Laß dich verwoehnen - Prostitution in Deutschland
Sit-tenwidrieit, Doppelmoral und eine Medienlandschaft, die mit Sexthemen gern Auflagen und Quoten steigert, aber ihre Informanten nicht unbedingt respektiert. Wer trotz dieser Risiken ins Scheinwerferlicht trat und das Medieninteresse für sich zu nutzen verstand, konnte schnell zur Kultfigur avancieren. Nicht nur das Cafe Pssst! profitierte von der Medienaufmerksamkeit um seine drohende Schließung. »Die Popularität hat mein Leben enorm verändert«, so Mia. »Sie hat sich beruflich positiv ausgewirkt, auch wenn ich selbst für diese Art von Geschäft kaum noch Zeit habe. Früher bin ic h immer ins Zimmer gegangen, wenn ein neuer Gast kam. Heute tue ich das nur, wenn die Leute direkt nach mir fragen.« Während der Kultstatus Mia eine Expansion ins Pornogeschäft ermöglichte, profitierte die deutsch-tämmige Kalifornierin Heidi Fleiss nach ihrer Haftentlassung von ihrem Ruf als skandalumwitterte Callgirl-Madam in Los Angeles.
Heute steht ihr Name nicht mehr für käuflichen Sex, sondern für die selbstentworfene Freizeitkleidung, von der sie inzwischen lebt.
Ebenfalls in Los Angeles ertappten Polizisten 1995 den britischen Schauspieler Hugh Grant mit der Prostituierten Divine Brown beim Oralsex im Auto. Wie die Nachrichtenagentur AP im August 2001
meldete, brachte Hugh Grant der Prostituierten Divine Brown ein Vermögen ein. Mit Honoraren für Interviews oder Auftritte verdiente die 30jähnge nach eigenen Angaben über eine Million Dollar.
»Manchmal hatte ich an einem Tag Schecks im Wert von über 250000
Dollar (rund 536000 Mark) in der Post«, erzählte sie dem Stern. 164
Nach der Affäre arbeitete sie weiter als Prostituierte und verdiente nach eigenen Angaben bis zu 20000 Dollar für ein Sexwochenende mit namhaften Sportlern.
Marktnischen
Die Eroberung von Marktnischen über spezialisierte Angebote oder Zielgruppen waren ein Erfolgsrezept der expandierenden Sexindustrie in den neunziger Jahren. Der Pluralismus der Anbieter bildete einen subversiven und durchaus profitablen Gegenpol zur Lifestyle -Diktatur der Medien mit ihren Werden-Sie-bloß-mcht-alt-oder-dick-Botschaften. Wer als Mann ältere oder füllige Frauen bevorzugte, fand in Sexshops und Bordellen mehr Verständnis als in den Medien oder einem angepaßten sozialen Umfeld. Anders als in den Niederlanden oder Dänemark werden auch die sexuellen Bedürfnisse geistig und körperlich Behinderter in Deutschland nach wie vor gesellschaftlich ta-buisiert und vom pflegerischen Umfeld oft ignoriert. Hier fand die Holländerin Nina de Vries ihre Marktlücke, als sie diese Zielgruppe für erotische Massagen erschloß. Im Sommer 2001 übernahm ein Berliner Bezirksamt erstmals Anteile in Höhe des Kostensatzes für psychotherapeutische Behandlungen und erkannte damit den sexualtherapeutischen Nutzen ihrer Arbeit offiziell an.165 In einer Leistungsgesellschaft, in der Sexarbeiterinnen immer häufiger zu Ersatzpartnerinnen und Bordelle zu sexuellen Gemischtwarenläden werden, kann selbst der verpönte Blümchensex als Betriebskonzept ein spezialisiertes Angebot für eine McSex-Klientel darstellen.
Blümchensex als Gschäftsidee: Evelin
Ich persönlich kuschele gern und liebe den stinknormalen und, wie ich finde, zu Unrecht so verpönten Blümchensex.
Mit meinem Laden habe ich praktisch intuitiv eine Art
»Marktlücke« ntdeckt. Unsere Kunden sind vornehmlich Männer, die gerade Singles sind. Vielleicht haben sie eine Beziehung hinter sich gebracht und wollen einer Frau nicht große Geschichten von Liebe erzählen. Oder sie haben einfach keine Lust, lange vorzuarbeiten, wenn sie eigentlich nur Sex wollen. Bei uns gibt es einen Einheitspreis für Französisch gegenseitig und Verkehr in verschiedenen Stellungen. Die Frauen werden auch nicht versuchen, auf dem Zimmer mehr rauszuschlagen. Das würde die ganze Erotik zerstören, die bei uns groß geschrieben wird. Nicht umsonst versuche ich, eine angenehme Stimmung zu schaffen. Die Zimmer sind sauber, hell und freundlich eingerichtet, man kann die Musik regeln, wie man mag. Auf rote Herzen oder Plüsch habe ich bewußt verzichtet, denn die Zimmer sollen ja nicht auf kitschige Art romantisch sein, sondern eher eine Art entspannte Urlaubsatmosphäre widerspiegeln. Ich sage immer: Ich verkaufe einen gelungenen Abend. Wenn sich jemand einen schönen Abend gestaltet, gehört dazu vielleicht schön essen gehen, Weinchen trinken und als Krönung gelungener Sex.
Weil der Laden so angenehm war,
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