängt nicht nur von tendenziell unveränderlichen Rahmenbedingungen ab, sondern von Faktoren, die sich beeinflussen lassen: der eigenen bzw. der Motivation und erotischen Kompetenz der Mitarbeiterinnen, durchdachten Betriebskonzepten, Marktnischen, Preispolitik, der Breite der Angebotspalette und dem Bekanntheitsgrad des Unternehmens.
     
    Kernkompetenz Sexualität
     
    Woran liegt es, daß einige Sexarbeiterinnen mehr verdienen als andere? »Wenn sich eine Frau nach einem gutbesuchten Abend beklagt, sie habe nur wenig verdient«, so Evelin, »dann sage ich: ›An mir kann es nicht liegen. Ich habe genug Männer hergeschafft, der Laden war voll. Überleg doch mal: Was machst du da oben mit dem Mann? Wie verhältst du dich im Zimmer? Wie verhältst du dich im Bett?‹ Und dann stellt sich eben manchmal heraus, daß sie sich einfach nur hingelegt hat, nach dem Motto: ›Nun mach mal.‹ Letzten Endes wollen die Männer zwar ›nur‹ Sex, aber sie möchten dazu verführt werden.« Daß es bei sexuellen Dienstleistungen seltener um eine banale Triebabfuhr als um gelungenen, erfüllten, »guten« Sex geht, darüber sind sich Anbieter und Prostitutionskunden einig. Aber aus welchen Bestandteilen setzt sich eine Erfahrung zusammen, die den Kunden zufriedenstellt, ihn vielleicht zum Stammkunden macht und der Anbieterin ein Gefühl von Kompetenz vermittelt? Läßt sich
    »guter Sex« sinnvoll verallgemeinern, adäquat analysieren, vermitteln und erlernen? Erfahrene Huren behaupten das zumindest, und nicht umsonst haben manche ihre Erfahrungsvorsprünge in Zweitkarrieren als Autorinnen von Sexratgebern umgemünzt.161
    Für viele erschließt sich die Kernkompetenz Sexualität weniger über ein breites Spektrum sexueller Techniken als über die Qualität der Ausführung ausgewählter Sexualpraktiken. Domina-Studios grenzen sich mitunter von Bordellen mit breiter Dienstleistungspalette ab, und Top-Escort-Agenturen in den USA bieten oft grundsätzlich weder Analverkehr noch Natursekt oder S/M, sondern setzen auf erotische Kompetenz innerhalb der Norm.162 Für den ehemaligen Bordell-etreiber Philipp weisen neben erotischen auch psychologische Kompetenzen den Weg zum Erfolg: »Wenn man sich selbst und seine Mitmenschen gut versteht, dann wird man auch Erfolg haben. Das gilt für den Bordellbetreiber wie für die Prostituierte. Wenn eine Frau gut versteht, wie Männer Sexualität erleben, dann ist es auch zweitrangig, wie sie aussieht. Das habe ich tausendfach erlebt. Wenn sie es außerdem schafft, den Mann davon zu überzeugen, daß sie tatsächlich auf ihn abfährt, daß sie nicht nur ihren Job macht,

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