Laß dich verwoehnen - Prostitution in Deutschland
Prevention in Prostitution*
(Europap) ist ständig in Kontakt mit Sexmigrantinnen«, so deren Sprecherin Hilary Kinneil über die Situation in Großbritannien. »1999
äußerten sich 17 britische Projekte zu dieser Thematik. Nur die Londoner Projekte berichten, daß über 10% ihrer Kontakte mit Ausländerinnen sind, und nur zwei berichteten Beispiele von Zangsprostitution, von der eine Handvoll Sexarbeiterinnen betroffen sind.«215 »In der überwiegenden Zahl von Fällen von Frauenhandel steht am Beginn eine Entscheidung der Frau zur Migration«, zu diesem Ergebnis kommt hierzulande der Bundesweite Koordinierungskreis gegen Frauenhandel und Gewalt an Frauen im Migrationsprozeß.216
Wen soll es da wundern, daß sich viele Illegale in den Medienklischees über ausländische Sexsklavinnen nicht recht wiederfinden können. Nicht selten beurteilen sie ihre Situation weniger dramatisch als einige NGOs, die sich gern in ihrem Namen für repressive Maßnahmen stark machen. »Viele Illegale sehen es so: Sie haben ein Geschäft gemacht«, so die ehemalige Sprecherin eines bekannten Prostituiertenprojekts. »Die haben sich irgendwo eingekauft, wie in einen Betrieb, haben etwas investiert, und das müssen sie nun abarbeiten.« Doch andere Fachberatungsstellen können diese - für osteuropäische Verhältnisse nur realitätsnahe -
Einstellung nicht akzeptieren und beharren auf einer Problematisierung des sexuellen Tauschgeschäfts. »Die Frauen denken nicht so sehr daran, was mit ihnen passiert ist, sondern wie sie zu Hause aufgenommen werden, welche Chancen sie in ihrer Heimat haben«, so die Sprecherin eines Projekts. »Wir versuchen das umzulenken, damit sie sich Gedanken machen, was eigentlich mit ihnen passiert ist. Wie komme ich damit klar, mit dem weiterzuleben.
Das kann man nicht löschen. Das bleibt, bis es verarbeitet ist, bis man es akzeptieren kann, und das ist eine unheimlich schwierige Arbeit.
Deshalb bieten wir Psychogespräche in Traumarichtung an.« Fragt sich nur, was die Klientinnen dieser Beratungsstelle im Endeffekt stärker traumatisiert: die Sexarbeit oder die Psychogespräche.
Anstatt mit ihrer Kritik an den Arbeitsbedingungen anzusetzen, die den Frauen das Leben schwermachen, beißen sich die Moralisten auch am Schlagwort Frauenhandel fest und verheddern sich prompt in Definitionsprobleme. Was ist das eigentlich, Frauenhandel? Und was macht einen Frauenhändler zum ultimativen Schurken? Die Antwort, zumindest wie sie unser Strafrecht definiert, lautet: Zwangsprostitution. Frauenhandel und Zwangsprostitution sind, juristisch betrachtet, siamesische Zwillinge. Schon die frühesten Definitionen von Frauenhandel dienten der sexuellen Doppelmoral, indem sie zwischen Berufsprostituierten und »unbescholtenen« Frauen unterschieden, die durch Verschleppung oder Täuschung zur Prostitution gezwungen bzw. überlistet wurden. Bis heute ist unser Verständnis der Thematik von dieser moralischen Rhetorik durchzogen. Auch das Strafrecht definiert »Menschenhandel« nach wie vor als ein Verbrechen, dem die erzwungene Zuführung zur Prostitution in einem fremden Land folgt. Doch seit immer mehr Frauen bewußt in die Prostitution emigrieren, macht diese Definition immer weniger Sinn. Schon lange fordern deshalb Experten, sie aus ihrem scheinbar untrennbaren Zusammenhang mit der Zwangsprostitution juristisch herauszulösen. Unser auf Zwangsprostitution fixiertes Strafrecht unterschätzt einerseits die wahren Ausmaße des faktischen Menschenhandels, da es die Heirats-und Arbeitsmigrantinnen aus seiner Definition ausklammert.
Gleichzeitig überschätzt es das Ausmaß an faktisch erzwungener Prostitution.
All das wirkt sich auf unsere Wahrnehmung der Sexarbeit negativ aus. Jedes Jahr, wenn das Bundeskriminalamt seinen neuen Lagebericht zum Menschenhandel veröffentlicht, sind die Zeitungen voller Schreckensmeldungen über osteuropäische Frauenhandelsopfer.
Durch die strafrechtliche Koppelung von Frauenhandel und Zwangsprostitution sowie die polarisierenden Täter-Opfer-Bilder der Medien und NGOs entsteht in der Öffentlichkeit der Eindruck, daß der überwiegende Teil der nach Deutschland geschleusten Osteuropäerinnen gegen ihren Willen im hiesigen Sexbusiness strandet. Aber auch die Aussagen der »Opfer« entsprechen nicht immer der Wahrheit. Da das Rechtsverständnis vieler Staaten darauf beruht, ausgebeutete und mißhandelte Prostituierte nur dann zu schützen, wenn sie gegen ihren Willen in der Sexarbeit
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